Das Begutachtungsverfahren in den Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem
Überblick über das Begutachtungsverfahren der "Pioniervorhaben - Impulse für das Wissenschaftssystem"

Das Begutachtungsverfahren in den Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem

Ein Blick hinter die Kulissen

Die VolkswagenStiftung entwirft für jedes ihrer Förderprogramme ein passgenaues #Begutachtungsverfahren. Ein #PeerReview Verfahren erfordert immer ein Abwägen zwischen Vor- und Nachteilen der Instrumente, die man einsetzen kann. Schriftliche Gutachten erlauben ein detailliertes Feedback, bringen die Gutachtenden aber nicht in Austausch über ein Vorhaben. Projektpräsentationen ermöglichen Antragstellenden die Diskussion mit den Gutachtenden, sind aber ausgesprochen aufwendig, teuer und führen zu einer langen Begutachtungsdauer. Begutachtungssitzungen sind ebenfalls aufwendig, lassen aber ein gemeinsames Abwägen der Förderempfehlungen zwischen den Gutachtenden zu.

Als Förderreferent der Stiftung bin ich dafür verantwortlich, das Begutachtungsverfahren für die " #Pioniervorhaben - Impulse für das Wissenschaftssystem" gemeinsam mit meinen Kolleg:innen zu entwerfen, zu organisieren und nach den Erfahrungen aus den Ausschreibungsrunden auch immer wieder zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen. Ich möchte in diesem Beitrag das Begutachtungsverfahren nicht nur erklären, sondern auch transparent machen, warum wir das Verfahren genau so und nicht anders geplant haben.

In einem Begutachtungsverfahren versuchen wir also die verschiedenen Review-Methoden so zu kombinieren, dass das Verfahren in Qualität, Dauer und Aufwand der Art der Anträge möglichst angemessen ist. In den „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ versuchen wir das folgendermaßen:


Die Projektskizze

Mit den „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ wollen wir zu wesentlichen, konkreten und praktischen Verbesserungen des deutschen Wissenschaftssystems beitragen. Dazu können Interessierte im ersten Schritt eine kurze Projektskizze einreichen. Warum? Damit jede:r die Gelegenheit hat, seine Idee mit geringem Aufwand der Stiftung vorzustellen. Um genau zu sein: der formale Aufwand ist zwar gering. Aber eine richtig gute Idee zu entwickeln und auf knapp drei Seiten überzeugend auf den Punkt zu bringen, erfordert eine Menge (Denk-)Arbeit.

Unter diesen Ideen sucht die Geschäftsstelle diejenigen Vorhaben aus, welche aus unserer Sicht am besten zu den Zielen des Förderprogramms passen. Das machen wir ohne externe Gutachter:innen, denn hier geht es erstmal um die Entscheidung, womit sich die Stiftung näher befassen wird. Im Vertrauen auf die Qualität eines Vorhabens fragen wir zunächst: Was klingt wirklich spannend und welcher Lösungsvorschlag für das gewählte Problem erscheint plausibel?

 

Der Vollantrag

Erst wenn diese Entscheidung gefallen ist, entsteht für die Autor:innen der ausgewählten Skizzen der Arbeitsaufwand, einen Vollantrag auszuarbeiten. Der Antrag ist die Grundlage für die eigentliche qualitative Begutachtung. Dazu befragen wir selbstverständlich Expert:innen.

Zur Begutachtung laden wir fünf bis sechs Personen mit komplementärer Expertise ein. Uns ist wichtig, dass die Gutachtenden ganz unterschiedliche Perspektiven mitbringen. Einige kommen aus der Hochschulleitung, andere aus der Forschung, wieder andere arbeiten als Teil des Wissenschaftsmanagements. Je nach Antragslage bringen wir in der Kommission Erfahrung und Wissen aus den Bereichen Lehre, Digitalität, Governance, Wissenschaftskommunikation, Open Science, Transfer und anderen Themenfeldern zusammen. Außerdem soll die Kommission möglichst die unterschiedlichen Fachkulturen aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, den Natur- und Lebenswissenschaften inklusive der Medizin und Technikwissenschaften abdecken.

Uns ist wichtig, dass die Gutachtenden ganz unterschiedliche Perspektiven mitbringen.

