𝐌𝐞𝐢𝐧𝐞 𝐓𝐨𝐩 𝟑 𝐝𝐞𝐫 𝐁ü𝐜𝐡𝐞𝐫 𝐚𝐮𝐬 𝐝𝐞𝐦 𝐔𝐫𝐥𝐚𝐮𝐛 - 𝐏𝐥𝐚𝐭𝐳 𝟐
Ungleich vereint – Warum der Osten anders bleibt von Steffen Mau. Wurde bereits vielfach gelobt und besprochen. Nachdem ich bereits Triggerpunkte las und auch davon sehr begeistert war, habe ich mich kurzfristig doch noch überzeugen lassen, auch das neue Buch zu lesen. Was ich generell an Steffen Mau mag: Klare Sprache, wissenschaftliche Herleitungen so, dass auch Laien seine Analysen gut verstehen und das ganze auch noch kurzweilig geschrieben. Insbesondere dieses Werk.
Der Titel verrät es schon: Es geht in dem Buch um die Unterschiede zwischen Ost und West und wann es denn endlich zur vollendeten Wiedervereinigung in allen Bereichen kommt. Dabei wird vor allem auf die Defizite gesehen, die der Osten gegenüber dem Westen hat – jedoch eher die, die man für normativ besser im Westen hält. Nicht unbedingt Dinge wie schlechtere Löhne und Renten. Vor allem wird beim Blick auf die Unterschiede gar nicht auf das geschaut, was im Osten besser ist und wovon der Westen sich eigentlich ne Scheibe abschneiden könnte: gerade bei der Kinderbetreuung und der Anzahl an Theatern.
Besonders eingeprägt hat sich bei mir, dass Bayern anders sein darf, der Osten aber nicht. Westdeutsche verneinen eine Differenz zwischen Ost und West, die Ostdeutschen fühlen sich aber anders, werden aber nicht als anders (an)erkannt, so Mau.
Ebenfalls aufschlussreich war für mich das Thema Parteiendemokratie in den ostdeutschen Bundesländern. Die Organisationsdichte ist dort viel, viel geringer, als ich dachte. Nicht nur daher präzisiert Mau, dass man im Osten nicht von einer "Demokratieverdrossenheit", sondern von einer "Parteienpolitikverdrossenheit" sprechen sollte. Viele hätten ein ganz eigenes Politikverständnis ausgebildet, bei dem der ursprüngliche und direkte Volkswillen im Zentrum steht. Dieser solle die Politik bestimmen und nicht die Parteien. So werde der "Wille des Volkes" verfälscht und in diesem Licht müsse man auch Protestbewegungen im Osten verstehen, die meine, die Politik regiere am Volk vorbei.
Als eine mögliche Lösung sieht Mau die Etablierung von demokratischen Partizipationsmöglichkeiten, um die Gesellschaft enger mit der Politik zu verbinden und Entscheidungsmöglichkeiten jenseits der klassischen Parteien zu vergrößern. Denn eine Revitalisierung der Parteiendemokratie hält er für unwahrscheinlich. Daher brauche es andere Wege um das Bedürfnis der Beteiligung zu befriedigen.
Für mich ein sehr aufschlussreiches Büchlein, gerade auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern – aber eben auch darüber hinaus. Als Vertiefung für das Kapitel "Allmählichkeitsschäden der Demokratie", in dem es um die Besetzung von Räumen durch Rechtsradikale geht, kann ich sehr Wilhelm Heitmeyers "Rechte Bedrohungsallianzen" empfehlen.