Das Ende der (Seminar-) Jahresplanung, endlich!
Stell dir vor, es ist ein Seminar und keiner geht hin.
In vielen unseren Projekten zeigt sich vermehrt folgendes Bild: Man Blickt in ratlose Gesichter. "Bisher sind wir mit unserer Jahresplanung immer gut gefahren. Wir haben die Zahlen aus dem Vorjahr und die Bedarfe aus den Rückmeldungen der HR Business Partner genommen, um daraus einen Seminarkatalog zu generieren. Der Katalog wurde im Januar veröffentlicht und war für das ganze Jahr gültig. Die Seminare wurden dann auch gebucht und alle waren zufrieden. Seit letztem Jahr gehen die Anmeldezahlen aber deutlich nach unten."
Das Ende der Jahresplanung, der Beginn agiler Personalentwicklung.
Bisher war das oben beschriebene Vorgehen passend und von Erfolg gekrönt. Das geht und ging so lange gut, solange die Geschäftsbereiche vorausplanen konnten, die HR Business Partner die Bedarfe einmal im Jahr erhoben haben und diese Bedarfe auch im nächsten Jahr noch bestand hatten. Heute jedoch und gerade in Geschäftsbereichen, in denen sich die Anforderungen schnell verändern können, ist eine klassische Jahresplanung nicht mehr möglich. Die Kommunikationskaskade von Geschäftsbereich zu HR Business Partner im Herbst (Abfrage der Lernbedarfe durch die HR Business Partner) bis zur Personalentwicklung im Frühjahr (Veröffentlichung des Seminarkatalogs) ist zu lange. Der erhobene Trainingsbedarf der Geschäftsbereiche ist dann lange überholt, andere Themen bereits in den Fokus gerückt.
Teils wurden auch Trainings über 5 Jahre und länger im Katalog beworben, der Bedarf ist schlichtweg über die Jahre gedeckt worden. Eine Planung auf der Grundlage der Zahlen aus dem Vorjahr erscheint nicht mehr sinnvoll. Wer will schon nochmal auf das gleiche Seminar ein zweites Mal gehen? Natürlich gibt es Seminare, die als „Dauerbrenner“ gelten. Klassische Softskill-Themen wie Kommunikation beispielsweise haben auch nach 5 Jahren noch Ihre Berechtigung. Und natürlich wird es für Standardtrainings wie Compliance, Datenschutze etc. weiterhin eine langfristige Planung brauchen, jedoch ändert sich auch dort über die Jahre der Inhalt und eine Neukonzeption kann frischen Wind bringen.
Die Bedarfe der Geschäftsbereiche zu decken ist und bleibt eine Kernaufgabe der Personalentwicklung. Was die Geschäftsbereiche zurecht fordern ist eine schnellere Reaktionszeit der Personalentwicklung. Im Zweifel werden dann einfach Trainings gebucht, ohne die Personalentwicklung einzubinden. Im schlimmsten Fall ist die Konkurrenz sonst weit voraus, bevor die PE im neuen Bildungsjahr endlich die richtigen Seminare anbietet. Zudem müssen die Angebote flexibel in den Arbeitsalltag integriert werden können. Drei Tage Präsenzseminar für einen Mitarbeiter oder eine Führungskraft reißen zu große Lücken in die Kapazitätsplanung. Wenn die Personalentwicklung nachhaltig Ihre Rolle als Entwickler von Personal wahrnehmen will, muss sie flexibler und schneller reagieren als bisher. Mit einer klassischen Jahresplanung ist das nicht mehr zu schaffen. Aber keine Angst: Es gibt bereits positive Beispiele wie eine moderne Personalentwicklung gelingt. Durch einen erhöhten Fokus auf den Lernenden, durch Einbezug des Lernenden in die Konzeption des Lernens und durch mehr Selbstverantwortung für den Lernenden.
„Wenn die interne Personalentwicklung nicht das richtige Trainingsangebot bietet, wird sie überflüssig.“
Customer Centricity - Personas helfen.
