Billability ist kein Regal. Oder: Das Diktat verrechenbarer Stunden.

 Was haben wir nicht im Projekt-Management und dem Controlling für wunderbare Tools! Das Excel-Sheet ist ja schon beinahe Steinzeit und „old school“ verglichen mit den Segnungen großartiger Algoritmen, die jeden Tastendruck am Rechner, jeden Click und jede andere physische und mentale Bewegung in Profitabilitäts-Quotienten umrechnen.

Und dann hätten wir noch den absoluten erotischen Höhepunkt jedes Zahlen-Akrobaten:

Die sogenannte „Billability“. Klingt ziemlich prickelnd, hat aber nichts mit IKEA-Regalen oder Sängerinnen aus den Rocky Mountains zu tun. Es sind die dem Auftraggeber verrechenbaren Stunden, die gemeint sind. Und für die wollen wir jeden Tag frohgemut aufstehen, uns in die olfaktorisch bedenklichen Verkehrsmittel zwängen, unsere Rechner hochfahren und all unser Schaffen danach ausrichten. Denn mindestens ein Mal im Monat müssen wir Rechenschaft ablegen: Ob wir ein Meeting just in time zu Ende gebracht haben, ob wir den persönlichen Kontakt auf das Nötigste reduziert haben, ob wir eh brav nur zuhause aufs Klo gehen und vor allem unsere Stundenaufzeichnungen zuverlässig ausfüllen. Das führt dann zu durchaus unabsichtlichen Heiterkeiten: Nach friedlich gelungener Scheidung von meiner Ex-Frau habe ich meinem damaligen Anwalt per Mail frohe Weihnachten gewünscht und seine dankende Antwort hat er mir mit einer Viertelstunde in die Schluss-Rechnung eingetragen. Ja. Eh.

Jetzt kommt doch angeblich bald der Frühling. Wäre das nicht ein guter Anlass, unsere zur reinen Funktionalität verkommenen Handlungen zu überprüfen? Ob sie den inhaltlichen Zweck noch erfüllen. Ob sie uns noch einen Hauch von Sinn vermitteln. Ob wir gar beim Tun und beim Abschließen so etwas Eigenartiges wie Glück empfingen. Wie wäre es, wenn wir zumindest an jedem zweiten Arbeitstag 1 (eine!) Stunde investierten, um in dieser 1 (einen!) Stunde das zu tun, was uns wichtig ist – was uns also unserem persönlichen Ziel ein Stückchen näherbringt. Der alte Eisenhower hätt eine Freud – „Wichtig schlägt Dringend“ hat er gesagt und dadurch acht anstrengende Jahre im Weißen Haus überlebt. Es könnte ja irrtümlich passieren, dass wir durch derart seltsame Mechanismen auf Ideen kommen, die neu sind und für die wir eine gute Rechnung schreiben dürfen.

Na gut, sowas zu denken, ist niemals billable.

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