Chronische Erkrankungen und Arbeitswelt: Wie Inklusion gelingt!

Chronische Erkrankungen und Arbeitswelt: Wie Inklusion gelingt!

Was bedeutet es, wirklich inklusiv zu sein – nicht nur auf dem Papier, sondern im gelebten Arbeitsalltag? Gerade Menschen mit chronischen Erkrankungen stehen oft vor besonderen Herausforderungen. Ihre Erkrankungen sind meist unsichtbar, ihre Bedürfnisse schwer greifbar. Für Unternehmen liegt hier jedoch eine große Chance: Inklusion kann nicht nur ein Gewinn für die Betroffenen sein, sondern auch für das Unternehmen selbst.

In dieser Ausgabe werfen wir einen Blick darauf, wie Arbeitgeber ein Umfeld schaffen können, in dem Mitarbeitende mit chronischen Erkrankungen sich entfalten können. Dabei geht es nicht nur um rechtliche Rahmenbedingungen, sondern auch um die Vorteile für das Unternehmen – und vor allem um den Mut, neue Wege zu gehen.


Chronische Erkrankungen: Unsichtbar, aber allgegenwärtig

Manchmal sieht man es den Menschen nicht an – und genau das macht es oft so schwer: Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Rheuma oder Depressionen begleiten Betroffene jeden Tag und for lange Zeit. Sie sind nicht vollständig heilbar und erfordern stetige Aufmerksamkeit. Doch was bedeutet das konkret?

Der Begriff „chronisch“ beschreibt im medizinischen Kontext Erkrankungen, die sich langsam entwickeln und/oder langfristig bestehen bleiben. Sie sind häufig nicht vollständig heilbar und bedürfen dauerhafter oder wiederholter Behandlungen. Zu den häufigsten chronischen Erkrankungen zählen:

  • Störungen des Immunsystems (z. B. Rheuma)
  • Diabetes mellitus
  • Krebs
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Asthma
  • Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen

Chronische Erkrankungen sind in der Gesellschaft weit verbreitet. Eine Statistik des Bayerischen Landesamts für Statistik zeigt, dass allein in Bayern Ende 2019 rund 1,3 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Schwerbehinderung lebten. In 95 % der Fälle war eine Krankheit die Ursache. Das sind nicht nur Zahlen – das sind Kolleginnen, Freundinnen und vielleicht sogar wir selbst.


Rechtliche Rahmenbedingungen für chronisch Erkrankte

Aber wie sieht es rechtlich aus? Chronische Erkrankungen fallen oft unter den Begriff der Behinderung – vorausgesetzt, sie schränken die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erheblich ein. Das Sozialgesetzbuch regelt genau, welche Unterstützung Betroffene und Unternehmen erhalten können.

Das Sozialgesetzbuch definiert Menschen mit Behinderung als Personen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen aufweisen, welche länger als sechs Monate bestehen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erheblich einschränken. Chronische Erkrankungen können dabei unter den Begriff der Behinderung fallen, wenn die Kriterien erfüllt sind.

Grad der Behinderung (GdB) und Schwerbehindertenstatus

Ein Schwerbehindertenausweis steht Personen zu, deren Grad der Behinderung (GdB) über 50 liegt. Bei einem GdB von 30 oder 40 ist auf Antrag eine Gleichstellung möglich. Für Arbeitgebende bietet dieser Status nicht nur arbeitsrechtliche Vorteile (z. B. Kündigungsschutz für Betroffene), sondern auch finanzielle Unterstützung durch das Inklusionsamt, etwa für:

  • Arbeitsplatzanpassungen
  • Arbeitsassistenz
  • Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Nach einer längeren Krankheit wieder ins Berufsleben zurückzufinden, ist oft ein Kraftakt. Hier kommt das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ins Spiel. Es ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern vor allem eine Chance, Menschen individuell zu unterstützen.

Was bedeutet das? Im Rahmen des BEM arbeiten Betroffene, Führungskräfte und Expertinnen wie Betriebsärztinnen oder Schwerbehindertenvertretungen zusammen, um den Wiedereinstieg zu erleichtern. Flexible Arbeitszeiten, ergonomische Arbeitsplatzanpassungen oder Homeoffice-Optionen – das alles kann Teil eines erfolgreichen BEM sein.