In meinen Augen haben die Personalentwickler in den letzten Jahren die eigentlichen Lernenden etwas aus dem Fokus verloren. Sie haben sich auf Inhalte, Konzepte, Budgets vielleicht auch notwendiger Weise mit IT und Infrastruktur fokussiert. Um jetzt den sich immer schneller ändernden Anforderungen gerecht zu werden, muss die Personalentwicklung den Lernenden wiederentdecken. Die eigene Rolle als Serviceanbieter anzunehmen und Lernen zu ermöglichen, jedoch auf Augenhöhe mit den Lernenden, schafft die Grundvoraussetzung in Zukunft gute Personalentwicklung leisten zu können. Den Lernenden als Kunden zu verstehen ist eine der Herausforderungen klassischer Personalentwickler. Großartige Konzepte und pädagogisch wertvolle Trainings sind leider zu oft unattraktiv und schwer in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Der Blick über den Tellerrand hinaus lohnt sich. Andere Bereiche wie Marketing und Innovationsmanagement konnten durch die Fokussierung auf den Kunden, die Zielgruppe wesentliche Erfolge in den letzten Jahren feiern (Zur Inspiration empfohlen: Seth Godin. This is Marketing). Dort wird neu-deutsch: Customer-Centricity mittels definierter "Personas" hergestellt. Eine Persona steht für eine charakteristische Darstellung einer Person Ihrer Zielgruppe (Frei nach: David Meerman Scott, The New Rules of Marketing & PR, Second Edition, Verlag: John Wiley & Sons, Inc. 2009). Durch die Darstellung einer Lerner Persona versteht man die Zielgruppe besser. Idealerweise verifiziert man die Darstellung durch gezielte Befragungen der Zielgruppe und weitere Einschätzungen aus anderen Fachbereichen. Das so entstandene Bild (es können auch mehrere Zielgruppen und damit Personas nötig sein) ermöglicht es in zweiten Schritt die Probleme und Herausforderungen besser zu verstehen und passende Angebot und Lernlösungen anzubieten.
Beispielsweise könnte deutlich werden, dass über die Zielgruppe vermehrt über WhatsApp kommuniziert. Ein Lernangebot über dieses Medium verfügbar zu machen oder zu verbreiten, wird mehr Lernende erreichen, als über die bisher genutzten Kanäle über E-Mail oder Flyer. Das Lernen kann darüber nicht nur anders beworben werden, es könnte auch ganz anders stattfinden. Anstelle eines langen E-Learnings könnten auch kurze Videoclips über What‘s App verbreitet werden, einen höheren Zuspruch und damit höheren Erfolg widerfahren.
Den Lerner frühzeitig einbinden - Feedback ist nicht nur ein Happy-Sheets.
Bisher wird das Feedback bei Trainings oft vernachlässigt. Wenn überhaupt, werden häufig kurze Umfragen im Nachgang zu den Weiterbildungsmaßnahmen angestoßen. Dieses Feedback bezieht sich häufig mehr auf die Qualität der Butterbreze am Morgen, als auf den konkret gewonnen Mehrwert aus dem Training.
Co-Creation, so nennt man es gerne, wenn der Lernende (oder Kunde) direkt in die Entwicklung der Trainings (oder Produkte) involviert wird. Ganz konkret heißt das, dass die Personalentwicklung Ihre Hoheit über Trainingskonzepte aufgibt und die Zielgruppe direkt in die Entwicklung des Trainings mit einbezieht. Man umgeht damit zwei Probleme. Zum einen ist der lange Weg über Konzeption des Trainings, Durchführung eines Piloten, Auswertung des Feedbacks und Überarbeitung des Konzepts durch Co-Creation deutlich kürzer. Der Lernende bestimmt schließlich direkt mit, welche Inhalte und Beispiele, welche Themen und Übungen durchgeführt werden sollen. Zum anderen lernen die Teilnehmer bereits durch die Konzeption des Trainings erste Inhalte kennen und beschäftigen sich zwangsläufig bereits vor dem eigentlichen Training mit den Inhalten. In Ansätzen ohne Co-Creation versucht man dies häufig über Pre-Work oder ähnliche Konzepte im Vorfeld anzustoßen, durch Co-Creation geschieht dies ganz automatisch, ohne, dass der Lernende überhaupt bemerkt, dass bereits gelernt wird. Außerdem entstehen so Konzepte, die direkt in den Arbeitsalltag integriert werden können. So werden Trainingskonzepte modularer gestaltet und Lernen findet vermehrt im täglichen Doing statt.
