BGH: Kein Widerrufsrecht des Leasingnehmers bei Kilometerleasingverträgen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem Leasingnehmer, der als Verbraucher mit einem Unternehmer einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung abgeschlossen hat, ein Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zusteht.
Zum Sachverhalt:
Der Leasingnehmer hatte als Verbraucher mit der Leasinggeberin im Jahr 2015 einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug mit Kilometerabrechnung (so genannter Kilometerleasingvertrag) abgeschlossen. Aufgrund eines vom ihm im März 2018 erklärten Widerrufs verlangt er Rückerstattung sämtlicher erbrachter Leasingzahlungen.
Zu den Entscheidungsgründen:
Der Bundesgerichtshof hat nun ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers verneint. Ein solches Recht könne unter keinem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt erkannt werden.
Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfülle nicht die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB, weil er weder eine Erwerbspflicht des Leasingnehmers oder ein Andienungsrecht des Leasinggebers noch eine Restwertgarantie des Leasingnehmers vorsehe. Auch aus § 506 Abs. 1 BGB könne ein solches Recht abgeleitet werden. Ein Rückgriff auf diese Bestimmung als Auffangtatbestand komme nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB würde im Wege einer abschließenden Aufzählung regeln, dass bei entgeltlichen Nutzungsverträgen nur in den genannten Fällen eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe vorliegt und nur in diesen Fällen besteht dann auch gemäß § 506 Abs. 1 BGB ein Recht des Leasingnehmers zum Widerruf des Leasingvertrags nach den Vorschriften des Verbraucherkreditrechts.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Analogie scheide auch ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers in entsprechender Anwendung des - die Fälle einer Restwertgarantie regelnden - Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB aus. Dem gesetzgeberischen Konzept hafte weder eine planwidrige Regelungslücke an noch träfe die vom Gesetzgeber bei der Schaffung der genannten Bestimmung vorgenommene Interessenbewertung auf Kilometerleasingverträge zu.
Der Gesetzgeber habe sich bei der Einführung des § 506 BGB nicht an der bisherigen Rechtslage orientiert, bei der die höchstrichterliche Rechtsprechung Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als Finanzierungsleasingverträge eingestuft und sie als Finanzierungshilfen im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes angesehen hat. Vielmehr habe er nunmehr die Interessenbewertung der europäischen Verbrauchgüterkaufrichtlinie übernommen, die Leasingverträge lediglich im Falle einer – auch einseitig vom Leasinggeber auslösbaren – Erwerbspflicht des Leasingnehmers dem Verbraucherkreditrecht unterstellte. Die nach der Verbraucherkreditrichtlinie vorgesehene Beschränkung des Verbraucherkreditschutzes auf bestimmte Fälle entgeltlicher Gebrauchsüberlassungsverträge habe der Gesetzgeber nicht nur den - der Umsetzung der Richtlinie dienenden - Bestimmungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB zugrunde gelegt, sondern auch bei dem zusätzlich geschaffenen Tatbestand des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB nachgezeichnet. Mit dieser Regelung hat er lediglich das Widerrufsrecht punktuell erweitern, nicht aber sämtliche Finanzierungsleasingverträge dem Verbraucherkreditrecht unterwerfen wollen.
Der Abschluss eines Kilometerleasingvertrags stelle auch nicht ein Umgehungsgeschäft nach § 511 Satz 2 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung (heute § 512 BGB) dar, das zur Anwendung des § 506 Abs. 1 BGB und damit zu einem Widerrufsrecht des Verbrauchers gemäß §§ 495, 355 BGB führe. Denn der Umstand, dass ein bestimmter – und zudem seit langem etablierter – Vertragstyp gewählt wird, der nach dem gesetzgeberischen Regelungskonzept gerade nicht von der Verbraucherschutznorm des § 506 BGB erfasst ist, begründe keine Umgehung dieser Regelung.
Schließlich habe die Leasinggeberin durch den Umstand, dass sie dem Leasingnehmer eine "Widerrufsinformation" erteilt hat, diesem nicht ein Angebot auf Einräumung eines (von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängigen) vertraglichen Widerrufsrechts unterbreitet.
Urteil vom 24. Februar 2021 – VIII ZR 36/20