Das blaue Gold - Mehrwert und Zukunftsvision
Fliessende Freude: Wasser in der Architektur und Innenarchitektur
29. Mai 2023
Vor Kurzem berichteten wir über Pflanzen in der Innenarchitektur, in diesem Beitrag geht’s ums blaue Gold. Dafür tauchten wir mit Experte Benjamin Winzeler in die Welt des Wassers ab und sprachen über Mehrwerte sowie Risiken.
Wie stellt man Benjamin Winzeler vor? Es gibt in der Schweiz keine offizielle Berufsbezeichnung, wenn es um die Planung und Umsetzung von Zierbecken und Co. im Innen- und Aussenbereich geht. Der 35-Jährige würde sich selbst als Planer Wassertechnik bezeichnen. «Wir sind Planer*innen Brunnen, Planer*innen Zierbecken, Planer*innen Schwimmbad – es gibt zig Möglichkeiten», fügt Winzeler an.
Mit «wir» meint der gelernte Sanitärinstallateur seine 23 Mitarbeiter*innen, die in drei verschiedenen Firmen tätig sind: in der Centro AG Schwimmbadtechnik, im Haustechnik-Planungsbüro AndroSpa und in der Sanitärfirma Ferri GmbH. Das Team arbeitet hauptsächlich im Luxus-Segment, 80 Prozent ihrer Lösungen werden nach den individuellen Wünschen der Bauherrschaft entwickelt.
In einem Gespräch mit Benjamin Winzeler unterhielten wir uns über die unterschiedlichen Integrationsmöglichkeiten von Wasser in der Architektur und Innenarchitektur, was es dabei zu beachten gilt und welche Mehrwerte das blaue Gold in sich trägt.
Herr Winzeler, vor einigen Monaten ging eine Meldung aus Berlin um die Welt: Ein Grossaquarium in einer Hotellobby, das eine Million Liter Wasser fasste, berstete. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie davon hörten?
Benjamin Winzeler (BW): Ich hatte eine schlaflose Nacht! (lacht) Weil wir immer wieder Pools mit Unterwasserfenstern planen und umsetzen. Wenn man eine Story wie diese aus Berlin hört, schiessen einem schon kurz ein paar Horrorszenarien durch Kopf… Aber das Aquarium im Radisson Blu hatte ein anderes Kaliber als unsere Projekte, die Röhre war riesig und der Wasserdruck enorm.
Wenden wir uns den schönen Dingen zu. Erzählen Sie uns mehr über die Unterwasserfenster.
BW: Auf die Idee brachte mich ein Architekt. Wir sollten für ein Wohnhaus einen Pool planen und umsetzen, der an das Untergeschoss grenzte. Im Untergeschoss wurden Wellness, Fitness und Weinkeller untergebracht. Natürlicherweise hatte diese Etage kein Tageslicht. Auf Wunsch des Bauherren suchten wir eine Lösung und vertieften den Pool schliesslich so, dass wir mit Unterwasserfenstern Tageslicht ins Untergeschoss bringen konnten.
Wie lässt sich Wasser nebst Pools in die (Innen-)Architektur einbringen?
BW: Zum Beispiel Zierbecken, sie können im Innen- und Aussenbereich integriert werden. Viele denken beim Begriff ‹Zierbecken› eher an etwas Kleines. Wir machen allerdings auch Objekte, die 200 Quadratmeter gross sind – es gibt keine Grenzen. Weitere Möglichkeiten, Wasser zu integrieren, sind Brunnen aller Art und Wasserwände. Zusätzlich gibt es verschiedenste Arten, Wasser und Oberflächen in Bewegung zu versetzen. Etwa Bodensprudel, Fontänen oder indem man mit der Beleuchtung spielt.
Die Fondation Louis Vuitton von Architekt Frank Gehry scheint auf Wasser zu stehen
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Das KKL Luzern besteht aus drei Teilen, die u.a. durch die Wasserkanäle miteinander verbunden sind © KKL Luzern
Welche Mehrwerte bringt Wasser in der Architektur beziehungsweise Innenarchitektur?
