Die Wahlen in Indien sind der Anlass für eine Welle von Presseberichten zu Indien. Die dominante Botschaft: Indien hat sich ökonomisch sehr erfolgreich entwickelt und wächst derzeit sogar schneller als China. Das ist allerdings ein sehr einseitiges Bild, das in den Medien da gezeichnet wird. Ich empfehle das Buch von Amartya Sen und Jean Dreze, die die Entwicklung Indiens in ein anderes Licht rücken und die Entwicklung Indiens sehr differenziert darstellen. Immerhin bleibt Indien weit hinter Bangladesh zurück, was die Überwindung von Armut oder auch das Gesundheitswesen anbelangt. Ein Muss für alle, die Indien besser verstehen wollen.
Beitrag von Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof
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Peter Hoppe in Indien: „Ein eigener Kosmos auf dem Weg zum Industrieland“ Indien hat mit seinen fast 1,5 Milliarden Einwohnern sein Nachbarland China als bevölkerungsstärkstes Land der Erde abgelöst - und die Bevölkerung in dem seit langer Zeit demokratischen Land wächst weiter. Noch beträgt das Einkommen der Menschen in Indien nur ein Fünftel des Einkommens der Menschen in China. Aber mit einem Pro-Kopf-Einkommen von durchschnittlich über 2.000 USD hat Indien eine Schwelle überschritten, die in vielen asiatischen Ländern eine nennenswerte Mittelschicht markiert und den Binnenkonsum deutlich steigert. Der große Nachbar China ist und bleibt wohl auch in Zukunft wichtigster Handelspartner Indiens. Wenn man durch die Straßen Delhis geht, spürt man förmlich die Energie der ausgesprochen jungen Bevölkerung. Sie ist hoch motiviert, die Schulausbildung hat einen enorm hohen Standard. In den Gesprächen mit den Schulleitern kam ich zu dem Ergebnis, dass das Niveau der Abschlüsse, besonders in Mathematik, deutlich höher einzustufen ist, als hier in der westlichen Welt. Nach dem Schulabschluss haben die jungen Erwachsenen, auch durch Englisch als zweite Amtssprache, Zugang zu allen weltweiten Informationen. Auch wenn ihr Dialekt für mich nicht immer einfach zu verstehen ist, haben sie deshalb keine Sprachschwierigkeiten in der Welt. Persönlicher Einsatz und der Hunger nach sozialem Aufstieg treibt jeden Einzelnen an. Auch wenn das Kastensystem seit 1949 abgeschafft wurde, ist es in der Mentalität noch immer tief verwurzelt. Dennoch darf niemand durch seine Abstammung in Indien benachteiligt werden. Das eröffnet Chancen, den sozialen Staus zu verbessern - ein sehr grosser Motivator. In Gesprächen mit Vertretern der Wirtschaft wird schnell klar: Man will für die Welt produzieren und dort wahrgenommen werden. Der Staat hat dafür wichtige Grundlagen geschaffen: Anmeldungen neuer Gewebe sind nun online und schnell möglich, überbordende Bürokratie wurde abgeschafft. Der Staat unterstützt und finanziert Startups. Ein Pharmaunternehmer sagt aber auch, dass Korruption bis heute zu Indien gehört, wie "das Blut zum Menschen". Der Hinduismus wird weiter aktiv gelebt. Jung und Alt feiern beim Dussehra Fest gemeinsam das Leben. Eine gelebte Religion, die Menschen verbindet. Auch hier spürt man einen deutlichen Unterschied zu der abnehmenden Identifikation mit Religionen in den westlichen Ländern. Indiens Binnenmarkt wächst, eine junge, hoch motivierte und gut ausgebildete Bevölkerung steuert das Land Richtung Marktwirtschaft. Werte wie Religion und besonders die Demokratie bleiben ein wichtiger Faktor. Wir sind überzeugt, nicht zuletzt bestätigt durch den Besuch des Landes, dass dieser Subkontinent sich auch wirtschaftlich kräftig weiterentwickeln wird.
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Was haben Bevölkerungsgröße und Machtposition im internationalen System miteinander zu tun? Wird Chinas Einfluss wieder zurückgehen, weil seine Bevölkerung schrumpft und altert und ist Nigeria die Superpower von morgen? - Wenn euch diese Fragen interessieren, schaut rein in unsere jüngste Analyse!
