Beitrag von Emelie Porsack

Profil von Emelie Porsack anzeigen, Grafik

Ausgebildete Buchhändlerin | Sprecherin der Taskforce Diversität beim Zukunftsparlament Börsenverein des Deutschen Buchhandels

In den letzten Tagen habe ich noch einmal über die vergangene Leipziger Buchmesse nachgedacht und möchte - wenn auch verspätet - noch ein Paar Gedanken teilen. Dieses Jahr war ich Teilnehmende an einem Panel über die Darstellung von queeren Charakteren in Literatur und Comics. Unter dem Titel „Vielfalt zwischen den Zeilen“ haben Luca Mael Milsch, Maurizio Onano, Nadine Lange und ich uns dem Thema gewidmet und haben spannende Impulse geteilt.  Es ging vor allem nicht um die Frage „Ob“ wir uns damit auseinandersetzen sollten, sondern „Wie“. Was möchte ich als schreibende/zeichnende Person vermitteln und mit welcher Intention? Wie viel von meinen persönlichen Erfahrungen möchte ich in die Öffentlichkeit tragen, wenn ich als queere Person möglicherweise auf den Aspekt „queere Persönlichkeit“ reduziert werde? Es ist nicht immer leicht eine angenehme Distanz zu schaffen, ohne dabei das Gefühl zu haben, sich selbst zu verleugnen.  Als Buchhändlerin freue mich diverse Themen weiter zu tragen und Menschen für verschiedene Themenbereiche zu begeistern. Aber auch ich stelle mir zu oft die Frage „Fühle ich mich wohl diesen Titel weiterzuempfehlen?“. Das klingt im ersten Moment vielleicht einschränkend oder bevormundend, aber vor allem bei „diversen“ Themen habe ich das Gefühl eine Verantwortung gegenüber schreibenden/zeichnenden Personen und meinem Gegenüber zu haben. Und wenn ich schreibe „fühle ich mich wohl“ meine ich nicht mein persönliches Empfinden, sondern viel mehr den Aspekt der generellen Repräsentation. Ich habe schon viele Bücher gelesen, in denen queere Charaktere ausschließlich Klischee- und Vorurteilsbehaftet beschrieben wurden. Muss das sein? Kann ein Charakter nicht einfach queer sein, ohne das es ein Alleinstellungsmerkmal ist oder den typischen Vorurteilen/Klischees entspricht?  Eine ähnliche Frage stellt sich mir auch bei der Darstellung von queeren Schreibenden: Warum muss eine Person als queer beworben werden, wenn der Inhalt des Werkes sich möglicherweise gar nicht mit diesem Thema auseinandersetzt?  Ich finde wir sollten den persönlichen Aspekt des „queer seins“ nicht immer in den Vordergrund stellen. Repräsentation ist wichtig und muss gefördert werden, aber das erreichen wir nicht, indem wir groß „queer“ in jede Anzeige schreiben oder auf Cover abdrucken. Viel mehr sollte es zum normalen Themenbereich der Literatur gehören, ohne das wir uns groß darüber Gedanken machen oder es besonders hervorheben. Literatur ist genau so vielseitig, wie ihre Lesenden/Schreibenden/Zeichnenden und das ist es, worauf es ankommt.  In einem Gespräch mit Florian Noichl fiel dieser kurze, aber ausschlaggebende Satz: „Weniger in your face pink-/queerwashing, sondern mehr selbstverständliche Repräsentation ohne Effekt-Hascherei!“ Bitte Danke!

  • Kein Alt-Text für dieses Bild vorhanden
Eo Mager

offen für den Zufall

7 Monate

Ja, alles richtig! Da ich aber in meiner eigenen "Queerness" noch so am Anfang stehe, freue ich mich, leichter auf Literatur zu stoßen, die zu meinem "neuen" Lebensgefühl passt. Wenn queer nicht irgendein verkaufsförderndes Label ist, hilft es viel, "Queerness" sichtbar zu machen. Wenn die Gesellschaft weiter ist, können wir es sicher wieder lassen. Ich war auch beim Panel und habe so das wunderbare Buch von Luca Mael Milsch entdeckt (Sieben Sekunden Luft). So stelle ich mir die Literatur der nahen Zukunft vor. Queer kommt vor, ist aber nicht das Thema. Danke

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Themen ansehen