Vor genau einem Jahr habe ich bei der WeiberWirtschaft eG als Mitarbeiterin für Kommunikation angefangen. Ich habe gezögert, das richtig öffentlich zu machen, und das hat einen Grund.
Nach vielen verschiedenen Arbeitserfahrungen ist mir klar geworden, dass es keineswegs selbstverständlich ist, einen Arbeitsplatz zu haben, an dem man sich respektiert und geschätzt fühlt; an dem das Privatleben nicht herabgewürdigt wird, wenn man (wieder einmal) zur Ärztin muss, krank wird oder einfach eine schmerzhafte Periode hat und nicht ins Büro kommen kann; an dem ein angemessenes Gehalt als objektive Notwendigkeit angesehen wird; an dem es kein toxisches Arbeitsumfeld gibt usw. Die Liste ist lang, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass man seinen Job lieben und keine Panikattacken bekommen sollte, wenn der Montag kommt.
Wir verbringen die meiste Zeit unseres Lebens bei der Arbeit. Sich bei der Arbeit wohlzufühlen, sollte kein Luxus sein, sondern ein Muss. Und die Tatsache, dass es genau andersherum ist, hat mich sehr traurig gemacht. Deshalb ist das Thema Arbeit und Arbeitsverhältnisse für mich immer wichtiger geworden.
Im Zeitalter der medialen Omnipräsenz wirbt jedes Unternehmen mit populären Werten. Tatsache ist, dass sie nur von wenigen tatsächlich gelebt werden. Von meinen Freund*innen höre ich regelmäßig klassische Geschichten über Mobbing, Sexismus, Respektlosigkeit, toxische Teams usw. Als ich bei der WeiberWirtschaft anfing, war ich also vorsichtig und ließ mich nicht in Euphorie versinken, obwohl ich einen guten Grund hatte: Ich hatte endlich einen Job in einem feministischen Unternehmen!
Jetzt, nach einem Jahr, kann ich ohne zu zögern laut sagen, dass ich zu den glücklichen Menschen gehöre, die in Harmonie mit ihrer Arbeit leben. Die WeiberWirtschaft wird den Werten, die sie vertritt, voll gerecht. Wir unterstützen und motivieren viele Frauen. Das ist aber nur möglich, weil in erster Linie wir, die Mitarbeiterinnen, uns gegenseitig unterstützen und von der Geschäftsleitung unterstützt werden, um unsere Arbeit angemessen und so gut wie möglich zu machen. Zufriedene Mitarbeiter*innen sind gute Mitarbeiter*innen. Warum ist das so schwer zu verstehen?
Es überrascht mich nicht, dass ich in einem feministischen Unternehmen Zufriedenheit mit meiner Arbeit gefunden habe, denn Unzufriedenheit ist oft ein feministisches Problem: Gender Pay Gap, Unvereinbarkeit von Beruf und Familie, Sexismus, „gläserne Decke“ sind die meisten Probleme, die vor allem Frauen betreffen. Ich fühle mich ein wenig verwöhnt, weil mir die Schwierigkeiten, mit denen die meisten Frauen tagtäglich zu kämpfen haben, heute fremd sind. Deshalb versuche ich, meine Arbeit so gut zu machen, damit mehr Frauen der modernen Arbeitswelt den Mittelfinger zeigen können und selbständig werden. Be Boss, Baby!
Das Bild ist vom 35. Jubiläum der Weiberwirtschaft.
#FeministischesUnternehmen #Arbeit #Arbeitsverhältnisse