#138 KI in der Arbeitswelt: Warum das Vertrauen noch fehlt?

#138 KI in der Arbeitswelt: Warum das Vertrauen noch fehlt?

Künstliche Intelligenz wird in Zukunft eine immer größere Rolle im Alltag und in der Arbeitswelt spielen, da sind sich die Deutschen einig. Trotzdem trauen viele Menschen der neuen Technologie nicht.

Künstliche Intelligenz drängt sich mittlerweile immer mehr in den Alltag – sei es schnell selbst einen Prompt an ChatGPT zu schicken oder KI-generierte Inhalte (ob bewusst oder nicht) auf den verschiedenen Social-Media-Plattformen ausgespielt zu bekommen. KI ist gekommen, um zu bleiben. So sehen es auch die Mehrheit der Berufstätigen in Deutschland.

Laut einer Studie, die von InKonstellation beauftragt wurde, rechnet die Mehrheit der Arbeitnehmenden in Deutschland damit, dass KI die Arbeitswelt in den kommenden fünf Jahren verändern wird (54 Prozent). Für die Studie des Coaching-Anbieters wurden insgesamt 1.051 Menschen in Deutschland befragt. Faktoren, die sich laut den Befragten verändern werden, sind beispielsweise eine Produktivitätssteigerung, die Automatisierung von Routineaufgaben und eine stärkere Überwachung und Steuerung der Belegschaft. An den Antworten lässt sich ahnen, dass sich die Geister scheiden, inwiefern diese Entwicklung positiv oder negativ gesehen wird.

MEHRHEIT SIEHT KI ALS CHANCE

Rund 55 Prozent der Befragten sehen im Einsatz von KI mehrheitlich eine Chance. Gründe dafür sind beispielsweise erwartete positive Folgen für Nachhaltigkeit und Klima durch verminderten Ressourceneinsatz (65 Prozent) oder eine Effizienzsteigerung in Produktion, Logistik oder dem Kundenservice (62 Prozent).

Doch auch 45 Prozent der Befragten sehen eher die Risiken beim Einsatz von KI. Sie befürchten zum Beispiel politische Risiken durch den Einsatz von gefakten Statements oder Bildern in politischen Auseinandersetzungen (70 Prozent) oder eine fortschreitende Automatisierung und ein daraus folgender massiver Verlust von Arbeitsplätzen (50 Prozent). Trotz Risiken wie einer fortschreitenden Automatisierung erwartet nur ein geringer Anteil, dass der eigene Arbeitsplatz bedroht ist. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen Menschen mit akademischem Abschluss (zehn Prozent) und solchen ohne (neun Prozent). Anders sieht es der Historiker und Autor Yuval Noah Harari. Er erwartet, dass durch den Siegeszug der Künstlichen Intelligenz eine sogenannte „useless class“ geben wird. Diese wird seiner Meinung nach strukturell beschäftigungslos bleiben.

Die Sorge um Entlassung teilen auch Befragte einer anderen Umfrage. Laut der Umfrage „AI at Work 2024: Friend and Foe“ der Boston Consulting Group denken 59 Prozent der Befragten, dass es ihren Job im Laufe der nächsten zehn Jahre aufgrund von KI nicht mehr geben wird. 78 Prozent der Befragten gehen außerdem davon aus, dass sich ihr Job in den kommenden Jahren deutlich durch den Einsatz von KI verändern wird. Damit liegt Deutschland bei den Erwartungen an das disruptive Potenzial der Technologie nahe dem internationalen Durchschnitt (79 Prozent weltweit), wobei die Erwartung, dass der eigene Job durch KI ersetzt wird, mit 59 Prozent gegenüber 42 Prozent deutlich höher in Deutschland ist. Für die Studie wurden insgesamt 13.102 Menschen befragt, 1.002 davon in Deutschland.


DIE DEUTSCHEN SIND SKEPTISCHER

Generell scheinen die Deutschen der neuen Technologie kritischer gegenüberzustehen als viele andere. Während in Indien (54 Prozent) und dem Mittleren Osten (52 Prozent) mehr als die Hälfte der Befragten Vertrauen in KI haben, sind es in Deutschland nur 40 Prozent. Diese Skepsis zeigt sich auch im Nutzungsverhalten von KI-Anwendungen. Unter den indischen Befragten gaben 96 Prozent an, KI-Anwendungen zu nutzen. Bei den deutschen Befragten waren es rund 92 Prozent.

