Change your routine - Fokussiere Dich auf Deine Stärken

Change your routine - Fokussiere Dich auf Deine Stärken

«Irgendwie seltsam», dachte ich mir. Ich lebe seit drei Jahren in meinem eigenen Traum von Familienglück, Selbstverwirklichung als Unternehmer und einem kleinen Haus im Grünen. Sehr erfüllend und trotzdem fühle ich mich fremdgesteuert und ausgelaugt. Ich bin oft gereizt und vermisse meine Gelassenheit, die ich noch vor Jahren, beim Start meiner Karriere als Führungskraft, hatte.

Was war anders?

Für die Klärung dieser Frage muss ich etwas ausholen: Zu Beginn meiner Führungskarriere war ich als frischgebackener, 28 jähriger Head of Business Unit in einer Digitalagentur, stark mit mir selbst beschäftigt. Verständlich, hatte ich bisher nur wenig Erfahrung mit Führung, Unternehmensstrategie oder ähnlichen Dingen. Gleichzeitig trainierte ich rund 10 Stunden pro Woche für meinen Meister in Aikido und war entsprechend konsequent fokussiert auf – naja – mich halt.

Rasch stellte sich heraus, dass ich ein intuitives Verständnis für Menschen, Organisationen und Marktchancen habe. Der Erfolg stellte sich in Form von Wachstum rasch ein. Meine Unit wuchs über wenige Jahre hinweg von 8 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf rund 30. Zu Spitzenzeiten beschäftigen wir rund 40 Freelancer, allesamt von Spanien bis Indien in der Welt verteilt. Im Team gewonnen wir renommierte Aufträge, wie der weltweite Auftritt von Audi oder der Credit Suisse, und erzielten rasch Aufmerksamkeit im Markt. Meine Führungskarriere gipfelte in der Übernahme des gesamten Geschäftsbereiches der Online Kommunikation sowie der gleichzeitigen «Notfall Rettung» eines zweiten Geschäftsbereichs. Mit 33 Jahren führte ich über 120 Menschen in vier Ländern und war Teil der erweiterten Geschäftsleitung einer der grössten Schweizer Digitalagenturen.

Und ich fühlte mich leer und unzufrieden.

Nachdem ich zweimal durch emotional intensive Zeiten und knapp am Burnout vorbei geschlittert war, beschloss ich mich auf meine Stärken zu fokussieren. Ich verzichtete auf das Renommee und auf einen grossen Teil meines Gehaltes. Gemeinsam mit meinem geschätzten Geschäftspartner, Christoph Camenisch, gründete ich das Digital Innovation Lab. In einem selbstbestimmten Unternehmen, basierend auf den Stärken der beiden Gründer, werde ich automatisch wieder zu mir finden. Weit gefehlt.

Selbstbewusstsein als erster Schritt

Obwohl ich eine wundervolle Familie, erfüllende Hobbies und eine selbstbestimmte Arbeitsumgebung habe, hat sich nach drei Jahren noch keine Änderung eingestellt – teilweise im Gegenteil. Ich begann mich mit meinen Mitmenschen über meine aktuelle Situation auszutauschen, begann Tagebuch zu schreiben und mir selbst und meiner Arbeit bewusst zu werden. Es war offensichtlich: Ich verlor in meiner täglichen Arbeit meine Stärken aus den Augen und fokussierte mich auf alte Angewohnheiten der operativen Führung, des Managements von Zahlen und Kundenprojekten. Wieviele dieser Tätigkeiten hatte ich als persönliches Ziel bei der Gründung meiner Firma aufgeschrieben? Keine.

Sich selbst bewusst sein, ist der erste Schritt zur Zufriedenheit

Das klingt sehr einfach, ist aber je nach Charakter eine lebenslange, tägliche Aufgabe. Für mich ist es ein konstantes Seilziehen zwischen meinem Unternehmer-Kopf, dem Familien-Herz und dem Weltverbesserer-Bauch. Ich denke nicht, dass einer dieser Drei jemals die Oberhand gewinnen wird, sondern dass ich immer zwischen den Welten hin-und-her gerissen sein werde. Die Akzeptanz dieses Umstandes war mein erster Schritt zur wirklichen Selbstbestimmung.

Fokussiere auf Deine Stärken

Sich auf die eigenen Stärken zu fokussieren, ist ein wichtiger, wenn auch schwieriger Prozess. Dabei werden sich zu Beginn immer die eigenen Unzulänglichkeiten bewusst. Bei mir sind das Eigenschaften wie Empfindlichkeit, Konfliktscheue, Sturheit und Nachträglichkeit, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Klingt nicht gerade charmant, oder? Diese Eigenschaften sind jedoch ebenso Teil von mir wie meine Stärken. Das Bewusstsein dieser Schwächen ermöglicht den einfacheren Umgang mit den eigenen Emotionen. Oft reagieren Mitmenschen mit Verständnis, wenn die eigenen Schwächen aktiv kommuniziert werden. Was passiert aber, wenn die eigenen Stärken ins Zentrum gestellt werden? In unserer Gesellschaft wird dieses Verhalten eher kritisiert und als selbstdarstellend und aufschneidend gewertet. Wieso? Im Umfeld der Unternehmen nennt sich ein solches Verhalten Marketing, Value Proposition oder USP. Es ist doch auch im Umgang mit Menschen viel Wichtiger zu wissen, worin eine Person wirklich gut ist, als zu wissen wo sie abkackt.