„Die Lernenden sind es gewohnt, dass sie bestimmen können, wie der neue Laufschuh aussehen wird, den sie kaufen. Warum sollten sie das beim Lernen nicht auch können?“
Bezieht man in die Co-Creation von Trainings auch noch die Chef-Etage mit ein, so erhält man zusätzliche positiven Effekte. Der Vorgesetze bestimmt ein Stückweit mit, welche Inhalte und Kompetenzen geschult werden und kann danach besser nachvollziehen, was die Mitarbeiter nach dem Training besser können sollen. Fordert der Vorgesetze danach die geschulten Mitarbeiter gezielt durch Aufgaben, in denen die erlernten Fähigkeiten eingesetzt werden müssen, trägt dies wesentlich zum Lerntransfer und nachhaltigem Lernerfolg bei. Dazu kommt, dass das Lernen einen höheren Stellenwert im Unternehmen erhält. Schließlich beeinflusst der Vorgesetzt wesentlich die Lernmotivation der Belegschaft.
„Wenn der Chef sich Zeit nimmt, entsteht echte Wertschätzung für Lernen!“
Mehr Selbstverantwortung für Lernen
Zu guter Letzt kann auch eine agile und schnellagierende Personalentwicklung nicht alle Bedarfe decken. Je nach Geschwindigkeit des Geschäfts werden nicht alle Lernbedarfe lange genug vorhanden sein, um konkretes und konzeptionell aufbereitetes Lernen zu ermöglichen. Die Verantwortung, sich darum zu kümmern die nötige Fachkenntnis zu erwerben, kann von der Personalentwicklung an die Lernenden zurückgegeben werden. Dafür müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden. Oft müssen Mitarbeiter Lernen wieder erlernen. Über die Jahre hat man der Belegschaft vorgegeben, was zu lernen ist. Selbst zu erkennen, wo der eigene Lernbedarf ist und wie dieser dann gedeckt werden kann, ist oft eine große Hürde.
Die Personalentwicklung kann hier positiv auf die Lernkultur und die Lernkompetenz einwirken. Zum Beispiel über das oben erwähnte Co-Creation-Modell und den Einbezug der Führungskräfte. Anderseits auch über klassische „Lernen lernen“ Seminare oder über eine Lernbegleitung durch Lerncoaches, die den Lernenden auf seinem Weg zur Selbstlernkompetenz begleiten. Dazu gehört auch die nötige IT zur Verfügung zu stellen, dazu gehört Anlaufstellen zu sein, für Lernwillige, um das richtige Angebot zu finden. Dazu gehört auch eine Lernkultur zu befeuern, der Lernen wertgeschätzt wird. Man gibt aber nicht mehr vor, was, wann und wie zu lernen ist. Die Verantwortung für Lernen liegt immer schon beim Lernenden selbst. Die Personalentwicklung kann und sollte Wegbegleiter, Ermöglicher und Katalysator für Lernen sein. Ich freue mich auf den Weg, damit wir irgendwann sagen können:
HR Specialist L&D and Employer Branding
5 JahreTolles sum-up! Die Seminarplanung wird jedes Jahr individueller und sehr bedarfsorientiert - und nur die "Core-Trainings" bleiben bestehen. Wir versuchen es oft mit Pilot-Trainings, und dann sieht man sofort, ob ein Konzept funktioniert.
🌈 Lernen darf leicht sein - Ausbilden auch! 💖 Ich bilde Ausbilder aus, dass sie erfolgreicher ausbilden. Vielen Azubis fällt es schwer zu lernen. Ich zeige ihnen, wie sie leichter lernen und Prüfungen bestehen.
5 JahreDanke für Deine Gedanken.
🌈 Lernen darf leicht sein - Ausbilden auch! 💖 Ich bilde Ausbilder aus, dass sie erfolgreicher ausbilden. Vielen Azubis fällt es schwer zu lernen. Ich zeige ihnen, wie sie leichter lernen und Prüfungen bestehen.
5 JahreWürde dieses Vorgehen, lieber Sebastian Krammer dann nicht auch flexiblere Budgets für Weiterbildungen bedeuten - unabhängig von Stichtagen? Das erlebe ich nämlich stets. Ausbildungsverantwortliche und -leiter finden mein spooky Angebot sehr spannend, aber die Budgets sind schon verplant und bieten keinen Spielraum für Themen außerhalb des Seminarkatalogs. Bis dann wieder Budget zur Verfügung steht, habe ich mein Angebot schon wieder weiter entwickelt, denn jedes meiner Trainings und Workshops lernt von den vorhergehenden.
Coach | Investor | Speaker
5 JahreGibt es eigentliche bewährte Anbieter von Lehrangeboten via "Whatsapp"?
Catalyst for creative & educational video communication
5 JahreSchön geschrieben Sebastian Krammer! Ich freue mich auch sehr auf den Weg :-)