Die Süddeutsche Zeitung schreibt in ihrem vielzitierten Artikel "Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt" vom 19. August, dass die "Planung der Zugfahrten [...] zunehmend zum Lotteriespiel" gerate und zitiert darin ein Aufsichtratsmitglied der Detuschen Bahn, dass Fahrpläne "nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt“ würden.
Ich denke, das ist gar nicht so weit hergeholt. Gestern bin ich mit meiner Kollegin Zugführerin Sarah Fuchs und Teamleiter Marc Förste von Berlin nach Hamburg gefahren – der erste werktägliche Zug seit Beginn der Streckensperrung zwischen Hamburg und Berlin.
Unser Fahrplan, wie er auf dem Papier steht, ist schon mal ein ziemlicher Witz. Wir kommen mit kummuliert etwa zwei Stunden an Betriebshalten in Orten wie Nennhausen, Fallersleben oder Stelle, auf eine planmäßige Fahrzeit von 6:02 Stunden für die Strecke von Berlin Hbf nach Hamburg Hbf! SECHS STUNDEN von Berlin nach Hamburg.
Gestern kam es dann natürlich wie es kommen musste: Wir fuhren mit etwas über einer Stunde Verspätung in Berlin Hauptbahnhof ab, da die Überführungsfahrt aus der Werkstatt gottweißwarum ewig am Einfahrsignal von Berlin-Lichtenberg ausharren musste, und waren trotz allem circa 1:15 Stunden VOR Plan kurz vor Hamburg.
Die Fahrdienstleitung entlang unserer Strecke hat immer fleißig grün gemacht, sodass man in Hamburg noch nichts mit uns anfangen konnte (fehlende Kapazitäten und so), und wir unseren Fahrgästen dann einen circa 50-minütigen Raucher-und-Yoga-Halt in Stelle bieten konnten, bis wir Platz machen mussten für den metronom. Im Anschluss, nach etwa zwei Kilometern fahrt, konnten wir uns gemeinsam nochmal 15 Minuten Europas größten Rangierbahnhof in Maschen anschauen, den wir natürlich auch per Durchsage angepriesen haben, bis wir dann nach Hamburg-Harburg vorrücken durften.
Also ja, ich denke, an der Story der Süddeutschen ist was dran. Woran hat's gelegen?
... an Fehlern bei der Bestellung der Fahrpläne durch das EVU?
... am Basteln des Fahrplans durch das EIU?
Wir werden es nie erfahren und die nächsten Monate mit zum Glück entspannten Reisenden, stets gut gelaunt, die entlegentsten Bahnhöfe der Regionalbereiche Nord und Ost und Südost erkunden. Und täglich werden wir merken, dass das Verhältnis von Zeit und Raum beim Reisen im Nachtzug völlig irrelevant ist ...
RDC Deutschland Gruppe
Sehr schönes Video! Schöne Feiertage und Grüße aus Nordrhein-Westfalen 💛