In Bewegung kommen – 
Innere Barrieren und Blockaden im Vertrieb Überwinden

In Bewegung kommen – Innere Barrieren und Blockaden im Vertrieb Überwinden

Verkäuferinnen und Verkäufer stoßen regelmäßig auf mentale Barrieren, die ihren Erfolg behindern können. In Zeiten von KI und Wirtschaftskrisen, in denen Kunden ihre Investitionsentscheidungen mit Vorsicht treffen, wird die Fähigkeit, sich anzupassen und Hindernisse zu überwinden, zu einem Wettbewerbsvorteil. Viele Unternehmen bieten ihren Teams Verkaufstrainings an, um die Toolbox der Verkaufswerkzeuge aufzufüllen. Aber helfen diese Werkzeuge?   

Mentale Barrieren  

Oft haben Vertriebsmitarbeitende schon viele Verkaufstrainings absolviert. Trotzdem kommt es vor, dass trotz gefüllter Toolbox keine Steigerung des Vertriebserfolgs eintritt. Woran liegt das? Vielleicht liegt es am Rollenverständnis und an den Überzeugungen über sich selbst, also an den sogenannten mentalen Barrieren. Bezeichne ich mich als „Berater/ Beraterin“ oder sehe ich mich als „Verkäufer/ Verkäuferin“? Rollen, die unterschiedliche Verhaltensweisen erfordern. Nur wenn diese mentalen Barrieren in einem Training oder Coaching erkannt, thematisiert und bearbeitet werden, bringen solche Maßnahmen den gewünschten Erfolg.  

Montagmorgen. Vor Kundenberater Kai Wiese liegen die Telefonnummern mehrerer Kunden, die er anrufen muss. Doch irgendetwas hindert ihn daran, zum Hörer zu greifen. Stattdessen beschäftigt er sich mit anderen Aufgaben, die weder wichtig noch dringend sind. Ähnlich geht es Key Account Managerin Julia Keck. Im Verkaufsgespräch spürt sie deutlich: Der Kunde ist "reif für den Abschluss". Doch irgendetwas hindert sie daran, das Vertragsformular zu zücken. Stattdessen vereinbart sie einen Folgetermin, obwohl sie weiß: "Wenn ich jetzt nicht zupacke, bekommt wahrscheinlich ein Konkurrent den Auftrag.  

Solche Situationen kennt fast jeder, der im Vertrieb tätig ist, sei es als Verkaufsleiterin oder als Vertriebsbeauftragter. Selbst „alte Hasen" stehen im Vertriebsalltag immer wieder vor mentalen Hürden. Mal liegt es daran, dass man in der letzten Nacht schlecht geschlafen hat, mal ärgert man sich über die Vertriebsleitung, mal ist man unsicher, ob das eigene Produkt wirklich die beste Problemlösung für den Kunden ist oder man macht sich Sorgen über die aktuellen wirtschaftlichen Veränderungen.   

Das ist kein Grund zur Panik. Denn jeder hat seine Höhen und Tiefen. Zudem haben die meisten Top-Verkäufer und Verkäuferinnen Techniken parat, um die sporadisch auftauchenden mentalen Barrieren  auftauchen, zu überwinden.  

In Bewegung kommen und mentale Barrieren erkennen  

 Anders sieht es aus, wenn Verkäuferinnen und Verkäufer regelmäßig auf dieselben Barrieren stoßen. Dann kann sich glücklich schätzen, wer sich dessen bewusst ist. Denn dann kann an den Barrieren gearbeitet werden. Oft stellt man im Kontakt mit Verkäufern aber fest: Sie stoßen immer wieder auf dieselben mentalen Barrieren, ohne es zu merken.  

Die Folge: Statt zum Beispiel ihre Berührungsängste zu überwinden, sagen sie: „Der Kunde fühlt sich belästigt, wenn ich ihn direkt anrufe und anspreche." Ein typisches Vermeidungsverhalten!  