Je mehr, desto mächtiger?
kas.de
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In der neuesten Folge unseres Podcasts "China ungeschminkt" sprechen Klaus Muehlhahn und Dr. Anja Blanke über Chinas Minderheitenpolitik. Neben der kulturell (mehr oder minder) homogenen Mehrheit der Han mit einem starken Nationalstolz gibt es in China 55 Gruppen von Minderheiten, die knapp 9% (125 Millionen) der chinesischen Bevölkerung ausmachen. Diese Gruppen "dürfen" sich in anerkannten Minderheitenregionen und Autonomiegebieten selbst verwalten. Während alle Minderheiten laut Verfassung gleichgestellt sind und kulturelle Freiheit genießen sollen, betont die Regierung auch die Einheit der "chinesischen Nation", um einen umfassenden staatlichen Herrschaftsanspruch, auch über Landesgrenzen hinweg, zu untermauern. Tibet, einst autonom unter chinesischer Oberhoheit, erklärte sich nach dem Sturz der Qing-Dynastie für unabhängig, jedoch ohne internationale Anerkennung. Nach Chinas Besetzung 1951 verschärften sich Repressionen, was 1959 zu einem blutigen Aufstand führte, bei dem der Dalai Lama ins Exil floh und China radikale Säuberungen durchführte, um Tibet endgültig zu kontrollieren. Seit Xi Jinpings Präsidentschaft wurde Chinas Minderheitenpolitik verschärft, besonders in Tibet: Seit 2016 wurden Tibeter teils zwangsweise umgesiedelt, was laut Human Rights Watch ihre Kultur gefährdet. Ein neues Gesetz fördert zudem die Ansiedlung von Han-Chinesen, um tibetische Identität zu schwächen. China betont wirtschaftliche Erfolge, ignoriert jedoch Menschenrechtsverletzungen. Es ist wieder eine sehr aufschlussreiche Folge geworden. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall! Auf unserer Website gibt es die Links zu Spotify, Apple Podcast und Amazon Music: www.cidw.de/podcast
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Bei allen Unterschieden ist es bemerkenswert, wie innerhalb nur weniger Wochen zwei GenZ-Studierendenbewegungen in zwei der bevölkerungsreichsten Länder Afrikas (#Kenia) und Asiens (#Bangladesch) ihre jeweiligen Boomer-Regierungen in die Knie gezwungen haben. Das politische Mobilisierungspotential der wirtschaftlich frustrierten aber offensichtlich weiterhin an Demokratie glaubenden GenZ des Globalen Südens und die Bilder der letzten Tage aus Nairobi und Dhaka werden damit zum Albtraum der Regierenden von #Uganda über #Kamerun bis #Simbabwe. Sie sollten uns aber hoffnungsvoll stimmen. Demokratie war und ist eben nie nur ein „westlicher Wert“, sondern bleibt der Anspruch weltweiter Mehrheiten (das zeigen Umfragen), auch wenn sie nur für eine Minderheit heute Realität ist. Die meisten internationalen Partner beider Länder haben die Entwicklungen der letzten Tage (zu) lange nicht kommen sehen. Die Protestierenden achten genau darauf, wer aus dem Ausland wie reagiert und nun wen unterstützt. Einige von ihnen könnten schon bald in erster Reihe politische Verantwortung übernehmen. In Zukunft lohnt daher eine breitere Diskussion, nach welchen Kriterien wir hier bei uns politische Stabilität in Ländern des Globalen Südens definieren, wer dafür Partner sein kann bzw. soll und was von uns erwartet wird. P.S. Für aktuelle Analysen zur Lage in Bangladesch lohnt es sich der wunderbaren Ishrat Hossain zu folgen und natürlich unseren Friedrich-Ebert-Stiftung Kolleg:innen in der Region. Zur Lage in Kenia wissen Titus Kaloki und Bastian Schulz Bescheid.
