#3/4   Impulse aus den USA für die Zukunftsgestaltung der Automobilzulieferer
Composing: Gerd Lache

#3/4 Impulse aus den USA für die Zukunftsgestaltung der Automobilzulieferer

Mit der Interview-Serie “Unser Mann in Texas” begleiten wir Professor Dr. Bernhard Kölmel von der Hochschule Pforzheim bei seinem Aufenthalt in den USA. Er unterrichtet für eine begrenzte Zeit an der Texas State University bei Austin am McCoy College of Business Administration, also einer Hochschule für Betriebswirtschaft. Professor Kölmel gilt als renommierter Automotive- und KI-Experte. Er ist aktiver Partner des Transformationsnetzwerks (TraFoNetz) Nordschwarzwald. Im vorliegenden Teil 3 der Interview-Serie sprechen wir über Lösungsansätze bei der Transformation für die Automotive-Unternehmen im Nordschwarzwald sowie über Learnings aus den USA. Und Kölmel erläutert, was die Strategie der  Plattformökonomie bedeutet.


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Der stilisierte geografische Umriss des US-Bundesstaates Texas ist in vielen Varianten zu sehen, hier als „Loch in der Wand“. Composing:GerdLache


Kommen wir zum Thema Zulieferbetriebe für die Automobilindustrie. Im Nordschwarzwald sind Sie bei dem Projekt Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald, kurz TraFoNetz, die treibende Kraft. Welche Learnings bringen sie aus den USA mit in den Nordschwarzwald und speziell in die TraFoNetz-Arbeit, die für Sie im September wieder beginnt?

Aus den USA können deutsche Automobilunternehmen und insbesondere die Zulieferer einige wichtige Lektionen für die Zukunftsgestaltung und Transformation lernen:

· Innovationskultur fördern: Die amerikanische Automobilindustrie, insbesondere Tesla, hat eine starke Innovationskultur etabliert. Deutsche Unternehmen sollten verstärkt auf eine offene, kreative und risikobereite Unternehmenskultur setzen. Sie treibt Innovationen voran und fördert neue Ideen.

· Elektromobilität vorantreiben: Tesla hat den Elektromobilitätsmarkt mit seinen innovativen Elektrofahrzeugen revolutioniert. Deutsche Unternehmen sollten ihre Anstrengungen in der Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen verstärken, um im globalen Wettbewerb wettbewerbsfähig zu bleiben.

· Digitale Technologien nutzen: Die amerikanische Automobilindustrie hat sich stark auf digitale Technologien und Konnektivität konzentriert. Deutsche Unternehmen sollten digitale Lösungen in ihre Fahrzeuge integrieren und datenbasierte Services anbieten, um die Kundenbindung zu stärken und neue Geschäftsfelder zu erschließen.

· Flexibilität und Agilität: Amerikanische Unternehmen sind oft schneller und agiler in der Umsetzung neuer Projekte und Ideen. Deutsche Unternehmen sollten ihre Entscheidungsprozesse optimieren, bürokratische Hürden abbauen und eine flexiblere Organisationsstruktur schaffen, um auf Veränderungen im Markt schnell reagieren zu können.

· Partnerschaften und Kooperationen: In den USA arbeiten viele Unternehmen in der Automobilbranche in Partnerschaften und Kooperationen zusammen, um gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Deutsche Unternehmen sollten vermehrt auf solche Zusammenarbeit setzen, um von den Stärken anderer Akteure zu profitieren und Synergien zu schaffen.

· Kundenorientierung: Tesla hat mit seinem direkten Vertriebsmodell und exzellentem Kundenservice eine starke Kundenbindung aufgebaut. Deutsche Unternehmen sollten ihre Kunden verstärkt in den Mittelpunkt stellen, ihre Bedürfnisse besser verstehen und kundenorientierte Lösungen entwickeln.