Ein Grund, warum Menschen im Vertrieb oft jahrelang mit den gleichen Barrieren kämpfen, ist, dass unser Verhalten weitgehend von mentalen Programmen bestimmt wird. Sie laufen unbewusst in uns ab und erleichtern uns oft das Leben - auch im Beruf. Dazu ein Beispiel:   

  

Als wir Auto fahren lernten, haben wir das Kuppeln, Schalten und Blinken ganz bewusst gemacht. Wir waren so damit beschäftigt, diese Tätigkeiten auszuführen und zu koordinieren, dass wir in Panik gerieten, wenn plötzlich ein Hindernis auftauchte. Heute, nach einigen Jahren Übung, beherrschen wir das Autofahren wie im Schlaf. Das gibt uns die Freiheit, während der Fahrt unseren Gedanken nachzuhängen und uns auf die Überlandfahrten zu konzentrieren. 

 

Solche mentalen Programme haben wir zuhauf verinnerlicht. Und das ist gut so! Denn sie sorgen dafür, dass wir im Arbeitsalltag die nötige Routine an den Tag legen. Daran orientieren sich manchmal auch die Personalverantwortlichen: Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer müssen die für den professionellen Verkauf notwendigen Verhaltensmuster so lange trainieren, bis sie sie im Schlaf beherrschen. Also schicken sie ihre Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter immer wieder in Seminare, in denen zum Beispiel die Einwandbehandlung geübt wird. Doch irgendwann stellen die Verkaufsleiter und Personalverantwortlichen meist frustriert fest: "Trotzdem zeigen unsere Leute nicht das gewünschte Verhalten. Woran liegt das?"  In den Seminaren wurde nicht an den mentalen Barrieren gearbeitet, auf die Verkäuferinnen und Verkäufer im Alltag immer wieder stoßen. Deshalb gelingt der Praxistransfer nicht. Die Sätze „Das Training war gut, vieles davon habe ich schon mal gehört, aber in der Praxis sieht es dann doch ganz anders aus“ oder „Man nimmt immer etwas mit!“ kennen wir alle aus Seminaren. 

In Bewegung bleiben: Barrieren überwinden  

 Analysiert man den Verkaufsprozess, so stößt man auf viele angstbesetzte Barrieren, mit denen Menschen im Verkauf häufig zu kämpfen haben. Einige davon seien hier genannt:   

  

  • Aktiv auf Kunden zugehen,  
  • fremde Menschen nach ihren Bedürfnissen fragen   
  • nach dem Abschluss fragen und das Vertragsformular zücken,   
  • Kunden zusätzliche Angebote unterbreiten   
  • nach Empfehlungen fragen,   
  • Kunden erneut ansprechen, die beim letzten Kontakt „Nein" gesagt haben.  

  

Allein können Verkäuferinnen und Verkäufer diese mentalen Barrieren meist nicht überwinden. Denn wenn eine entsprechende Situation eintritt, läuft in ihnen automatisch immer wieder das gleiche mentale Programm ab. Solange dieses nicht durchbrochen wird, nützt das intensivste Training wenig. Ziel jeder Trainingsmaßnahme sollte es daher sein  

 Ziel jeder Trainingsmaßnahme sollte es daher sein, den Teilnehmern zunächst ihre mentalen Barrieren bewusst zu machen und ihnen dann zu helfen, diese zu überwinden.  

Dazu müssen wir wissen, welche Programme wir wie beeinflussen können. Vereinfacht lassen sich die Programme in zwei Gruppen einteilen: Ur-Programme und mentale Muster. Die Ur-Programme laufen in uns allen ab und sind das Ergebnis unserer Evolution. Sie entwickelten sich aus der Notwendigkeit unserer Vorfahren, trotz ständiger Bedrohung durch Raubtiere, Kälte, Hunger usw. zu überleben.   

Diese Programme werden automatisch aktiviert, wenn ein entsprechender Umweltreiz auftritt. Typische Urprogramme sind das Flucht- und das Angriffsprogramm. Ihre Symptome nehmen wir immer wieder wahr - zum Beispiel, wenn wir vor Aufregung feuchte Hände bekommen.  

