21 neue Risiken: Millionen Tonnen Chemikalien stören unsere Hormone
Wenn Chemikalien die Wirkweise unserer Hormone stören, werden sie als Endokrine Disruptoren eingestuft. Zurzeit stehen auf der Liste der European Chemicals Agency 123 als gefährlich eingestufte Stoffe. Am ehesten kommen Phthalate in den Medien vor. Die chemische Industrie produziert in Westeuropa allein von Phthalaten jährlich rund eine Million Tonnen.
Sie verleihen hartem, sprödem Kunststoff elastische Eigenschaften und werden als Weichmacher bezeichnet. Frauen sind stärker gefährdet. Erst 2020 wurde erkannt, dass Phthalate stärker verbreitet sind als bekannt, zum Beispiel in Tampons und Slipeinlagen. Andere Substanzen sind in Reifen, Druckfarben, Lacken und Harzen, aber auch in Nahrungsmitteln.
Die Pharmaindustrie verwendet Endokrine Eigenschaften absichtlich in Antibabypillen und Hormonersatz für die Schilddrüse.
Die nationale französische Gesundheitsbehörde Santé Publique France überwacht seit 2015 konkret Störungen der reproduktive Gesundheit: Fehlerhafte Hodenanlage, Verlagerung der Harnröhre, frühe Pubertät, Hodenkrebs, Spermienqualität, Endometriose und verminderte Fruchtbarkeit.
Daneben studiert Frankreich seit 2021 59 weitere mögliche gesundheitliche Auswirkungen. Am 31. Januar 2024 wurden als Ergebnis der PEPS’PE-Studie vorrangig 21 neue starke gesundheitliche Verdachtsfälle durch endokrine Disruptoren priorisiert: die Stoffwechselstörungen Übergewicht, Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und metabolisches Syndrom, außerdem bei Kindern Verhaltensstörungen, intellektuelle Defizite, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen, sowie Krebserkrankungen einschließlich Brustkrebs, Prostatakrebs, Lymphome und Leukämien und Asthma.
Das Bundes-Umweltamt unterstützte 2023 mit 110.080 Euro eine Initiative, um das Bewusstsein für Endokrine Disruptoren zu stärken, auch bei Medien und politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern.
Der Gegner ist mächtig.
IGK-Verlag
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