Bin ich peinlich?
Was andere über mich sagen, ist mir heute nicht mehr so wichtig wie mit Mitte 20, als ich vor jeder Party dachte: Sehe ich gut aus? Tanze ich cool genug? Ich kann damit leben, wenn ich etwas nicht kann oder auf Ablehnung stoße.
Und dann gibt es Momente, in denen ich diese Gelassenheit verliere. Zum Beispiel, wenn ich nicht in meiner Muttersprache rede. "Klang diese Frage dämlich?", überlegte ich regelmäßig während einer Weiterbildung an der Uni von New York.
Der Leistungspsychologe Michael Gervais hat für solche Momente den Begriff FOPO eingeführt, "Fear of People's Opinions" (analog zu FOMO, fear of missing out). FOPO beschreibt die Angst vor der Meinung anderer Menschen. FOPO sei weitverbreitet und einer der größten Bremsklötze für Leistung und Kreativität.
Per Zoom verstärkt sich FOPO
"Indem wir überbewerten, was andere denken könnten, werden wir hochgradig empfänglich für Signale potenzieller Ablehnung: Körpersprache, Mikroexpressionen, Worte, Schweigen, Tun oder Nichtstun", schreibt Gervais.
Studien zeigen, dass es uns im digitalen Raum besonders schwerfällt, Emotionen zu erkennen und Stimmungen wahrzunehmen. Das verunsichert mich schon in meiner Muttersprache. Im Englischen lösten die Zoom-Sessions FOPO aus (etwa die Hälfte meiner einjährigen Fortbildung fand online statt). Jedes Mal, wenn ich nach einem Wortbeitrag gefühlt in leere Gesichter blickte, überfiel mich die Unsicherheit. Bin ich gut genug? Klingt mein Akzent peinlich?" Ich fühlte mich wieder wie eine Teenagerin. Dabei spreche ich ganz gut Englisch.
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Proud speaker of the German accent
Je wichtiger eine Aufgabe für unser Selbstbild ist, desto eher empfinden wir FOPO, erklärt Gervais. Identität sei ein Nährboden für die Angst vor Bewertung. Sprache war schon immer mein Ding, umso mehr verunsichert es mich, wenn ich mich einmal nicht so nuanciert und genau ausdrücken kann wie gewohnt.
Am meisten half mir der Satz einer Kommilitonin. Als eine neue Professorin um eine Vorstellungsrunde bat, stellte sich Maritza als "stolze Sprecherin des mexikanischen Akzents" vor. Sie lebt seit Jahrzehnten in den USA. Für sie war ihr Akzent verbunden mit Werten wie Diversity und dem Stolz auf ihre Wurzeln.
Seitdem denke ich jedes Mal, wenn ich einen Vortrag auf Englisch halte oder ein internationales Panel moderiere: "I am a proud speaker of the German accent." Und dann fühle ich mich gleich ein bisschen selbstbewusster.
Lesetipp: Was FOPO mit unserer Identität zu tun hat – und was wir dagegen tun können, lesen Sie in dem Artikel "Was andere denken? Scheißegal!" (HBm+)
Herzliche Grüße Antonia Götsch
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1 JahrHi Antonia, als Jugendlicher in einem ehr spießigen Elternhaus aufgewachsen, wo man eine echte Kultur dieser FOPO-Einstellung gelebt hatte, bekam ich schon als Kind immer die Aussage zu hören,....was sollen denn die Leute denken ? 🙄 Dies bezog sich auf meine Kleidung, Auftreten und Musikgeschmack ? 😣 Je mehr an mir herum gemeckert wurde etc. umso rebellischer wurde ich und die Musik immer lauter... 😁 Au alle Fälle war mir zum damaligen Zeitpunkt schon klar, daß mir die Meinung in Sachen Verhalten etc. der OP echt am ..... vorbeiging ! 😉 Jetzt im reiferen Alter stelle ich mir schon manchmal die Frage warum man sich dem Meinungsbild der Anderen beugen sollte ?? 🙄 Als ganz besonders krass fand ich kürzlich in einem Bekleidungshaus, wie eine Verkäuferin einer älteren Dame ein frisches Outfit ausreden wollte, mit der Begründung...-.man müsse sich doch altersgerecht anziehen -? 🙄 Daraufhin konnte ich nicht anders und habe eingegriffen und der älteren Dame gesagt, daß sie sich richtig was "Fetziges" kaufen sollte, dann hätte sie auch gute Chancen sich einen jüngeren Freund zuzulegen ? 😊 Die Dame mußte schallend lachen und die Verkäuferin war echt pikiert ??
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1 JahrAnushikha A.
Studienreiseleiterin / Tourist Guide
1 JahrEin Akzent kann auch ein Asset 😉 sein. Als Studienreiseleiterin führe ich z.B. amerikanische Gäste in Kontinentaleuropa und u.a. der deutsche Akzent macht mich für sie authentischer, weil "Native". Voraussetzung ist natürlich, dass ich trotzdem gut verständlich bin. Außerdem - machen wir uns nichts vor - ein Akzent des Non-Native Speakers ist immer hörbar, außer bei wenigen Leuten, die zweisprachig aufgewachsen sind. Wenn mein Akzent nicht eindeutig zugeordnet werden kann, erlebe ich das als Kompliment. Das gleiche gilt übrigens bei den meisten Leuten für eine Dialektfärbung in der Muttersprache.
Berufliche Auszeit
1 JahrJeder von uns erlebt diese Momente täglich und lange Zeit hat es mich sehr beschäftigt und auch sehr gehemmt wenn ich Englisch spreche/sprach.Teilweise hatte ich soviel Angst Fehler zu machen und dann für Unfähigkeit gehalten zu werden, das ich einen regelrechten Blackout hatte und alles vergaß.Nicht immer ist der Satzbau oder die Aussprache richtig, aber so lange man versteht was ich mitteilen möchte, ist das auch OK. Die meisten Menschen haben dafür Verständnis, vor allem diejenigen die auch keine " NATIV Speaker" sind. Wir sollten damit viel lockerer umgehen 🤝