Also doch: Mietminderung während pandemiebedingter Schließung rechtens
Das Landgericht München hat einer Einzelhändlerin eine Mietminderung aufgrund der öffentlichen Betriebsschließungen und der anschließend angeordneten beschränkten Nutzbarkeit der Verkaufsflächen auf 800 Quadratmetern zugesprochen.
Damit ergeht – soweit ersichtlich – das erste Urteil zugunsten eines Mieters, der Mietminderung geltend macht. Zuletzt hatten bereits die Landgerichte Heidelberg, Zweibrücken und Frankfurt zur Frage, ob aufgrund von pandemiebedingten Schließung Miete voll zu entrichten sei, entschieden. Alle drei Gerichte hatten dem Vermieter den vollen Mietpreiszahlungsanspruch zugesprochen.
Auch wenn alle Urteile Stellung zu denselben Rechtsproblemen nehmen, unterschieden sich die ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte. Stellung nahmen die Gerichte zu folgenden drei zentralen Umständen:
Betriebsuntersagungen als Mietmangel
Tritt ein wesentlicher und tauglichkeitsmindernder Mangel während der Gebrauchsüberlassung der Mietsache auf, so ist nach § 536 Abs. 1 S. 1 BGB die Miete gesetzlich gemindert.
Umstritten ist, ob in der Schließungsanordnung ein Mietmangel zu sehen ist. Die Landgerichte Heidelberg, Zweibrücken und Frankfurt lehnen dies ab. So sei ein Mietmangel nur anzunehmen, wenn die konkrete Beschaffenheit der Mietsache gestört sei. Ein pandemiebedingtes Betriebsverbot würde allerdings die Nutzungsart der Mietsache betreffen. Dies wiederum fiele in den ausschließlichen Risikobereich des Mieters. Ein Mietmangel sei daher abzulehnen.
Das Landgericht München hat in seiner Entscheidung einen Mangel mit Verweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts jedoch angenommen. Es sei allgemein anerkannt, „dass öffentlich-rechtliche Beschränkungen als rechtliche Verhältnisse einen Mangel darstellen können, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankommt und die Beschränkung grundsätzlich bestehen muss“.
Hier wirkt sich der Unterschied des Sachverhalts aus, über den das Landgericht München zu entscheiden hatte.
Während die Parteien in den vorherigen Entscheidungen keine konkreten Mietzwecke vereinbart hatten, hatte die Einzelhändlerin mit ihrem Vermieter den Zweck des Betriebs zur Nutzung als Möbelgeschäft vereinbart. Damit träfe die „behördliche Einschränkung die vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit der Mietsache selbst.“ Die Betriebsuntersagung fiele daher nicht ausschließlich in den Risikobereich der Mieterin. Ein Mietmangel sei anzunehmen.
Unmöglichkeit
Während die Landgerichte Heidelberg, Zweibrücken und Frankfurt Unmöglichkeit ablehnten, weil den Vermieter lediglich die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung träfe und diese nicht betroffen sei, nahm das Landgericht München hierzu keine Stellung.
Störung der Geschäftsgrundlage
Die Landgerichte Heidelberg, Zweibrücken und Frankfurt verneinten in ihren Urteilen die Vertragsanpassung bzw. Mietminderung aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar sei anzunehmen, dass die Geschäftsgrundlage gestört sei, weil die Parteien bei Vertragsschluss davon ausgingen, dass keine Pandemie auftreten würde, allerdings seien bloße Umsatzrückgänge des Mieters nicht ausreichend um die Unzumutbarkeit des Festhaltens am ursprünglichen Vertrag zu begründen. Dies sei erst dann der Fall, wenn der Umsatzeinbruch existenzbedrohend sei.
Auch hier urteilte das Landgericht München anders. Obwohl Mängelhaftungsregelungen vorrangig anzuwenden seien, sei der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 S. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass die Miete zu kürzen sei, weil „die Parteien die Folgen einer eintretenden Coronapandemie und Infektionsschutzmaßnahmen durch den Staat offenkundig nicht bedacht haben und so den Vertrag kaum geschlossen hätten.“