Besonders unwohl fühlen sich Deutsche beim Einsatz von KI in Auswahlprozessen bei Bewerbungen. Laut einer Studie, durchgeführt durch das SAS-Institut, sind es knapp 80 Prozent, der 1.016 Befragten: „Die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern ist eine hochsensible Angelegenheit, umso wichtiger ist es, durchgängig Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Datenschutz sicherzustellen“, sagt Iwona Szylar, Managing Director von SAS Deutschland zu den Ergebnissen. Bank- und Versicherungsgeschäfte (69 Prozent), Diagnostik und Behandlungsempfehlungen (61 Prozent) sowie KI-basierten Produktempfehlungen (44 Prozent) sehen die Befragten hingegen unkritischer.

VERTRAUEN GEGENÜBER KI STEIGT MIT DEM NUTZUNGSVERHALTEN

Generell lässt sich sagen, dass das Vertrauen gegenüber KI mit dem Nutzungsverhalten steigt. Auch der Rang innerhalb des Unternehmens macht laut der Umfrage der Boston Consulting Group einen Unterschied im Nutzungsverhalten. Von den Personen in leitenden Positionen nutzen 86 Prozent der Befragten regelmäßig KI-Anwendungen. Wohingegen lediglich 43 Prozent der Angestellten KI regelmäßig nutzen.

Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass Führungskräfte einfach früher und umfassender zum Thema Künstliche Intelligenz und wie man diese für den eigenen Job nutzen kann, geschult werden. In Deutschland wurden bereits 57 Prozent der Führungskräfte und nur 35 Prozent der Angestellten zum Thema befragt. Die Studienmacher kommen deshalb zum Schluss, dass Führungskräfte ihre Unternehmen dahingehend transformieren müssen, dass Künstliche Intelligenz öfter Anwendung im Arbeitsalltag findet. Im Roundtable zu der Studie sagt Vinciane Beauchene, Global Leader of Human x AI bei der Boston Consulting Group, dass es wichtig sei, dass Expertenwissen zu KI in den Unternehmen aufgebaut wird. Denn die Technologie entwickle sich so schnell weiter, dass es deshalb Personen in der Belegschaft geben sollte, die über ein breites Wissen zu dem Thema verfügen. „Man sollte aber auch nicht einfach auf gut Glück in KI investieren, sondern überprüfen, was wirklich zum eigenen Unternehmen passt“, sagt Jeff Walters, Greater China Leader of Boston Consulting Group, dazu.

Das der richtige Einsatz von KI Vorteile mit sich bringt, da ist sich die Mehrheit einig. 83 Prozent der deutschen KI-Nutzer stimmen beispielsweise der Aussage zu, dass sie durch KI schneller arbeiten. Weitere 80 Prozent finden außerdem, dass sich die Qualität ihrer Arbeit durch KI verbessert hätte.

KI WIRD VERÄNDERN, WIE WIR UNTEREINANDER ARBEITEN

Doch KI wird nicht nur die Art verändern, wie wir arbeiten, sondern auch wie Menschen untereinander arbeiten. Lediglich zwölf Prozent gehen davon aus, dass KI schwache oder sehr schwache Auswirkungen auf die Zusammenarbeit haben wird. Der Großteil der Befragten der InKonstellation Studie gehen zumindest von leichten (46 Prozent) oder starken (29 Prozent) bis sehr starken (13 Prozent) Veränderungen aus. Laut den Befragten könnte sich der Einsatz von KI zukünftig negativ auf die Kommunikation untereinander und generell auf zwischenmenschliche Aspekte auswirken.

Nicht nur deshalb geht InKonstellation davon aus, dass die Durchdringung der Arbeitswelt mit Künstlicher Intelligenz zu gewaltigen Transformationsprozessen führt. Die Boston Consulting Group gibt dabei den Tipp, die Mitarbeitenden bei diesen Transformationsprozessen nicht zu überfordern. Führungskräfte sollten überlegen, inwiefern es sinnvoll sei, bestimmte Prozesse parallel anzustoßen und ob es in bestimmten Situationen nicht besser wäre, Prozess nach Prozess anzustoßen.

Über den Autor

Frederic Haupt ist Volontär der Personalwirtschaft.

Quelle: personalwirtschaft.de

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