Warum Inklusion auch Unternehmen stärkt

Die aktive Förderung der Inklusion chronisch erkrankter Mitarbeitender eröffnet Unternehmen nicht nur neue Perspektiven, sondern stärkt gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Vorteile lassen sich auf verschiedenen Ebenen erkennen:

1. Fachkräfte langfristig sichern

Chronisch erkrankte Mitarbeitende verfügen oft über wertvolle Kompetenzen und berufliche Erfahrungen, die für Unternehmen von großem Nutzen sind. Diese Personen zeichnen sich häufig durch Resilienz, Anpassungsfähigkeit und eine hohe Problemlösungsfähigkeit aus – Eigenschaften, die in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger werden. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels ist es für Unternehmen entscheidend, dieses Potenzial zu erkennen und gezielt zu fördern, statt es ungenutzt zu lassen.

2. Reduktion von Kosten durch Prävention und Stabilität

Ein durchdachtes Eingliederungsmanagement reduziert krankheitsbedingte Fehlzeiten und senkt die Fluktuationsrate. Wenn Mitarbeitende durch präventive Maßnahmen und individuell angepasste Arbeitsbedingungen unterstützt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie leistungsfähig bleiben oder nach einer Erkrankung zügig und erfolgreich zurückkehren. Das senkt nicht nur die direkten Kosten für Ausfallzeiten, sondern trägt auch zu einer stabilen und motivierten Belegschaft bei.

3. Stärkung der Arbeitgebermarke

Unternehmen, die ein inklusives Arbeitsumfeld bieten, demonstrieren soziale Verantwortung und setzen ein starkes Signal für Diversität und Chancengleichheit. Dies wirkt sich positiv auf die externe Wahrnehmung aus: Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber – insbesondere solche, die Diversität und Offenheit zu schätzen wissen – nehmen das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber wahr. Auch intern fördert eine solche Kultur die Loyalität und das Engagement der Mitarbeitenden.

4. Innovationskraft durch Diversität fördern

Ein diverses Team, das auch Menschen mit chronischen Erkrankungen einschließt, bringt eine Vielzahl von Perspektiven, Erfahrungen und Denkweisen ein. Diese Vielfalt fördert kreative Lösungsansätze und innovative Ideen. Studien zeigen, dass heterogene Teams oft effektiver sind, weil sie Probleme ganzheitlicher betrachten und unkonventionelle Ansätze entwickeln können. Für Unternehmen bedeutet dies: Inklusion stärkt nicht nur die soziale Dimension, sondern auch die Innovationsfähigkeit und damit die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.


Wie Unternehmen aktiv werden können

Doch wie wird aus der Vision einer inklusiven Arbeitswelt Realität? Es braucht konkrete Schritte:

  • Schulungen für Führungskräfte und Teams, um Unsicherheiten im Umgang mit chronischen Erkrankungen abzubauen.
  • Flexibilität bei Arbeitszeiten und -orten, um individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.
  • Barrierefreiheit – sowohl physisch als auch digital.
  • Externe Unterstützung, etwa durch das Inklusionsamt oder spezialisierte Beratungsstellen, um den Prozess zu begleiten.


Fazit: Inklusion zahlt sich aus

Inklusion ist keine Verpflichtung, sondern eine Investition – in Menschen, in das Unternehmen und in die Zukunft. Unternehmen, die auf Inklusion setzen, zeigen nicht nur gesellschaftliche Verantwortung, sondern schaffen ein Arbeitsumfeld, das von Respekt und Wertschätzung geprägt ist.

Es ist ein Gewinn für alle Seiten: Betroffene können ihre Stärken einbringen, Teams profitieren von neuen Perspektiven, und das Unternehmen wird zu einem Ort, an dem alle ihr Bestes geben können. Warum also warten? Inklusion beginnt heute – und die Chancen, die sie bietet, sind unbezahlbar.

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