4. Innovation braucht (Frei-)Raum
"Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat." - [Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799]
Kreative Denkarbeit hatte in der Zeit von Lichtenberg sicher einen anderen Stellenwert als heute aber auch er adressiert bereits "Zeit" als wichtige Ressource. In Unternehmen ist es heute wichtiger denn je über die Zukunft nachzudenken und sich mit Ideenentwicklung, Ideenauswahl und deren Umsetzung zu beschäftigen.
Die Realität zeigt, dass der Arbeitsalltag wenig Spielraum für Zukunftsprojekte lässt. Das beginnt bei ganz banalen Themen wie z.B. der Frage, wo Mitarbeiter ihre Zeit verbuchen können, wenn sie an Verbesserungen oder Zukunftsideen arbeiten? Einige Unternehmen haben bereits erkannt, dass es wichtig ist, zeitliche Freiräume für Kreativität und Innovation zu schaffen. Von wenigen Stunden pro Woche bis zu 10% der Arbeitszeit (in wenigen Fällen bis zu 20%) sind unterschiedliche Regelungen zu beobachten.
Problemlösen erfordert die Fähigkeit, sich vom Problem zu lösen und neue Wege zu gehen. Vorschläge für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) werden meist im unmittelbaren Arbeitsumfeld in der Firma kreiert und damit Probleme gelöst. Bei "disruptiven Innovationen" ist es deutlich schwieriger aus den gewohnten Bahnen auszubrechen und die erforderliche Innovationsenergie aufzubringen. Daher entstehen diese oft bahnbrechenden oder sogar zerstörenden Ideen ganz selten im Unternehmen. Der Hebel dieser Innovationen für zukünftige Erträge ist aber für viele Branchen wichtiger den je und adressiert immer öfter auch digitale Tools und Plattformen, um Geschäftsmodellinnovationen zu produzieren.
Unternehmen sind gebaut um stabil zu sein und Output zu generieren. Die "erforderliche Instabilität und Neuordnung" für Innovationen ist daher inhouse eine große Hürde. Es ist immer öfter zu beobachten, dass bahnbrechende Innovationen einer Branche gar nicht im Unternehmen entstehen und immer öfter auch gar nicht in der betroffenen Branche! Tesla hat z.B. als "Newcomer" die Trends in der Elektromobilität gesetzt, ohne zuvor jemals ein Auto gebaut zu haben. Damit fallen viele Einschränkungen von Beginn an weg und der enorme Freiraum ermöglicht Innovationssprünge, die Brancheninsider schwer schaffen.
Was kann man nun tun damit die Innovationskraft in Unternehmen ansteigt?
Immer mehr große Unternehmen haben zur Kenntnis genommen, dass sie für eine hohe Innovationsintensität zu träge und zu langsam sind. Sie versuchen durch die Beobachtung oder Scouting von Startups frühzeitig Zugriff auf externe Innovationen zu bekommen. Wenn die Mergers & Acquisitions Abteilung (M&A) damit beschäftigt wird, ist Vorsicht geboten: Wenn man Gründern bzw. einem Startup zu früh die Mehrheitsanteile abkauft, kann das der frühe Tod eines "jungen Pflänzchens" sein.
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Es ist auf jeden Fall zu empfehlen, das auch größere Unternehmen die interne Innovationsfähigkeit stetig weiterentwickeln. Trainings, Methoden und Tools helfen die Kompetenzen dafür zu steigern. Wenn die "große Innovation" in Form eines Startups oder Erfinders vor der Tür steht, gibt es ansonsten keine ausreichende Aufnahme- und Nutzungsfähigkeit für diesen externen Innovationsimpuls. Manche Unternehmen lösen den fehlenden Freiraum in den Routineprozessen durch organisatorische Maßnahmen: Sie bauen eigene "Inkubationszentren" an der Schnittstelle zwischen intern und extern, die sich nicht an starre Regeln halten müssen und durch diese größeren Freiräume eine höhere Innovationskraft entfalten können.
Fazit: Kreative Prozesse werden freigesetzt, wenn man seine Gedanken ungehindert schweifen lassen kann, das braucht Freiraum und vor allem Zeit. Eine kreative Arbeitsumgebung fördert die Innovationskraft und über Innovationen letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Unternehmen implementieren können, um Innovationen durch (mehr) Freiräume zu fördern:
Wieviel Freiraum besteht in deinem Unternehmen für Ideenentwicklung und Innovation? Gibt es eine eigene Infrastruktur, wie z.B. digitale und physische Räume zur Förderung kreativer Arbeit? Wie schaut es mit deinem persönlichen kreativen Freiraum für Zukunftsprojekte aus und wo ist der beste Ort dafür?
Ich freue mich wie immer auf Feedback & Diskussion und wünsche noch einen erholsam-kreativen Sonntag!
Reinhard Willfort, Innovationsdoktor, www.willfort.at