55 Geschäftsmodelle – Welche Konzepte sind durch die Digitalisierung am vielversprechendsten.
Je nach zählweise gibt es in Deutschland zwischen 3.1 - 3.5 Millionen Unternehmen (Stand Ende 2018). Jedes Unternehmen ist einzigartig, exklusiv, hat seine eigene Zielkunden und setzt sich von anderen in eindrucksvoller Art und Weise ab. Besonders Neugründungen / Startups mit scheinbar ausgefallen und disruptiven Geschäftsmodellen und -ideen machen immer häufiger von sich reden. Die Anzahl der in Deutschland registrierten Unternehmen ist in den zurückliegenden 16 Jahren um rund 1 Million angestiegen. Allein in 2018 wurden knapp 270.000 Unternehmen neu gegründet. Zur Wahrheit gehört auch, dass im gleichen Jahr über 290.000 Unternehmen liquidiert wurden und somit im Saldo 20.000 rechtlichen Einheiten weniger auf dem deutschen Markt vertreten waren. Unternehmen verlassen den Markt, aufgrund fehlender Liquidität, fehlender Nachfolger, aufgrund von Fusionen und Übernahmen oder einfach, weil sicher das Geschäftsmodel im Laufe der Jahre überholt hat.
Erstaunlich ist, dass die 3.5 Millionen Unternehmen in Deutschland in lediglich 21 Branchen zugeordnet werden können.
In Zahlen betrachtet sehen der adressierbare Markt und Verteilung der Branchen verhältnismäßig übersichtlichen aus und geben wenig Raum für Kreativität. Im globalen Marktgeschehen entbricht der Wettbewerb der Marktwirtschaft und des Kapitalismus. Nicht mehr jedes Unternehmen in einer globalen, digitalisierten Welt ist einzigartig, exklusiv und hat seine eignen Zielkunden. Unternehmen agieren nicht mehr in geschützten Märkten.
Früher Produkte und Branchen, heute Geschäftsmodelle
Trotzdem behauptet so manches etablierte Unternehmen und Hidden Champions den Markt zu beherrschen oder zu mindestens den Bedarf in einmaliger Art und Weise zu bedienen. Mit dem richtigen Know-How, einer einmaligen Ingenieurskunst, skalierbaren Patenten oder dem richtigen Innovationswillen ist das durchaus möglich. Doch in der Mehrzahl gilt heute, was früher Produkt, Patent oder Branchen Know-How war, ist heute das richtige Geschäftsmodell. Das gilt umso mehr, je weitreichender die Digitalisierung voranschreitet.
Oder hätten sie vor 10 Jahren für 1 Kilo Kaffee über 80 Euro bezahlt. Hätten Sie geglaubt, dass über 10 Prozent der Weltbevölkerung einen Großteil Ihrer persönlichen Informationen freiwillig auf einer Internetplattform öffentlich verfügbar machen. Dass die weltweite Telefonie nahezu kostenfrei wird, ein Flugticket nur wenige Euro kostet oder der Preis einer Taxifahrt durch die aktuelle Nachfrage bestimmt wird?
Dabei gilt mehr denn je, dass die Fähigkeit, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, in der heutigen Zeit eine Kernvoraussetzung für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist. Es gilt gleichzeitig, dass nicht alle Geschäftsmodelle eine gleichgute Prognose in der fortschreitenden Digitalisierung haben. Vergleicht man exemplarisch ein paar Geschäftsmodelle miteinander, erkennt man schnell das Netflix über sein Flatrate-Modell, Car2Go mit seinem aufgebauten Self-Service-Modell oder AirBnB über das Peer-to-Peer-Modell im digitalen Vorteil zum Dualen System Deutschland mit dem Trash-to-cash-Modell, Dell mit dem Cash Machine-Modell oder Ford mit dem Integrator-Modell sind.
