Fred hatte sie angeschleppt. Eine junge Studentin, naturschön, linksliberal, angehende Sozialpädagogin, wild. Fred erzählte, dass er sie auf einer Demo kennengelernt hatte. Sie hatten gemeinsam an der Startbahn West gekämpft, zuerst friedlich, dann zunehmend aggressiv.
Berta kam also zu uns in die WG und erwies sich als ziemlich robust und trinkfest. Sie hatte eine sehr direkte Art, sprach alle Dinge unumwunden an und kannte keine Hemmungen. Jungs, auf die sie Lust hatte zog sie ohne Umwege in das nächste erreichbare Schlafzimmer, wer ihrer Meinung widersprach konnte aber auch mal einen derben Schlag oder Tritt abbekommen.
Überhaupt: Ihre Erzfeinde waren die Bullenschweine. Von denen wurde sie regelmäßig gejagt, einfach weil sie zur Demo gekommen war. Fragte man nach, war sie dann doch nicht so ganz unschuldig an der ruppigen Behandlung durch die Polizisten. Trotzdem fühlte sie sich von denen permanent gegängelt und weitgehend grundlos mit dem Schlagstock verprügelt.
Ihre Eltern hatten sie zuerst ja auch so erzogen, Kind, lass dir nichts gefallen, als Mädchen schon gar nicht. Aber im Laufe der Pubertät hatte sich dieser Ansatz dann verselbständigt, Berta war aufmüpfig mit Hang zur Brutalität geworden. Wo sie auftauchte ging jede Harmonie in polare Haltungen über, sorgte ihre bei Bedarf mit Handgreiflichkeit vertretene Meinung für geladene Stimmung.
Allerdings konnte sich Berta auch für Dinge begeistern und dann ihre ganze Energie helfend und konstruktiv einbringen. Der Schutz der Bäume, die Unterstützung der betroffenen Anwohner und die Ablehnung der durchgeboxten Entscheidung zum Bau der Startbahn nahmen sie voll in Anspruch. Sie kämpfte verbissen mit aller Kraft gegen alle, die ihr entgegentraten.
Den Befehl „Lass mich mal durch“, schrie sie dem Polizist ins Gesicht, der sie am Betreten der Baustelle hindern wollte und ging damit in die Geschichte der Demonstranten ein. Der Beamte war perplex, dass diese junge Frau völlig unerwartet dermaßen laut werden konnte, ihm den Helm vom Kopf schlug und ihn mit geschicktem Tritt sogar zu Boden segeln ließ.
Die Prügel seiner Kollegen, die Verhaftung und die Gerichtsverhandlung nahm sie ungewohnt gelassen. Der Richter war sprachlos, als sie ihm vorschlug, anstelle der Strafe Sex mit dem geschädigten Polizisten haben zu wollen. Ihr sei es wichtig auszudrücken, dass sie nichts gegen den Mann habe, sondern nur gegen das irre System, dem er sich verschrieben habe. Es blieb dann letztlich doch beim verhängten Urteil, aber einen reißerischen Artikel in der Lokalzeitung gab es schon.