Das Prinzip des Vertrauens
Wenn man fremde Unternehmen betritt, kommt es immer wieder vor, dass man an prominenter Stelle im Foyer dem Firmenleitbild begegnet. Geschmackvoll eingerahmt verkündet ein eindrucksvoller Text, wofür man steht und was von überragender Bedeutung ist.
Bekanntlich ist Papier geduldig. Ebenso bekannt ist, wie schnell mittels gruppendynamischer Prozesse in Managementseminaren realitätsferne Ziele formuliert werden, die nur einen Schönheitsfehler aufweisen: Sie haben wenig mit dem Alltag zu tun. – Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie weit der Weg eines Leitbilds von der Tafel eines Seminarraums bis ins Herz eines Mitarbeiters sein kann?
Sie fragen, warum das so ist? Weil Menschen zuerst der Führungs-persönlichkeit vertrauen und dann dem Leitbild. Mich erinnert dies an einen humorvollen Satz aus der Kindererziehung: „Alle Anstrengungen nützen nicht, die Kinder machen dir sowie so alles nach.“ – Wie gesagt, das klingt ein wenig humorvoll und sicher auch verkürzt, macht aber deutlich, worauf es mir ankommt: die Macht des Vorbilds.
Mitarbeiter orientieren sich an ihren Vorgesetzten. Deshalb sollten Sie mehr Energie in Ihr Handeln stecken als ins Ausarbeiten von Unternehmensleitbildern. Fragen Sie sich lieber: Haben Sie Ihren Mitarbeitern genügend Anlass gegeben, Ihnen zu vertrauen? Wenn dem so ist, werden Ihre Mitarbeiter gerne Ihrer Vision folgen. Wenn aber nicht, spielen Größe und Kraft Ihrer Worte keine Rolle.
Der Managementberater John C. Maxwell unterscheidet vier Situationen:
- Wenn Mitarbeiter weder von der Führungspersönlichkeit noch dem Leitbild über zeugt sind, lassen sie sich nicht gewinnen. Sie verharren in einer abwartenden Haltung. Warum sollten sie einem unglaubwürdigen Vorgesetzten Glauben schenken? Warum sich für ihn einsetzen? Es ist sicherer, mit Lippenbekenntnissen aufzuwarten und ansonsten möglichst unauffällig in der Deckung zu bleiben, denn Chefs und Leitbilder kommen und gehen. Vielleicht ist morgen schon alles anders.
- Sind Mitarbeiter von der Führungsperson nicht überzeugt, wohl aber von der Unternehmensvision, suchen sie sich (unbewusst) einen neuen Leiter. Der mag zwar in der Firmenhierarchie keine Führungsrolle bekleiden, tut es aber aufgrund seines Einflusses doch. Die Folge: unsichtbare und ungesunde, aber sehr nachhaltig wirkende Parallelstrukturen entstehen.
- Sind Mitarbeiter mit der Führungsperson, nicht aber mit der Unternehmensvision einverstanden, suchen Mitarbeiter nach einer neuen Vision. Die Folge ist, dass das Unternehmensleitbild zur Dekoration schrumpft.
- Sind Ihre Mitarbeiter von der Führungsperson und dem Leitbild überzeugt, ziehen sie mit. Das Ergebnis kann eine Aufbruchsstimmung werden, die so viel Schwung entwickelt, dass ein Ruck durchs Unternehmen geht.
Es kommt darauf an, dass man Ihnen vertraut. Dieses Vertrauen müssen Sie sich erarbeiten und das braucht bekanntlich Zeit. Zäumen Sie das Pferd nicht von hinten auf, damit meine ich das Leitbild, denn das Tier könnte mit den Hinterläufen ausschlagen.
Frage: Wie investieren Sie in das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter?
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Kann Deinen Kommentar nur unterstützen, Antoinette. Wir sollten wegkommen von der alleinigen Betrachtung der Führung-(skräfte) und die Führungsbeziehungen mehr in den Mittelpunkt stellen - es ist ein gegenseitiger Prozess.
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8 JahreMir ist das leider etwas zu einseitig - natürlich spielt die Führungsperson sowohl in Bezug auf Vertrauen in den Arbeitgeber als auch für das Vertrauensklima eine Rolle. Aber Vertrauen beruht auf einer Beziehung und "trust begets trust". Wichtig wäre meiner Meinung nach, dass Führungspersonen (endlich) den Mitarbeitenden vertrauen. Ohne Mut und Demut auf der Seite der Leader bleiben wir leider beim Bild der Kindererziehung, die dem heutigen Arbeitsplatz nicht gerecht wird. Im übrigen kann auch ein Leitbild nur zum leitenden Bild werden, wenn es gemeinsam erarbeitet wird (aber das wäre wohl ein anderes Thema).
keep calm and -carry on in your bussiness-
8 JahreDiesen Thesen kann man uneingeschränkt zustimmen.