All diese Ansprüche in sechs Repräsentant:innen zu vereinen ist eine ziemlich schwierige Aufgabe. Zum Glück wird die Förderinitiative „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ aber mit großem Interesse wahrgenommen, so dass es fast immer gelingt, unsere Wunschkandidat:innen als Gutachtende zu gewinnen. Die Kommission darf nicht zu klein sein, um alle Aspekte abdecken zu können – sie darf aber auch nicht zu groß werden, damit ein lebendiger und konstruktiver Austausch zwischen allen Beteiligten möglich ist… denn die Fördervorschläge zu jedem Antrag werden von der Kommission gemeinsam getragen. Dabei kommen die Gutachtenden aufgrund ihrer unterschiedlichen Perspektiven nicht selten zu verschiedenen Urteilen. Um einen Konsens zu finden, werden teilweise leidenschaftliche Diskussionen geführt. Dabei kommen die Gutachtenden aufgrund ihrer unterschiedlichen Perspektiven nicht selten zu verschiedenen Urteilen.

Und genau aus diesem Grund ist der VolkswagenStiftung die Gutachtersitzung in Präsenz so wichtig, denn über schriftliche Voten kommt kein gemeinsames Abwägen der Argumente, kein konstruktives Ringen um eine gemeinsame Empfehlung zustande. Die Aufgabe der Stiftung dabei ist es, die Diskussion bis zum Konsens zu moderieren und dabei darauf zu achten, dass die Förder- und Ablehnungsempfehlung auf guten Argumenten und nicht auf Meinungen basieren.

 

Die Entscheidung

Das Ergebnis der Begutachtung ist immer eine Empfehlung. Die finale Entscheidung, welche Anträge gefördert werden (und welche nicht), trifft das Kuratorium der VolkswagenStiftung. Das ist der Grund, warum den Antragstellenden nicht unmittelbar nach der Begutachtungs-sitzung ein Ergebnis mitgeteilt werden kann. Das Kuratorium kann durchaus auch konträr zu den Empfehlungen der Gutachten entscheiden – auch wenn das sehr selten vorkommt. Das Kuratorium der Stiftung trifft sich dreimal jährlich zu gemeinsamen Sitzungen, Förder-entscheidungen können jedoch auch zwischen den Sitzungen in einem schriftlichen Verfahren getroffen werden.

 

Das Ergebnis

Sobald das Kuratorium entschieden hat, werden die Entscheidungsschreiben erstellt und versendet. Sobald ein:e Antragsteller:in einen positiven Förderbescheid in Händen hält (bzw. das PDF im Postfach findet) kann es losgehen. Die Mittel können theoretisch direkt abgerufen werden, wobei die meisten Projekte einige Wochen und Monate Vorbereitungszeit benötigen.

Als Feedback kann die Stiftung anbieten, die Pro- und Kontra-Argumente, welche in der Sitzung ausgetauscht wurden, den Antragstellenden telefonisch mitzuteilen. Je spannender ein Antrag geschrieben ist, desto ausführlicher ist in der Regel das Feedback, weil sich die Gutachten mit den besonders interessanten Anträgen auch ausführlicher befassen.

Wir möchten unseren Gutachtenden faszinierende, gut durchdachte und spannend zu lesende Anträge vorlegen.

Ich hoffe, dass dieser Blick hinter die Kulissen einige interessante Einblicke gibt und dabei hilft, Skizzen und Anträge mit dem Blick auf ihre Adressaten, die Gutachten, zu schreiben. Denn hier überschneiden sich die Interessen der Antragstellenden und der Stiftung: Wir möchten unseren Gutachtenden faszinierende, gut durchdachte und spannend zu lesende Anträge vorlegen – auch wenn wir (leider) nicht alle von ihnen fördern können.

 




Inga Melzer

Senior Project Manager/Executive Officer Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum HaTriCS4 at the UCCH

4 Monate

Danke, lieber Oliver Grewe für diesen spannenden Einblick. Ich habe es leider aus Zeitmangel nicht mit einer Skizze für diese Runde geschafft- bin aber schon am grübeln für die nächste Deadline 😅- ich denke, ich nehme es mir jetzt „einfach mal“ fest vor!

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