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Modularer E-Antriebs-Baukasten (MEB) im Showcar ID. BUZZ von VW. Grafik:Volkswagen


Eines Ihrer Schwerpunkt-Themen ist die sogenannte Plattformökonomie, die Sie immer wieder in Zusammenhang mit der Transformation in der Automotive-Branche nennen. Keep it simple – und erklären Sie uns, was sich dahinter verbirgt.

Die Plattformökonomie ist ein Geschäftsmodell, bei dem Unternehmen eine gemeinsame technologische Grundlage oder Plattform schaffen, die es verschiedenen Anbietern ermöglicht, ihre Produkte oder Dienstleistungen anzubieten.

Ein Beispiel dazu wäre…

… Dell, ein Unternehmen, das Personal Computer herstellt und verkauft. Bei Dell basiert die Plattformökonomie auf der Verwendung standardisierter Komponenten in ihren PCs. Diese Komponenten, etwa Prozessoren, Speicher und Festplatten, können von verschiedenen Zulieferern bezogen werden. Dell selbst konzentriert sich auf das Design der Plattform und auf die Integration der Komponenten, um eine breite Palette von PC-Modellen anzubieten, die den individuellen Bedürfnissen der Kunden gerecht werden.

Wie übertragen Sie das auf die Automotive-Branche?

Die Übertragung der Plattformökonomie auf die Automobilindustrie erfolgt auf ähnliche Weise. Hier könnten standardisierte Komponenten und Module, etwa Batterien, Motoren, Sensoren und Software, von verschiedenen Lieferanten bereitgestellt werden. Automobilhersteller würden sich dann auf das Design und die Montage der Fahrzeuge konzentrieren, wobei sie die Plattform nutzen, um eine Vielzahl von Fahrzeugmodellen zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen.

Durch die Plattformökonomie in der Automobilindustrie könnten Automobilhersteller ihre Produktentwicklung beschleunigen und flexibler auf sich ändernde Kundenbedürfnisse reagieren. 

Und welche Rolle nehmen dabei die Zulieferer ein?

Zulieferer könnten mit der Herstellung von standardisierten Komponenten ihre Produktion und ihre Skaleneffekte optimieren. Das führt zu Kosteneinsparungen und zu einer effizienteren Lieferkette.

Die Plattformökonomie hat das Potenzial, die Automobilindustrie vollständig zu transformieren und neue Geschäftsmöglichkeiten zu schaffen. Es wird zu einer erhöhten Innovationsgeschwindigkeit, zu einer besseren Nutzung von Ressourcen und zu einer verbesserten Kundenorientierung führen.

©Video: GerdLache/DorisLöffler


Welche Lösungsansätze sehen Sie für die kleinen und mittleren Automotive-Unternehmen der Region Nordschwarzwald? Wie können diese KMU die Herausforderungen der Transformation bestehen?

Für kleine und mittlere Automotive-Zulieferer in der Region gibt es einige Lösungsansätze, um die Herausforderungen der Transformation erfolgreich anzugehen:

· Diversifizierung des Produktportfolios: Zulieferer sollten ihre Abhängigkeit von traditionellen Komponenten reduzieren und ihr Produktportfolio diversifizieren. Die Integration von Technologien für Elektromobilität, autonomes Fahren und digitale Lösungen kann neue Geschäftsfelder erschließen.

· Kooperationen und Netzwerke: Kleine und mittlere Zulieferer können durch Kooperationen und Netzwerke ihre Innovationskraft stärken und Ressourcen bündeln. Gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie der Austausch von Know-how können die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

· Investitionen in Forschung und Entwicklung: Um zukunftsfähige Produkte zu entwickeln, ist eine verstärkte Investition in Forschung und Entwicklung unerlässlich. Zulieferer sollten dabei auf neue Technologien und Trends setzen, um innovative Lösungen für die Mobilität der Zukunft zu schaffen.

· Qualifizierung der Mitarbeiter: Die Transformation erfordert neue Kompetenzen und Fähigkeiten. Durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen können die Beschäftigten auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet werden.