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In den letzten 200 Jahren haben viele Länder im Rahmen des »demografischen Übergangs« einen Rückgang der Sterblichkeit und ein Absinken der Geburtenraten erlebt. Dies hat auch Auswirkungen auf wirtschaftliche Entwicklungschancen, so das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden in einer heute veröffentlichten Studie. Könnte der Globale Süden jetzt in die Fußstapfen der asiatischen «Tigerstaaten» treten und eine ähnliche «demografische Dividende» erleben? Das BiB hat diese Frage erstmals systematisch anhand von Zahlen der Vereinten Nationen untersucht. Dass eindimensionale Erklärungsversuche für eine gelungene „nachholende Entwicklung“ zu kurz greifen, zeigt epo.de-Herausgeber Klaus Boldt anhand einiger Anmerkungen zur BiB-Studie: Der wirtschaftliche Aufstieg der «asiatischen Tigerstaaten» kann nicht auf die Demografie reduziert werden. Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan «entwickelten» sich insbesondere so rasch aufgrund staatlicher Repression, verbunden mit massiven Einschränkungen von Arbeiter- und Menschenrechten. Wie in Südkorea waren auch anderswo Diktatoren oder Kolonialisten die «Architekten» oder zumindest die Wegbereiter des wirtschaftlichen Aufschwungs. Eine beträchtliche Rolle spielten Entwicklungshilfe-Zahlungen vor allem der USA als Mittel zur Abwehr «kommunistischer» Einflussnahme. Dieses Muster weisen auch später gestartete «Pantherstaaten» wie Malaysia, Indonesien, Thailand, Vietnam und die Philippinen auf. Zudem haben die Tigerstaaten auch schwere Wirtschaftskrisen durchlebt, und es ist zweifelhaft, ob sie als Vorbild für die wirtschaftliche Entwicklung beispielsweise afrikanischer Staaten taugen. Nicht zu vergessen: Das im Kapitalismus unvermeidliche «Wachstum» stößt an seine planetarischen Grenzen. Aus Tigern könnten sehr bald lahme Enten werden. ⇒ mehr dazu heute auf epo.de …
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#NEWPUBLICATION: Die Schweiz ist das globalisierteste Land der Welt. Dementsprechend entfalten globale Entwicklungen wie bspw. der Nahost-Konflikt, der r.ussische Angriffskrieg auf die Ukraine oder Gesundheitskrisen ganz besonders spürbare Auswirkungen auf die Schweizer Innenpolitik. Umgekehrt gilt aber auch: Ein Versagen innenpolitischer Regelwerke («policy failure») wie bspw. bezüglich der Finanzmarktregulierung löst weltweite Konsequenzen aus. Das zeigte der Fall der #CreditSuisse ganz besonders eindrücklich auf. In meinem #OpenAccess-Artikel blicke ich auf das denkwürdige politische (Wahl-)Jahr 2023 zurück, das in ganz anschaulicher Weise die Verflechtung zwischen der Schweiz und der Welt offenbarte Mein Artikel im Volltext (#OpenAccess): https://lnkd.in/ez_X_URU Universität Bern Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Bern
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https://lnkd.in/eUbvw3Vn Viele sprechen immer nur von China und von dessen wirtschaftlicher Macht. Indien ist aber mindestens langfristig genauso wichtig. Was die Bevölkerungszahl betrifft hat Indien China schon längst überholt. Und das wirtschaftliche Potenzial ist immens. Und anders als China leidet Indien nicht unter einem gravierenden demographischen Problem. Die nationalistische Politik und die Unterdrückung von Minderheiten sollten bei der positiven Bewertung aber nicht vergessen werden. Die größte Demokratie der Welt hat auch noch weitere Bereiche, die definitiv nicht unseren Werten entsprechen. Wir im Westen müssen uns seit Jahren aber eh davon verabschieden, die Standards in dieser Welt festzulegen.
Kurz vor Beginn der landesweiten Wahlen: Hat Indien das Zeug zur wirtschaftlichen Supermacht?