Es ist viel essentieller zu verstehen, worin jemand gut ist, statt wo sie abkackt.

Ich kann von mir behaupten, dass ich rasch ein tiefes Verständnis für Menschen und Situationen entwickle, überdurchschnittlich intelligent bin, visionär und inspirierend auf meine Mitmenschen wirke und eine kreative Lösungsgabe habe.

Ich inspiriere Menschen, morgen besser zu sein als heute.

Verbunden mit einem fast unerschütterlichen Optimismus, eröffnen sich mir konstant neue Möglichkeiten und Ideen, wohin ich meine Zukunft und damit auch die Zukunft meiner Mitmenschen, entwickeln könnte. Es entstehen Geschäftsmodelle, neue Arbeitsformen und veränderte Wertmodelle, ausserhalb der üblichen Normen. Eine meiner Stärken habe ich wissentlich noch unterschlagen: Ich bin entscheidungsfreudig und konsequent, sobald es um die Umsetzung meiner Ideen geht. Der dadurch entstehende Konflikt mit Normen ist vorprogrammiert und der für mich selbstkreierte Stress – siehe Schwächen Konfliktscheue und Sturheit – auch.

Change of routine

Entsprechend ist es elementar wichtig, die eigenen Bedürfnisse als Stressprävention an die erste Stelle zu stellen. Wie es meine Art ist, kann ich nicht mit der üblichen Herangehensweise «Ich mach weniger», meinen Stress-Level reduzieren. Ich versuche also einen Lebenrhythmus zu finden, der es mir erlaubt Tom der Unternehmer, das Familienmitglied und der Weltverbesserer zu sein. Der grösste Stress verursacht mir persönlich die operative Hektik und die dadurch oft entstehende Verzettelung des Tages. Am Ende eines Tages wurde Nichts von wirklicher Substanz erarbeitet, dafür wurden alle E-Mails innerhalb Minuten beantwortet – was nicht verarbeitet bedeutet – und unzählige kleine, operative Punkte, ohne Impact auf das grosse Ganze, wurden erledigt. Unbefriedigend.

Mein Start in den Tag war bisher optimiert auf eine möglichst kurze Zeit im Pendlerstrom. Aufstehen, duschen, auf den Zug hetzen und um 07:30, als einer der Ersten, im Büro sein. Das war für Jahre mein erklärtes Ziel, ganz nach dem Motto «first to come, last to go». Selten sowas Doofes im Umfeld der Wissensarbeit gehört. Mehr als 6-7 Stunden wirklich kreative Denkarbeit – ich spreche nicht von Fleissarbeit – liegt nicht drin. Mein Gehirn ist ein hervorragender Sprinter, kein Marathonläufer.

Mehr als 6-7 Stunden von kreativer Denkarbeit liegt nicht drin. Mein Gehirn ist ein hervorragender Sprinter, kein Marathonläufer.

Meine neue Morgenroutine sieht so aus:

  • Jeden Morgen beantworte ich in aller Ruhe alle E-Mails und öffne meine Mailbox nicht mehr als dreimal über den Tag verteilt. So vermeide ich Störungen in meiner Konzentration.
  • Ich setze mir ein Tagesziel, welches ich auf jeden Fall erreichen möchte. Alle anderen Tätigkeiten sind zweitrangig. So bleibe ich resultatorientiert und erziele die effektivsten Resultate.
  • Ich betreibe am Morgen regelmässig Meditation oder Krafttraining und frühstücke mit meiner Familie. Das gibt mir persönlich die Energie und Ruhe für den gesamten Tag.

Wenn ich mit meinen Überlegungen recht habe, wird sich mein Fokus auf meine Stärken, kombiniert mit der neuen Morgenroutine, positiv im Geschäftsergebnis meiner Unternehmen auswirken. Ich werde von nun an regelmässig über meine Erfahrungen als azyklischer Pendler und meinen Erlebnisse mit Mitmenschen, sowie Reaktionen aus dem privaten und geschäftlichen Umfeld, schreiben. Ich hoffe dadurch zum Verständnis von neuen Arbeitsformen beitragen zu können und mit meiner Story zeigen zu können, dass selbst «erfolgreiche» Menschen schlussendlich Menschen sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

Originally appeared on TomRoethlisberger.com

Das ist ein spannender Veränderungsprozess, Tom. Darf ich fragen, inwieweit dich dabei ein Coach begleitet? Oder ist die Basis ein Extrakt der nun fokussierteren Lebensweise und Achtsamkeit durch Meditation?

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