Baby Steps oder Leapfrogging - was ist die richtige Strategie für die digitale Transformation von klassischen Kreativ- oder Mediaagenturen?
Seit mehr als 20 Jahren arbeiten sogenannte klassische Agenturen sowohl im Kreativ- als auch im Media-Bereich daran, nutzbringend oder wenigstens einigermaßen schadenfrei in der digitalen Welt anzukommen. Viel ist seitdem geschehen - auch wenn hier und da erstmal versucht wurde, das Thema auszusitzen und sich der zunehmenden Beschleunigung der Entwicklung einfach nicht auszusetzen. Seitdem haben vor allem die meisten Networks bzw. Holdings getan, was aus ihrer Perspektive schon immer erfolgreich war: Sie haben abgewartet, bis die Objekte der Begierde genug kritische Masse hatten und haben sie sich dann einverleibt. Die Argumente Internationalisierung und Geld haben dabei weiter ganz leidlich funktioniert - auch wenn dann anschließend dieses lästige Thema mit der Integration nicht immer ganz so gut lief.
So können viele Network-Agenturen heute nach etlichen "Baby Steps" (und auch großvolumige Akquisitionen können strategische Baby Steps sein) mehr oder weniger überzeugend jede Menge digitale Fähigkeiten vorweisen: Die Media-Agenturen haben selbstverständlich Performance und Programmatic im Angebot und den Creativ-Agenturen sind digitale Arme gewachsen, sie können auch Content, Social oder Data "mitdenken" und anbieten.
Ob das ausreicht, um gegen die neue Konkurrenz der Unternehmensberater (schon mit oder noch ohne creatives Angebot) "anzustinken", wird sich alsbald herausgestellt haben. Accenture Interactive kauft gestern Droga5 in den USA und heute Shackleton in Spanien und wird wohl bald endgültig ein glokales Network inklusive mediastrategischer und creativer Fähigkeiten sein - und dann schauen wir mal, wer beim werbetreibenden Kunden strategisch, planerisch und creativ überzeugender ist und den Vertrauenswettbewerb für sich entscheidet. Vielleicht stellt sich dann heraus, dass bei einigen die Baby Steps der letzten Jahre im Verbund mit dem Beharrungsvermögen, das großen und erfolgreichen Organisationen nunmal oft zu eigen ist, doch nicht zukunftssichernd genug waren...
Wie sieht es aber bei all den anderen Playern aus, die zu keinem der großen Netzwerke gehören? Hier kamen zu allen anderen Herausforderungen noch das Risikomanagement und die Anforderungen an die Finanzkraft hinzu: Natürlich stellen große Investments in neue Geschäftsbereiche oder Akquisitionen für inhabergeführte Unternehmen schneller ein "Klumpenrisiko" dar, das Portfolio ist kleiner und die Chance zur Risikostreuung geringer. Und wenn sich die Eigentümer dennoch für das Eingehen des Risikos entscheiden, dann muss immer auch noch die Finanzierung gestemmt werden - und selbst wenn Networks nicht immer gemocht werden, die finanziellen Möglichkeiten hätte manche(r) dann doch schon ganz gerne.
Also ist es mit der Reise in die digitale Welt bei den inhabergeführten Kreativ- und Mediaagenturen nicht immer, aber oft (noch) etwas langsamer vorangegangen, aber inzwischen wird es ernst. Wenn der Teil der Kundenbudgets, der zu Google, Facebook und Amazon und ins Digitale insgesamt geht, immer größer wird (ohne dass die Budgets in Summe in gleichem Ausmaß wachsen), dann wird folgerichtig der Offline-Anteil immer kleiner. Und mit ihm schrumpft potenziell die Relevanz derer, die digital nicht (oder nicht ernsthaft genug) liefern können.
Vielleicht ist dann hier und da die Zeit für strategisches Leapfrogging in der Digitalarena gekommen. Wenn Performance oder Programmatic bisher nicht ernsthaft in die Fähigkeiten der eigenen Mediaagentur eingebaut werden konnten oder die eigene Kreativagentur sich nach wie vor mit digitalem Content Marketing schwer tut, dann ist eine aus vielen Baby Steps bestehende Aufholjagd vielleicht nicht wirklich erfolgversprechend.
Unter Umständen lohnt es sich dann, sich dem Versuch gar nicht erst auszusetzen, das Geld und die Ressourcen zu sparen und sich gleich auf den Aufbau ernstzunehmender Fähigkeiten in Bereichen wie Data & Analytics, Outcome-Based Marketing, Voice oder Marketing-Automation zu fokussieren. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt - und bisweilen findet sich das Geschäftsmodell nach dem Leapfrogging weiter vorne im Wettbewerb wieder...
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