Das Prinzip Geschäftsmodell
Auch wenn man glaubt, dass gefühlt jeden Tag neue Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen auf dem Markt erscheinen, um den Markt disruptiv zu erobern, so sind doch 90 Prozent aller neuen Geschäftsmodelle nicht wirklich neu. Sie basieren auf 55 bestehenden Mustern. Kreatives imitieren von Geschäftsmodellen aus anderen Branchen befähigt Unternehmen, in der eigenen Branche Innovationsführer zu werden. Wichtig ist hierbei das Prinzip „Kapieren geht vor Kopieren“.
Das Vorgehen klingt trivial. Vier Antworten auf vier Fragen und die Konkretisierungen der Kundensegmente, des Nutzerversprechens, der Wertschöpfungskette und der Ertragsmechanik machen das Geschäftsmodell konkret und fassbar. Behält man bei der Konkretisierung der Fragestellungen die Möglichkeiten der digitalen Welt im Hinterkopf, bekommt man schon in der Designphase und vor der ersten Iterationsstufe langlebige, vielversprechende Ergebnisse.
Die Geschäftsmodellmuster Subscription, Self-Service, Pay-per-User, License, Freemium, Flatrate oder Add-On sind nur eine kleine Auswahl an bekannten Mustern die erfolgversprechend und langlebig in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung erscheinen.
Das Internet als Grundlage der Digitalisierung vorausgesetzt, darauf abbauende Cloud-Anwendungen und weiteren IT- Entwicklungen hervorgehoben, erkennt man neun nennenswerte Trends, die sich Unternehmen gleich welcher Branche näher betrachten können. So können Social Media, Sharing Communities, Freemium und Add-Ons, digital aufgewertete Produkte, Sensor as a Service, Integration digitaler und realer Erlebnisse, Big Data Anwendungen, Gamification, digitale Identifizierung und digitale Plattformen bei der eigenen Geschäftsmodell Entwicklung in Frage kommen.
Kreative Imitation und Kombination
Beabsichtigen Unternehmen Ihr Geschäftsmodell neu zu ordnen, so muss die Entwicklung nicht von Grund auf neu erfolgen. Wie schon zuvor dargestellt sind der allergrößte Teil der Geschäftsmodelle nicht wirklich neu, sondern werden kreativ imitiert, auf die jeweilige Branche und die dahinter liegende dominante Branchenlogik angepasst oder kombiniert. Gillette hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das Geschäftsmodell der Standard Oil Company aus 1880 übernommen und damit dem zugrundeliegenden Modell in seinem Namen geprägt, „Razor and Blade“. Kreative Imitation auf eine andere Branche und ein anderes Produkt wird zum Erfolgsmodell.
Mit einer kreativen Imitation und Kombination aus weiteren Geschäftsmodellmustern hat sich in den späten 1980 das Unternehmen Nestlé mit der Marke Nespresso ein Erfolgsmodell erarbeitet. Nestlé nutzt „Razor and Blade“ als Grundmuster und kombiniert es mit den Mustern „Lock-In“ und „Direct Selling“. Ein Erfolg, der für sich spricht und in 2010 mit dem Grundmuster des „E-Commerce“ ergänzt.
Als anwendbare Beispiele für weitere vergleichbare, erfolgreiche Kombination im Digitalen Umfeld können folgende Unternehmen genutzt werden:
- Spotify mit den Kombinationen aus „Freemium“, „Subscription“ und „Hidden Revenue“
- Groupon mit den Kombinationen aus „Two-Sided Market“, „Cash Machine“ und „Revenue Sharing“
- Car2Go mit den Kombinationen aus „Self-Service“, „Rent Instead of Buy“ und „Pay per Use“
Es gibt eine Vielzahl von Geschäftsmodellen die Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung zukunftsfähig machen. Kreative Imitation und mutige Kombination von bekannten Mustern, gepaart mit Willen die dominante Branchenlogik zu erfassen, ermöglichen das scheinbar Unmögliche.
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4 JahreSehr interessantes Thema !!! 👍🏼