Das Alterswerk "Zum ewigen Frieden" von Immanuel Kant ist derzeit vor allem bei Journalisten in aller Munde. Mein Rat dazu: Nicht nur selektiv zitieren, sondern gerne einmal auch ganz lesen.
Kants Schrift ist weithin bekannt. Die meisten haben aber nur den Titel gelesen. Sonst hätten sie erfahren, wie weit wir immer schon, nicht erst in dieser Zeit, von der Erfüllung entfernt waren, und wie wenig wir dazu beigetragen haben; wie viel Aufwand stattdessen betrieben wurde, um die Illusion zu erzeugen, wir würden alles tun für den Frieden; Kulissen – weggeblasen von russischen Haubitzen. Hinter den Kulissen kommt eine Bühnenmaschinerie zum Vorschein, die immer da war, jedoch verhängt von gefährlichen Illusionen.
Das unterscheidet unsere postromantische Gegenwart von der Aufklärung und der Art, in welcher deren Vordenker sich der Welt näherten: scharf, schonungs-los bis zur Grausamkeit in den Konsequenzen ihrer Analysen, aber trotzdem mit einer Hoffnung am Ende. Der Preis dieser aufklärerischen Hoffnung besteht darin, dass man die Konsequenzen der schonungslosen Analysen mit in Kauf nimmt. Sich nur der Hoffnung hinzugeben, die Analyse mit ihren Konsequenzen aber wegzulassen, ist fatal. Genau das haben wir getan – und deshalb jetzt das Gefühl, in einer anderen Welt aufgewacht zu sein.
„Der Krieg selbst“, schreibt Kant, „bedarf keines besonderen Bewegungs-grundes, sondern scheint auf die menschliche Natur gepfropft zu sein.“ Er spricht von der „Bösartigkeit der menschlichen Natur, die sich im freien Verhältnis der Völker unverhohlen blicken lässt“. „Der Friedenszustand unter Menschen“ sei „kein Naturzustand, der vielmehr ein Zustand des Krieges ist, d. i. wenn gleich nicht immer ein Ausbruch der Feindseligkeiten, doch immer-währende Bedrohung mit denselben.“
Die Zeit des Kalten Krieges haben viele als Zeit des Friedens missverstanden. Das war nicht nur wegen der Atombombe absurd, sondern auch angesichts beständiger kriegerischer Auseinandersetzungen auf der Welt und mit Blick auf die Bedeutung, die Kriegswaffen für das Bruttoinlandsprodukt etwa der Bundesrepublik hatten und haben. Dabei hätte es genügt, nur den ersten Satz von Kants Schrift zu lesen, um sich vor Augen zu führen, wie illusionär unter diesen Vorzeichen jede Rede vom Frieden gewesen ist. Er lautet nämlich:
„Es soll kein Friedensschluss je für einen solchen gelten, der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege gemacht worden.“
1795 hat Kant den Gedanken eines „den Krieg abwehrenden … Bundes“ entwickelt, um „den Sturm der ... feindseligen Neigung auf(zu)halten“ – im Angesicht „beständiger Gefahr ihres Ausbruchs“. Über 200 Jahre später ist die Welt immer noch so organisiert, dass sie sich von einem Einzelnen an einen Punkt zurückbomben lassen kann, an dem sämtliche philosophischen Gedanken zum Frieden, vor allem aber alle Aktivitäten zu dessen Sicherung, die Generationen von Verantwortlichen in Politik und Diplomatie unternommen haben, null und nichtig erscheinen.
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6 MonateWir Deutschen gelten als "Tätervolk", da unsere (UR)Großväter den Nationalsozialismus unterstützt, bzw. zu wenig dagegen unternommen haben. => Palästinenser gelten als Opfer, weil sie . . .