[1] Unternehmen zwischen Stress und Ohnmacht.
Viel Zeit habe ich schon in Reviews und Meetings und Tagungen aller Arten verbracht. Und immer schärfer wird der Eindruck: es werden Themenfelder besetzt, sonst erst einmal nichts. Unsere Konzepte der Präsentation haben sich natürlich verändert, doch das meiste von dem, was wir in unseren Zusammenkünften diskutieren, dient noch immer dem Systemerhalt.
Wenn wir immer nur tun, was jeder tut, dürfen wir auch nicht überrascht sein, wenn wir immer nur dasselbe bekommen, was jeder bekommt. Und was ein alter Spruch unter Verkäufern ist - und immer noch ist nichts daran falsch, lässt sich heute auf jeden anderen Bereich und jede andere Funktion übertragen.
Gefühlt offenbart sich heute jede Manager-Konferenz irgendwo zwischen Stress und Ohnmacht. Jedes Unternehmen das etwas auf sich hält, beschäftigt sich damit, ein „Social Enterprise“ zu sein, und jeder Manager ist sehr beschäftigt damit, sich seinen „Impact“ zuzuschreiben. Doch sich mit etwas beschäftigen – und das tun eigentlich alle, ist immer noch keine Arbeit daran. Und die oberste Riege, die das ändern müsste, ist oft nicht mehr als eine Ansammlung von Einzelkämpfern, die ein solidarisches Eco-System predigen und Ego befriedigen.
Natürlich hat jedes Unternehmen, jeder Markt und jeder Manager seine eigene Geschichte. Und Geschichte hat Umberto Ecco einmal als „Reich der Fälschung, der Lüge und der Dummheit“ bezeichnet. Andreas Treichl erzählte mal in einem Interview: „Es gibt ja auch keine Bank, die sagt, meine Aufgabe ist es, die Kunden abzuzocken. Tun Banken zwar manchmal, formulieren es aber nicht als Unternehmenszweck“. Da wird selbst ein Heinz Erhardt vom Komiker zum Mahner: „Sie dürfen auch nicht alles glauben, was Sie denken“.
Man muss aber auch nicht in der Pfanne gelegen haben, um über ein Schnitzel zu sprechen. Viele CEOs und CHROs führen gerne den „Culture Change“ in ihrer Prioritätenliste. Und dabei ignorieren sie den wichtigsten Baustein, auf dem jede Unternehmenskultur aufgebaut ist: Manager. Wo immer es etwas Neues zu tun gilt, zuckt ein Reflex, die ewig gleiche Manager-Frage: Wer hat das schon gemacht? Und immer öfter muss ich antworten: die Chinesen, die Japaner, ...DIE ANDEREN.
Und nur weil man etwas nicht zählen kann, heißt noch lange nicht, dass es nichts zählt. Und sich auf etwas einigen ist besonders schwer, wenn es weniger um die Sache, als um Befindlichkeiten geht. Sollten wir nicht stattdessen an der Frage arbeiten: Ist es das Neue wert getan zu werden – und wie?
Natürlich sehen sich die Unternehmen gerade einer paradoxen Aufgabe gegenüber: einerseits mit allen Mitteln das bestehende Geschäftsmodell verteidigen und gleichzeitig alles grundsätzlich umbauen zu müssen. Da kann Nachhaltigkeit gar nicht die erste Geige spielen. Da geht es um Lobbying, Bestandswahrung, Cash Cows, und um ausgehandelte Erfolgsprämien, nicht zwingend also um Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit.
Was die Granden von VW, und die sind nur ein Beispiel und längst nicht alleine, höchst unfreiwillig aber auch beweisen ist, dass Kommunikation eben nicht das Problem darstellt. In der Kommunikation entstehen keine Probleme, sie tauchen da nur auf! So wie der gute alte Benjamin-„Time is Money“-Franklin immer mal wieder auftaucht, der auch gesagt hat: „wer der Meinung ist, dass man für Geld alles kaufen kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit ist“.
Das Tempo der Veränderungen, und die Anforderungen mit denen die Unternehmen darauf reagieren, sind aus der Balance geraten. Wir wandeln am Rande der Seneca-Klippe: der Pfad zu mehr Wachstum wird steiler und enger, der Sturz ins Verderben ist nur einen Moment der Unachtsamkeit entfernt. Unwohl macht nur, dass das viele wissen.
In zu vielen Unternehmen liegt das Wachstum nur noch in der Ausbeutung der wichtigsten Rohstoffe: in größeren Unternehmen sind das Menschen, bei Facebook sind das Daten (und Menschen). Wir wissen, dass wir eigentlich die Notbremse ziehen müssten, und doch verweigern wir das Unbequeme und basteln unter dem Deckmantel des „New Whatsoever“ daran, die gewohnten Denkmuster und alten Verhaltensweisen in die Neue Welt zu schummeln. Das ist ein fataler Fehler und gleichzeitig ein guter Grund, warum 80 % aller Veränderungsinitiativen so dramatisch abstürzen.
„Fair statt Mehr“ wäre mal ein interessanter Ansatz, den die Kienbäumer vor kurzem in den Ring geworfen haben. Denn „Mehr oder Weniger“ ist immer mehr eine nachhaltig falsch eingestellte Destination. Und dieser Plot wird sich nicht ändern, solange Manager mehr Wert auf Effizienz und Risikominimierung legen dürfen, solange Respekt, Würde und Management in einem offensichtlichen Widerspruch zueinander stehen, und solange das Management den Unternehmenszielen mehr verpflichtet ist, und eben nicht den Menschen.
Leichtfertig verwerfen wir das Sinnvolle und erzählen uns lieber die Märchen vom Mangel.
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