6 Blockaden - 6 Lösungen aus der Praxis: Wie Sie die digitale Transformation treiben - Teil 1/2
Wenn ein digitaler Transformationsprozess ins Stocken kommt, gibt es dafür unterschiedlichste Gründe. Wer die Blockaden erfolgreich auflösen, oder gar im Vorfeld vermeiden will, muss nicht nur die Technologie verstehen, sondern auch die Menschen.
Von Richard Hübner & Markus Heingärtner
In der Regel unterscheidet sich eine digitale Transformation wesentlich von einem klassischen Veränderungsprozess. Sie ist umfassender und soll meist auch schneller zum gewünschten Ergebnis führen. Unterschiedliche Treiber treffen aus allen Richtungen aufeinander: Neue, komplexe Technologien, neue Kundenerwartungen und der gesellschaftliche Wandel insgesamt spielen eine wesentliche Rolle.
Führungskräfte, Projektleitende und Beratende, die für einen erfolgreichen Transformationsprozess verantwortlich zeichnen, benötigen eine besondere Kompetenz im Erkennen, im Lösen und im Nutzen möglicher Widerstände. Für diesen Artikel haben wir Ihnen tatsächlich erlebte Blockaden, aber auch bewährte Lösungen zusammengestellt.
1.Das bringt alles nichts!
Verstehen Menschen das „Warum“ nicht ausreichend, werden sie leicht bockig und zu übermäßiger Skepsis verleitet. Sie vermuten schnell, dass sie übervorteilt werden oder wittern dunkle Machenschaften hinter einer notwendigen Veränderung. Ein Beispiel aus der Praxis: Das papierbasierende Antragssystem einer Verwaltungsorganisation für ein Kundenprodukt soll auf eine Online-Lösung umgestellt werden. Im Lauf des Prozesses entwickelt sich ein tiefer Konflikt zwischen der inhaltlich verantwortlichen Abteilungsleiterin für den Kundenservice, dem IT-Verantwortlichen und dem externen IT-Partner. Der Geschäftsführer ist über Monate gefordert dieses Minenfeld zu entschärfen und die Projektbeteiligten in Bewegung zu halten. Der Konflikt vertieft sich, sodass eine externe Beratung das Projekt auf neue Beine stellen soll.
Bei der ersten Betrachtung wird klar, dass die Blockade bereits von einer sachlichen auf eine persönliche Ebene gewechselt hat. Wie ist das passiert? Der Impuls zur Online-Umstellung geht vom IT Leiter aus. Obwohl die Digitalisierung grundsätzlich als richtige und wichtige Lösung in der Organisation angenommen wird, bleibt das „Warum“ für die betroffenen Abteilungen unklar. Als Folge unterstellen diese dem IT-Leiter Naheverhältnis und Bevorteilung der eingebundenen IT-Firma. Im Gegenzug werden alle, die Fragen zum Nutzen der Umstellung äußern, als Verhindernde bezeichnet.
Lösung Nutzenanalyse
Diese erheblichen Konflikte müssen zuerst aufgelöst werden. Eine gemeinsame Nutzenanalyse aus Sicht der wesentlichen Stakeholder versachlicht die Situation und zeigt, welche Verbesserungen für die KundInnen entstehen und welche Einsparungspotentiale für die Organisation selbst in der Umstellung stecken. So wird sichtbar gemacht, was das Projekt überhaupt bringt.
Bei jedem digitalen Transformationsprozess können Unklarheiten, Unsicherheiten und Ängste wahre Innovationshemmnisse bilden können. Die gute Nachricht: Jede Blockade ist Teil der Lösung und kann gelöst werden.
2. Das ist ja wohl klar!
Einer der beliebtesten Fehler überhaupt. Die Vorteile der Umstellung für KundInnen und für die eigene Organisation wird zu Projektbeginn als „klar“ und „selbstverständlich“ angenommen und nicht thematisiert. Es bleibt unberücksichtigt, dass viele Ängste bei den Betroffenen ausgelöst werden können. Die Gründe dafür_sind mögliche tiefgreifende Veränderungen der Aufgaben selbst, neue Sozialgefüge innerhalb wie außerhalb der Organisation oder neue, noch zu erwerbenden IT-Fähigkeiten. Eine Analyse zeigt, wie berechtigt die Vermutungen tatsächlich sind. Sie illustriert, dass für die Abteilung selbst der Nutzen aus der Umstellung am geringsten ist, während der Aufwand am höchsten ist. Um dieses Problem zu lösen muss an der Struktur der Abteilung selbst gearbeitet werden.
Lösung Product Owner
Der Abteilungsleiterin wird ein junger, IT-affiner Assistent zur Seite gestellt, der jetzt die Rolle des Product Owners im Projekt übernimmt. Eine seiner Aufgaben als Produktverantwortlicher ist es, regelmäßig Rücksprache mit allen Stakeholdern zu führen und die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen. Seine Gewichtung der unterschiedlichen Interessen und Anforderungen bringt das Projekt wunschgemäß weiter. Weiters werden gemeinsam mit der Abteilungsleitung die künftigen Aufgaben und Anforderungen der Abteilung geschärft. Im Zuge der Entwicklung zeigt sich eine ausgeprägte IT-Lastigkeit für die Leitungsfunktion und der Bedarf an entsprechendem Coaching für die Leiterin.
3. Ich versteh das alles nicht!
Unruhe wird oft dadurch ausgelöst, dass Menschen unzureichende Informationen über den Gesamtprozess oder einzelne Veränderungen bekommen. Transparenz sorgt dafür, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt und immer weiß was warum und wann passiert. Zusätzlich wird damit auch deutlich, wer woran teilnimmt und worüber entschieden wird. Nehmen wir wieder unseren Papierantrag der künftig online abgewickelt wird. Obwohl die Umstellung primär IT und Fachabteilung betreffen, erfährt die Buchhaltung via Flurfunk von einer geplanten Änderung der Zahlung von Erlagschein auf SEPA-Überweisung. Ungesteuerte Informationen ziehen immer weitere Kreise. Und plötzlich bekommt eine unvorbereitete Marketing-Abteilung Anfragen von irritierten Netzwerkpartnern, die bisher die Papieranträge übernommen haben und sich jetzt Aufklärung wünschen. Damit sich nicht alle in Details verlieren, braucht es eine gelungene Change-Story.
Lösung Change Story
Als wirksamstes Instrument für eine stringente Kommunikation schafft sie auf emotionale Weise Verständnis für Veränderung. Die wesentlichen Elemente werden mit allen leitenden MitarbeiterInnen diskutiert. Als Ergebnis entsteht das gemeinsame Zukunftsbild mit Online-Schwerpunkt, einem der Erfolgsfaktoren für den Prozess. Aus diesem „Big Picture“ leiten sich die Auswirkungen auf die Organisation und die relevanten Änderungen für alle Abteilungen ab. Der Projektplan wird damit verständlich und greifbar. Und auf Herausforderungen kann besser reagiert werden. So werden die Vorbehalte der Buchhaltungsabteilung gegenüber der geplanten SEPA-Zahlung berücksichtigt und der Prozess entsprechend adaptiert. Für die externen Partner wird klar, dass sich der nötige Beitrag auf ein Minimum beschränkt und den Administrationsaufwand erheblich reduziert.
Sie fühlen sich mit den oben genannten Beispielen an Situationen aus Ihrem Alltag erinnert? Wir von ICG erläutern Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch, wie Sie Hindernisse bewältigen können. Den gesamten Artikel und weitere Informationen wie eine digitale Transformation gelingt finden Sie hier: https://www.integratedconsulting.at/insights/