Das A und O beim offline Netzwerken (Natascha Miljkovic)
„Netzwerktreffen? Zum Glück kann ich mir die jetzt sparen! Seit es LinkedIn gibt, vermeide ich langweiligen Smalltalk mit drögen Leuten komplett!“ sagte eine liebe Freundin vor kurzem zu mir. Zugegeben, sie ist ganz allgemein ein eher in sich gekehrter Mensch, doch eben dieses ängstliche Vermeidungsverhalten schadet ihr langfristig – beruflich wie privat. Wenn Sie Netzwerken auch gerne nur auf den Online-Bereich beschränken (möchten), werden Sie nach diesem Artikel anders denken!
Online versus offline Netzwerken – beides ist besser!
Die Schilderung meiner Freundin enthält einen sehr großen Denkfehler: Insgeheim meint sie, wie viele andere auch, dass man sich zwischen entweder online ODER offline Netzwerken entscheiden müsse. Dem ist nicht so! Im Gegenteil: Je vernetzter wir online werden, umso essentieller und nachhaltiger wird der direkte und persönliche Kontakt zu Mitmenschen. Online-Netzwerke wie LinkedIn sind auf jeden Fall sehr nützlich … aber meist nur beim Initiieren und Verwalten dieser Kontakte. Will ich hingegen ein dichtes und sehr tragfähiges Kontaktenetzwerk aufbauen, kommt man um persönliche Treffen nicht herum.
Zwei weitere gefährliche Annahmen, die in der kurzen Aussage zu Beginn, deutlich werden, sind: 1) Smalltalk ist schrecklich und 2) mir unbekannte Menschen sind meist langweilig. Wir alle kennen diese wenig erfolgreichen Treffen sicherlich zur Genüge: Die Vorträge/ Besprechungen nehmen kein Ende und es kommt zudem dabei zu keiner Conclusio. Alle sind so schlau wie zuvor aber viel desillusionierte, gar verärgert. Dann geht man zu einem (mit etwas Glück bereitgestellten und ebenfalls mit Glück guten) Buffet und ergattert etwas zu essen, nur um sich an einem Tisch mit einer Gruppe stiller Langweiler oder lauten Schwätzer wieder zu finden.
Leidigen Smalltalk verwandeln
Smalltalk hat allerdings, wie wir in einem der vorherigen Postings unserer Reihe zur Bucherscheinung bereits beschrieben haben, sehr wichtige Funktionen. Unter anderem ermöglicht es sich gegenseitig „Abzutasten“: Hinter den scheinbar banalen Fragen und allgemeinen Antworten zum Wetter, der Güte des Essens oder der Eignung des Treffpunktes steckt viel mehr:
Ist jemand „Freund“ oder „Feind“?
Hat sie/ er gleiche Interessen?
Könnte ich ihr/ihm nützlich sein und umgekehrt?
Das macht man idealerweise nicht, indem man sofort konkrete Fragen stellt wie „Ich heiße xy und brauche einen Kontakt zu wz - haben Sie einen?!“ Dabei würden sich beide Seiten noch schlechter fühlen!
Wer wie ich zur Introvertiertheit neigt, kann sich auf solche sozialen Situationen vorbereiten. Ich habe gelernt, dass es fast allen anderen auch keinen großen Spaß macht bei Events zu sein und immer wieder beobachtet, dass alle warten bis eine/ einer eine Frage stellt. Heureka! Also sammle ich Fragen zum Einstieg, was mir besonders dabei hilft, während des Netzwerkens keine langen „stummen Phasen“ durchleiden zu müssen. Außerdem arbeite ich am aktiven Zuhören und Fragetechniken, um Menschen, die ich interessant finde, schneller etwas besser kennen zu lernen.
Den Beginn macht eine Einstimmung auf das Event. Das kann bei mir wie folgt ablaufen:
- Wie möchte ich „auftreten“? - Ich sehe nach, wo man sich trifft und wer einlädt. Je offizieller, umso eher ziehe ich mich „businesslike“ an. Das mag oberflächlich erscheinen, mir persönlich ist es sehr wichtig, weil ich gelernt habe, dass der erste Eindruck eben doch essentiell ist. Auch in dem Umfeld, in dem ich mich üblicherweise bewege, an Hochschulen, wo viele argumentieren mögen, es komme auf den Inhalt an, auf Logik und Argumentation. (Tiefen-)Psychologisch gesehen ist das unwahr – Menschen haben Augen, Vorurteile und vorherige Erlebnisse und alle entscheiden wir in kürzester Zeit nach Erblicken eines anderen über sie/ ihn. Wieso dann von vorneherein einen schlechteren Start anstreben? Der „Inhalt“ muss sowieso immer stimmen.