BW: Es geht vor allem um einen ästhetischen Mehrwert, um Ambiente und auch um einen gewissen Wohlfühlfaktor. In Innenräumen kann Wasser auch für die Akustik sinnvoll sein, sei es um Geräusche zu dämpfen oder um Stille zu brechen. Zudem verändert Wasser durch die Verdunstung das Raumklima. Je höher die Temperatur, desto stärker die Verdunstung. Das muss man bei der Planung berücksichtigen, damit es nicht plötzlich zu feucht wird.
Was muss in planerischer Hinsicht noch beachtet werden?
BW: Das hängt natürlich von der Idee ab. Es geht um Fragen wie: In welchem Bereich wird das Wasser integriert? Wie viel Platz ist vorhanden? Wie steht es um die Aufbauhöhen des Bodens? Je nach Grösse des Objekts wird das Gewicht relevant und statische Fragen müssen geklärt werden. Der wichtigste Part geht meiner Meinung nach gerne vergessen: die Technik. In der Regel zirkuliert Wasser permanent und es wird eher unterschätzt, was das bedeutet. Das Wasser wird abgesogen, geflockt, gereinigt und entkeimt, damit es wieder schön klar ist.
Und was bedeutet das konkret?
BW: Die Aufbereitung braucht einerseits Platz und andererseits fallen Energie- und Unterhaltskosten an. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, Wassertechnik-Expert*innen wie uns so früh wie möglich in den Design- und Planungsprozess einzubeziehen, um perfekte Lösungen zu finden. Ebenfalls zu bedenken sind länderspezifische Vorschriften, also beispielsweise obligatorische Ausschilderungen wie ‹Kein Trinkwasser› oder ‹Ertrinkungsgefahr›.
Braucht es für den Unterhalt zwingend einen Profi?
BW: Gehen wir von einer kleineren Lösung für eine Privatvilla aus, kann man die Technik relativ einfach halten und Besitzer*innen können vieles selber machen. Es gibt aber auch hochkomplexe Wasseraufbereitungsanlagen, was zum Beispiel beim 40 Meter langen Zierbecken vor der Universität Zürich der Fall ist. Dafür wird Regenwasser aufbereitet, was den Prozess anspruchsvoller macht. Denn darin befinden sich Abfälle wie Zigarettenfilter, die entfernt werden müssen et cetera. Ob eine Anlage dieser Komplexität von einem Facility Manager betreut werden kann, hängt von dessen Wissen ab. Ansonsten stehen Servicetechniker*innen zur Seite.
Die Aufbereitung von Regenwasser klingt sinnvoll. Wie steht es grundsätzlich um die Nachhaltigkeit?
BW: Diese Frage treibt mich tatsächlich schon länger um. Die Branche bewegt sich positiverweise in die Richtung, Wasser zu zirkulieren und aufzubereiten. Früher war es normal, ein Objekt einfach regelmässig zu leeren und mit Frischwasser aufzufüllen. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Zierbecken und Co. in erster Linie um ein ästhetisches Element, es ist Luxus. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass auf politischer Ebene früher oder später strengere Vorgaben kommen. Das lässt sich in Deutschland bereits beobachten. Das Nutzen von Wärmepumpen für Pools wurde während der Energiekrise beispielsweise verboten.
Wie reagieren Sie auf diese Entwicklungen?
BW: Wir sind dabei, KI-basierte Unterhaltslösungen für den Aussenbereich zu etablieren. Ein Pool ist am Wochenende bei 30 Grad und Sonne anderen Belastungen ausgesetzt als ein Pool unter der Woche bei Regenwetter. Der Unterhalt lässt sich über Künstliche Intelligenz entsprechend anpassen, was Ressourcen spart. Die Pools werden sozusagen intelligent und wissen, wann sie etwas machen müssen und wann eben nicht.
Wir bleiben gespannt auf die Zukunft und danken für den spannenden Austausch, Herr Winzeler!
Inserat von Dobas AG – Interior Design and Architecture