focus.de
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Vorwärts immer, rückwärts nimmer: Genosse Xi Jinping trägt das Banner des Kommunismus ins 21. Jahrhundert voran. Daran hat auch das jüngste Kadertreffen in Beijing nichts geändert, schreiben die #China-Experten von Mercator Institute for China Studies (MERICS) gGmbH in ihrem sehr empfehlenswerten Newsletter. Allenfalls kleine Kursanpassungen möglich. Die negativen wirtschaftlichen Folgen der bisherigen Politik nimmt die Parteiführung in Kauf. Lese-Empfehlung für das Merics Update mit Max J. Zenglein Katja Drinhausen Rebecca Arcesati Claudia Wessling Daher bleibt vermutlich die Studie über Xis Wirtschaftspolitik von Merics aus dem Herbst aktuell. Mit dem letzten Kapitel dazu, dass es (nicht ganz unerwartet) Probleme bereitet, die Ideologie mit der Ökonomie zu vereinen. Aber Letzteres scheint dem Großen Vorsitzenden einfach nicht so wichtig zu sein. https://lnkd.in/eGAyVUcH Jacob Gunter Bernhard Bartsch
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Kann Liberalismus mit Zentralismus verknüpft werden? Die Liberalen des 19. Jahrhunderts waren Zentralisten, weil sie hofften, ein beschränkter zentraler Rechtsstaat sei am ehesten in der Lage, das etatistische und merkantilistische System des Feudalismus und des Zunftwesens zu überwinden. Der echte Föderalismus wurde im 19. Jahrhundert von konservativer Seite gestützt. Das Resultat der nationalen Zentralisierung war aber insgesamt alles andere als liberal. Gesiegt haben im 20. Jahrhundert in vielen europäischen Staaten nicht die Befürworter eines liberalen Rechtsstaates, sondern die aggressiven Nationalisten, mit denen sich viele Liberale und auch viele Konservative ins politische Lotterbett gelegt haben. Die international konkurrierenden nationalen Zentralismen und Merkantilismen mit ihren unerfüllten Expansionsgelüsten verursachten den Ersten Weltkrieg, eine der grössten zivilisatorischen Katastrophen der Geschichte. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges war auch die Mehrheit der Sozialdemokraten dem nationalistischen Taumel erlegen. Dieser Krieg, der im Zweiten Weltkrieg fortgesetzt worden ist, hat den Aufstieg des sozialdemokratischen Daseinsvorsorgestaates wesentlich begünstigt, denn jeder Krieg führt zu „mehr Staat“ und „mehr Steuern“, und diese Entwicklung ist auch in Zeiten relativen Friedens kaum mehr umkehrbar. Dies ist der Grund, warum wir auch in der Schweiz im 21. Jahrhundert bezüglich Besteuerung und kollektivistisch begründeter Umverteilung immer noch in einer Nachkriegszeit stecken, obwohl wir uns bisher jener EU-Zentralisierung erfolgreich widersetzt haben, die offensichtlich weniger Freiheit und mehr Staat hervorbringt. Das an sich generell erfolgversprechende liberale Experiment mit «Mehr Freiheit und weniger Staat» ist zentral kaum steuerbar und es hat bei einer Kombination von progressiver Besteuerung und Mehrheitsprinzip wenig Chancen. Es kann daher kaum zentral «eingeführt» und gesteuert werden und basiert auf einem Lernprozess im Wettbewerb kleiner Gebietskörperschaften. Es ist politisch in Massendemokratien schwer steuerbar. Ob eine echte Liberalisierung und ein Staatsabbau von einer Zentralregierung her erfolgreich sein kann, wird sich in Argentinien und allenfalls auch in den USA in nächster Zeit erweisen. Robert Nef
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Ich wage jetzt hier mal eine steile These, wie die neoliberale Ära seit den 1980ern auf eine bisher (meines Wissens) wenig beachtete Weise mit den in den letzten Jahren eskalierenden Konflikten im Nahen Osten und in (Süd-)Osteuropa zusammenhängt. Der Neoliberalismus hat bekanntlich einen Politiker:innentypus stark befördert, den man mit "Verwalter:in" zusammenfassen kann. Weil ein neoliberal organisiertes Finanz- und Wirtschaftssystem der Politik massiv Gestaltungsspielraum entzieht, befördert es gleichzeitig Politiker:innen, mit möglichst wenig Gestaltungswillen. Funktionär:innen der defensiven Marktbegleitung gewissermassen. Schickt man solche Figuren auf das Feld der Geopolitik, geschieht auch dort nicht viel Gutes, bzw. es geschieht gewissermassen fast gar nichts. Köchelnde Konflikte werden auf Dauer gestellt, nichts angepackt, nichts gelöst. Irgendwann haut es dann den Deckel vom Topf. So geschehen in der Ukraine, in Israel/Palästina, jetzt wieder in Syrien, bald im Westbalkan? (Hoffentlich nicht!) Christopher Clark hat in seinem Buch zum Beginn des 1. Weltkrieges die damaligen Akteure als Schlafwandler bezeichnet. Schlafwandler:ische Subjekte (sind sie das überhaupt noch?) passen super in die neoliberale Gouvernementalität (dass sich diese gerne rühmen, sehr früh aufzustehen, um dann 20 Stunden lang offensichtlichen Schrott zu verhandeln, ist ein bitterer Witz). So gesehen fördert der Neoliberalismus auch geopolitisch die Nicht-Politik, wird sein grosses Ideal vom "unternehmerischen Selbst" zur Groteske. Denn es handelt ja da auch sonst niemand (ausser Kräfte der Finsternis): "Der Markt" schafft nämlich keinen Frieden.
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