Bahnverbände sehen hohen Bedarf zur Streckenreaktivierung

Bahnverbände sehen hohen Bedarf zur Streckenreaktivierung

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene aktualisieren alle zwei Jahre ihre Vorschläge zur Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. In dem jetzt vorgelegten Bericht wurden weitere 74 Strecken mit einer Länge von 949 Kilometern hinzugefügt. Insgesamt umfasst die Liste der beiden Verbände damit deutschlandweit 325 Strecken mit fast 5.500 Kilometern Länge.

Die Broschüre zur Reaktivierung von Bahnstrecken ist bereits in der vierten Auflage erschienen. Der Zug in Richtung Reaktivierung habe inzwischen weiter Fahrt aufgenommen, betont VDV-Präsident Ingo Wortmann im Vorwort zum jüngsten Bericht. Nie in der Geschichte Deutschlands seien mehr Reaktivierungsprojekte ernsthaft verfolgt worden als heute. So seien für fast 200 Projekte in den letzten Jahren Machbarkeitsstudien durchgeführt worden, von denen mehr als drei Viertel ein positives Ergebnis hatten. 

Dem steht aber ein geringes Tempo bei der Umsetzung gegenüber. Nach einer Übersicht der Allianz pro Schiene wurden seit 1994 Strecken von etwa 1.300 Kilometer Länge für den täglichen Personenverkehr und/oder den Güterverkehr wieder in Betrieb genommen. In den vergangenen zwei Jahren wurden nur 21 Schienenkilometer wiederbelebt. 2024 könnten weitere 30 Kilometer hinzukommen.

Als wesentliches Hemmnis sieht VDV-Chef Wortmann die unzureichende Ausstattung der Länder mit Regionalisierungsmitteln. „Viele Aufgabenträger zögern mit dem Start bereits geprüfter und für sinnvoll befundener Projekte, da sie nicht wissen, ob ihre Mittel für eine nachhaltige Finanzierung der Verkehre ausreichen“, so Wortmann. 

Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, fordert mehr Engagement von Bund und Land, um die Reaktivierungsprojekte zu unterstützen. Durch die Umsetzung der Reaktivierungen könnten 379 Städte und Gemeinden mit fast vier Millionen Einwohnern wieder Zugang ans Schienennetz erhalten. In der Broschüre wird darauf verwiesen, dass auch 122 Mittelzentren in Deutschland, darunter 13 Kreisstädte, ohne Anschluss an das Bahnnetz seien. Für 72 dieser Zentren wird von den beiden Verbänden eine Wiederanbindung, für 13 weitere eine vertiefte Prüfung empfohlen. 

Zu den 75 Strecken, die neu in die Liste der Reaktiverungsprojekte aufgenommen wurde, gehört die 26 Kilometer lange Strecke zwischen Joachimsthal und Templin im Land Brandenburg. Hierfür hatte team red zusammen mit dem Büro Inros-Lackner im vergangenen Jahr eine Machbarkeitsstudie erstellt, die zu einem positiven Ergebnis kam. Die Reaktivierung der Strecke wird in der Übersicht von VDV und Allianz pro Schiene als dringlich bewertet, der Zeitaufwand zur Reaktivierung dabei als gering eingeschätzt.

Von den 325 Strecken, die reaktiviert werden sollen, liegen mit insgesamt 75 die meisten im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Es folgen Baden-Württemberg mit 45, Bayern mit 35 sowie Brandenburg und Niedersachsen mit jeweils 31 Strecken. Die Liste umfasst auch 15 grenzüberschreitende Verbindungen, davon jeweils vier, die in die Niederlande und Belgien führen, zwei nach Belgien und Tschechien sowie je eine in die Schweiz, nach Österreich und Polen. 

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