Überzeugungen bestimmen unser Verhalten  

Die Ur-Programme sind bei allen Menschen gleich. Aber wir reagieren unterschiedlich auf die gleiche Situation, weil wir sie unterschiedlich wahrnehmen. Was für den einen eine Katastrophe ist, ist für den anderen eine Lappalie oder sogar eine Chance. Für diese unterschiedliche Bewertung sind die „mentalen Modelle" verantwortlich. Sie sind die „Filter", durch die wir unsere Umwelt wahrnehmen. Sie bestehen unter anderem aus Glaubenssätzen, die wir im Laufe unseres Lebens verinnerlicht haben. 

Solche Glaubenssätze sind zum Beispiel: 

  • Ich kann (fast) jede Herausforderung meistern. 
  • Ich muss zu allen Menschen stets nett sein, damit sie mich mögen. 
  • Verkaufen heißt, andere Menschen über den Tisch zu ziehen. 

  

Diese Überzeugungen beeinflussen unsere Wahrnehmung und Reaktion auf Umweltreize - „positiv" oder „negativ". Noch ein Beispiel. Nehmen wir an, ein Verkäufer oder eine Verkäuferin hat den Glaubenssatz verinnerlicht:   

 „Wenn ein Kunde ein Angebot ablehnt, lehnt er mich als Person ab. Und Ablehnung ist etwas Schlechtes. Alle Menschen müssen mich lieben. 

  Wie wird diese Person wohl auf die Aufgaben reagieren, einen Kunden zu kontaktieren, der beim letzten Kontakt die kalte Schulter gezeigt hat, einem Kunden „Nein" zu sagen, wenn dieser überzogene Serviceerwartungen äußert, oder einem Kunden eine Preiserhöhung zu verkaufen?  

Diese Aufgaben werden dann als Bedrohung erlebt und man sucht nach Ausreden, um sie nicht wahrnehmen zu müssen. So wirkt sich der Glaubenssatz negativ auf die Arbeit aus.   

Es gibt unzählige solcher Glaubenssätze - in unzähligen Varianten. Und jeder Verkäufer, jede Verkäuferin hat für jede Phase des Verkaufsprozesses Glaubenssätze verinnerlicht, die eng mit der beruflichen und privaten Biografie verknüpft sind. So haben Außendienstmitarbeitende von Versicherungen, die es gewohnt sind, aktiv zu verkaufen, in der Regel andere Glaubenssätze als z.B. Sparkassenmitarbeitende, die die Kunden in der Filiale betreuen. Dies erleichtert es, Trainings- und Coachingmaßnahmen auf bestimmte Zielgruppen zu fokussieren.   

Damit diese erfolgreich sind, müssen zunächst die Glaubenssätze überwunden werden: Glaubenssätze lassen sich nicht ändern. Das stimmt nicht! Denn unsere Überzeugungen sind uns nicht angeboren. Wir haben sie gelernt. Deshalb können wir destruktive Glaubenssätze auch durch neue, konstruktive ersetzen. 

Emotionen: der Schlüssel zur Veränderung 

Es ist auch wichtig, den Verkäufern bewusst zu machen, dass ihr Verhalten von irrationalen Überzeugungen beeinflusst wird - positiv oder negativ. Da Glaubenssätze automatisch wirken, dringen sie nur selten ins Bewusstsein. Sie gleichen mentalen Tretminen, von denen man nur die emotionalen Explosionen wahrnimmt.  

Unsere Emotionen sind also der Schlüssel, um unsere unbewussten Glaubenssätze ins Bewusstsein zu heben, damit sie bearbeitet werden können. Allen Emotionen, die Verkäuferinnen und Verkäufer nicht nur im Kundenkontakt zeigen, liegen Glaubenssätze zugrunde. Indem diese Emotionen im Training identifiziert und z.B. in einer Mischung aus Coaching und Training thematisiert werden, kann auch festgestellt werden, welche Glaubenssätze sich dahinter verbergen. Darüber hinaus kann analysiert werden, ob es sich um konstruktive Glaubenssätze handelt oder um solche, die zu unangemessenem Verhalten führen. Damit ist die Grundlage geschaffen, destruktive Glaubenssätze durch konstruktive zu ersetzen und eine nachhaltige Verhaltensänderung wird möglich.

Ein Artikel von Sybille Letschert, Trainerin und Coach bei ifsm


Danke für den Support zu einem meiner Herzensthemen!

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