· Agilität und Flexibilität: Kleine und mittlere Zulieferer sollten ihre Organisation und Prozesse agiler und flexibler gestalten, um schnell auf Veränderungen im Markt reagieren zu können. Die Bereitschaft zur Anpassung und Innovation ist entscheidend.

· Kundenorientierung und Service: Zulieferer sollten ihre Kunden verstärkt in den Mittelpunkt stellen und maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Ein exzellenter Kundenservice und enge Zusammenarbeit mit den Kunden können die Kundenbindung stärken.

· Internationale Ausrichtung: Die Erschließung internationaler Märkte bietet Chancen für Wachstum und Diversifikation. Kleine und mittlere Zulieferer sollten ihre Geschäftstätigkeit auch auf ausländische Märkte ausweiten.

· Fördermittel und Unterstützung nutzen: Es gibt verschiedene Förderprogramme und Unterstützungsangebote von Regierungen und Institutionen, die kleine und mittlere Zulieferer bei ihrer Transformation unterstützen können. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden.

Vielen Dank, Herr Professor Kölmel. In der vierten und letzten Folge unserer Interview-Serie möchten wir von Ihnen wissen, wie ein Prozess abläuft, wenn Sie in die Unternehmen Ihrer Region Norschwarzwald gehen und dort im Rahmen des Transformationsnetzwerks TraFoNetz kostenfreien Support leisten. Und abschließend werden wir Sie um ein Fazit bitten.

Gerne. So viel als Spoiler für Folge Nummer vier: Der Nordschwarzwald hat die einmalige Chance, die Zukunft zu gestalten. Wir vom TraFoNetz-Kompetenz-Team unterstützen Unternehmen und Beschäftigte unter anderem mit In-house-Analysen und pragmatischen Anwendungen. Formlos per E-Mail mit uns Kontakt aufnehmen für ein unverbindliches Erstgespräch. Die Adresse lautet info@trafonetz.de

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Kontrastreiche Eindrücke in Tesla-Land: Neben E-Autos auch spritfressende Monster auf den Straßen. Foto: BernhardKölmel/Composing:GerdLache



Professor Dr. Bernhard Kölmel ist ein Wissenschaftler und (Corporate Entrepreneur) mit umfangreicher Erfahrung in den Bereichen Innovationsmanagement, Technologietransfer und strategisches Management. Als Professor lehrt er Global Process Management an der Hochschule Pforzheim und Strategic Technology Management an der International School of Management in Paris und New York. Mit seiner Expertise unterstützt er Unternehmen dabei, Zukunftspotenziale zu erkennen, Innovationsstrategien zu entwickeln und erfolgreich in die Transformation zu gehen. In der Wirtschaft bringt er seine Fachkenntnisse in der praxisnahen Forschung und Technologieentwicklung ein.

Geboren 1968 in Karlsruhe, verheiratet, 3 Kinder. Seine Hobbies sind: Genießen (Reisen, Essen, Trinken, Kochen) und Freundschaften pflegen. Er sagt:“Ich habe noch alle Freunde aus dem Kindergarten.“


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Erstkontakt für ein unverbindliches Informationsgespräch mit dem TraFoNetz-Team: info@trafonetz.de

TraFoNetz, das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald, ist die größte Gemeinschaftsinitiative im Nordschwarzwald zur Unterstützung der regionalen Automotive-Unternehmen bei der Transformation vom fossilen Verbrenner zu alternativen Technologien. Insbesondere kleine und mittlere Zulieferbetriebe aus dem Nordschwarzwald erhalten vom TraFoNetz-Kompetenz-Team kostenfrei Support. Gefördert wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium. Konsortialführer des Projekts ist die Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald. Weitere Partner sind die Hochschule Pforzheim, die Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim sowie die AgenturQ, eine gemeinschaftliche Einrichtung von IG Metall und Südwestmetall. Außerdem dabei sind unter anderem die Senioren der Wirtschaft, die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald und die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen.

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