Beitrag von Institut Nachhaltiger Wohlstand

Sachliche, daten- und faktenbasierte, ziemlich ganzheitliche und weitgehend ideologiefreie Darstellung und Argumentation. Eher selten in Deutschland. Die Ausgangslage in Argentinien war viel dramatischer und aussichtsloser als die in Deutschland. Aber in den letzten Monaten hat Argentinien bereits viele Fortschritte vorzuweisen, der Ausblick eindeutig positiv. Hingegen zeigen Deutschlands wirtschaftliche Kennzahlen bestenfalls, in Ausnahmefällen, eine Stagnation, mehrheitlich aber Niedergang, und punktuell auch Absturz. Und der Ausblick ist negativ, weil nichts darauf hindeutet, dass bald ein Konsens über die notwendigen Korrekturmaßnahmen erreicht wird. Geschweige denn von zügiger, vollständiger und fehlerfreier Implementierung.

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Dr. Jörg Krämer Dr. Jörg Krämer ist Influencer:in

Chief Economist of Commerzbank, Professor (hon.) at University of Münster, personal views only

𝗩𝗢𝗡 𝗠𝗜𝗟𝗘𝗜 𝗟𝗘𝗥𝗡𝗘𝗡? Der radikal-liberale Javier Milei will Argentinien mit einer wirtschaftlichen Schocktherapie aus der jahrzehntelangen Krise führen. Was hat seine Politik bisher bewirkt und was bedeutet sie für uns? 𝗙𝗿ü𝗵𝗲𝗿 𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵: Argentinien war vor dem ersten Weltkrieg eines der reichsten Länder der Welt. 1946 kam der Ex-Militär Juan Peron an die Macht. Er trieb die Industrialisierung des Agrarlandes massiv voran. Dazu schottete er die Unternehmen mittels hoher Zölle vor ausländischer Konkurrenz ab und schanzte ihnen über die staatlich kontrollierten Banken die Ersparnisse der Bevölkerung zu niedrigen Zinsen zu. Die Loyalität seiner Anhänger sicherte er sich durch Stellen in der schnell wachsenden Verwaltung. Abgeschottet von der internationalen Arbeitsteilung und dem Wettbewerb konnte sich die Wirtschaft bis heute nicht richtig entwickeln, die Menschen leiden unter hoher Inflation. Mit der fatalen peronistischen Wirtschaftspolitik will Milei radikal brechen. 𝗘𝗿𝘀𝘁𝗲 𝗘𝗿𝗳𝗼𝗹𝗴𝗲: Wie im Wahlkampf angekündigt, will er als erstes die Staatsfinanzen sanieren. Dazu hat er die Zahl der Ministerien halbiert und Gehaltserhöhungen begrenzt. Seit Januar weist der Staatshaushalt einen Überschuss aus. Die Inflation, die bei Mileis Amtsanritt bei über 200 Prozent lag, sinkt. Angelockt von Erleichterungen wollen erste ausländische Unternehmen in den Energie- und Rohstoffsektor einsteigen. Nach einer Lockerung des Mietrechts bieten Vermieter ihre Wohnungen wieder auf dem Markt an. Allerdings ist die Rezession – wie nach wirtschaftspolitischen Rosskuren üblich – noch nicht überwunden. 𝗗𝗼𝗹𝗹𝗮𝗿𝗶𝘀𝗶𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴: Überfällig ist eine Abschaffung der Devisenbewirtschaftung, die den Außenhandel enorm behindert. Diese würde Milei mit der geplanten Einführung des US-Dollar als Landeswährung überwinden – allerdings um den Preis einer Geldpolitik, die nicht auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse Argentiniens reagieren kann. 𝗢𝗳𝗳𝗲𝗻𝗲 𝗣𝘂𝗻𝗸𝘁𝗲: Mileis Reformen verliefen bisher wie erwartet, gleichwohl ist es wegen der verbleibenden Risiken zu früh, den Sieg zu erklären. Nicht förderlich ist, dass sich der exzentrische Milei gerne mit anderen Regierungen anlegt – sogar mit dem engen Handelspartner Brasilien; außerdem verstrickt er sich in Kulturkämpfe. 𝗠𝗶𝗹𝗲𝗶𝘀 𝗕𝗼𝘁𝘀𝗰𝗵𝗮𝗳𝘁: Dennoch sollte man Milei nicht als Spinner abtun. Er weist zu Recht darauf hin, dass die Abkehr von der Marktwirtschaft das einstmals reiche Argentinien verarmen ließ. Diese Botschaft geht auch uns an. Anders als Argentinien sind wir zwar reich und in die internationale Arbeitsteilung eingebunden. Aber auch hierzulande mischt sich der Staat immer mehr ins Wirtschaftsleben ein und trägt dazu bei, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt seit 2019 stagniert. Auch wir sollten uns rückbesinnen auf eine liberale Wirtschaftsordnung, damit die deutsche Wirtschaft wieder ordentlich wächst. Mein Post ist kürzlich auch in der FAZ erschienen.

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