TODESURTEIL
Die zitierte OTS Meldung transportiert unter dem Deckmantel eines Institutes, das sich auf einen österreichischen Ökonomen beruft, die Agenda einer Partei. Was die Frage aufwirft, ob der so kontextualisierte Ökonom erstens das Thema ORF-Gebühren genauso sehen würde und ob er die entsprechende Partei und deren Anliegen positiv beurteilen würde.
Tatsache ist, dass der besagte Ökonom Politiker wie August Pinochet, Ronald Reagan und Margaret Thatcher persönlich beraten hat. Pinochet war ein grauslicher Diktator, die Wirtschaftskonzepte sind bis heute umstritten bzw. können aus heutiger Sicht als gescheitert betrachtet werden. Tatsache ist auch, dass die Leiterin des besagten Institutes eine ehem. FPÖ Politikerin ist und Kritiker schon der Semantik der Kritik wegen, es drehte sich konkret um den Begriff „Steueroase“, durch alle Instanzen klagte.
Zum Inhalt der Aussendung - die Standpunkte sind nicht neu, der Bogen ist neu konstruiert. Man habe, heißt es, grundsätzlich nichts gegen hohe Gehälter, wenn sie in einem wettbewerbsbestimmten Umfeld stattfinden.
Ah, jetzt kommt das Lieblingsthema, dieser Denkrichtung - der Wettbewerb heiligt alles, Lenkungsmechanismen sind phöse und staatliche Eingriffe in den Markt führen zur Knechtschaft. So weit so widerlegt, fast die gesamte Ökonomische Fachwelt bezeichnet diese Ideen heute als falsch - trotz des Nobelpreises für den in die UK emigrierten Begründer dieser Denkschule. Keine weiteren Details, einfach googeln, es gibt ausreichend Material, Bücher (darunter ein aktuelles aus dem Jahr 2022) etc;
Der Vorschlag in der OTS Aussendung lautet, auch den ORF dem freien Spiel des Marktes zu überlassen. Keine Gebühren oder Haushaltsabgaben sondern ein Angebot, das auf dem Markt zu reüssieren hat. Das mit Verlaub ist ein zwar nett formuliertes, aber deutliches Todesurteil für einen öffentlich, rechtlichen -Sender, ganz gleich wo auf dieser Erde.
Öffentlich, rechtlicher Rundfunk sollte nach der Idee ein möglichst objektives Programm, vor allem bei den Nachrichten, anbieten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie leisten. Dass eine unabhängige Berichterstattung nicht jedem gefällt und sie fast postwendend teilweise als nicht unabhängig empfunden oder beurteilt wird, ist fast schon systemimanent. Eine Diskussion darüber ist wichtig und richtig, ebenso wie Transparenz und eine klare Compliance Politik.
Diese Art von Rundfunk gehört, wie etwa die Kultur, zu den meritorischen Gütern, das sind solche, deren Notwendigkeit zwar evident ist, die sich aber am freien Markt nicht finanzieren könnten. Das Märchen von den sich finanzierenden privaten Sendern ist schon längst widerlegt. Interessant zu beobachten, wer immer noch an Märchen glaubt.