- Ich informiere mich über die SprecherInnen und wenn möglich auch über die angemeldeten Gäste. Wenn es meine Zeit erlaubt, sende ich im Vorfeld sogar Einladungen an ausgewählte Kontakte weiter oder frage bei einzelnen Personen an, ob sie dort auch anzutreffen sein werden. Das hat mehrere Vorteile – man hat einerseits gute Inputs und Fragen zu den Inhalten parat, schenkt anderen eine möglicherweise nützliche Information, ruft sich bei anderen dabei wieder ins Gedächtnis und festigt Kontakte. Zudem tritt man eventuell nicht ganz alleine auf.
- Ein- und Ausstieg aus Gesprächsrunden sind meine wenig gemochten Momente, darum überlege ich mir hierfür auch nochmals mehrere Szenarien, wie man das machen könnte.
Das mag auf Sie sehr streng und künstlich wirken. Es ist jedoch keineswegs als „Rehearsal“ gedacht, wenn ich mich so vorbereite, noch danach in irgendeiner Form fix! Meine Intentionen damit sind, vor allem später nicht um Worte ringen zu müssen, sondern aus vielen Möglichkeiten passend wählen können. Das lässt mich ruhiger werden, so kann ich besser zuhören und tiefere Verbindungen zu anderen aufbauen. So kann ich aber auch spontaner reagieren, weil ich mich nicht zu sehr überrumpelt fühle von all dem sozialen Andrang (was dennoch immer wieder passiert, es ist eben nicht jeder Tag gleich gut).
Harmonischer Tanz zwischen Fragen und Zuhören
Das Zuhören können wird meiner Ansicht nach ohnedies stark unterschätzt. Seit etlichen Jahren beschäftige ich mich mit Selbstmarketing – einer der „Grundsätze“ dabei ist es zu trommeln! Ja, die berühmt-berüchtigte sprichwörtliche Werbetrommel rührt man eben nicht leise. Hier sind Introvertierte eindeutig im Nachteil, oder? Das sehe ich nicht ganz so! Vielen bleibe ich eben genau wegen meiner Fragen und Konzentration im Gedächtnis!
Wer zu sehr auf sein eigenes Selbstmarketing aus ist, wenn sie/ er an Netzwerk-Aktivitäten teilnimmt, vergibt sich viele gute Chancen. Mein Leitspruch ist „Locker nehmen!“ – für mich ist Netzwerken ein wenig wie flirten. Ein wenig Vorbereitung ist toll aber dann bitte voll und ganz auf die andere Person konzentrieren und von sich mitteilen, was man dem anderen über sich unbedingt präsentieren möchte. Sich konkrete Vorstellungen für ein Event vorzunehmen sind in Ordnung (zum Beispiel einen bestimmten Kontakt kennenlernen, 3 Visitenkarten neuer Kontakte sammeln). „Ziele“ wir Kontakte zu drängeln, ausquetschen oder für nützliche Informationen zu nötigen sind ein absolutes No Go!
Der Rest ist Spaß an der Freude am Netzwerken! Viel Erfolg!
PS: Noch ein Tipp für die bereits etwas Mutigeren unter Ihnen: Probieren Sie doch einmal diese Challenge aus!
ÜBER DIE AUTORIN
Natascha Miljković ist Inhaberin der Firma „Zitier-Weise“ (einer Agentur für Wissenschaftsberatung), Science Counsellor und präventive Plagiatsprüferin. Sie berät Bildungseinrichtungen zum Themenkreis akademische Unredlichkeiten und ist weiters als Vortragende, Autorin und Editorin tätig.
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WENN SIE MEHR ZU DIESEM THEMA WISSEN MÖCHTEN
Diese Anregungen entstammen wie rund 200 weitere Tipps und Übungen dem UTB-Ratgeber „Erfolg in Studium und Karriere“. Die HerausgeberInnen Dr.in Natascha Miljković (Wissenschaftsberatung Agentur Zitier-Weise) und Dr. René Merten (ABSOLVENTENAKADEMIE) bieten darin zusammen mit den beiden Gastautorinnen Mag.a Regina Fenzl und Mag.a Katrin Miglar (beide Schreibzentrum der FH der Wiener Wirtschaft) Studierenden und Young Professionals zu den Themen Studium, Karriere, Kontakte und Netzwerken Anleitungen für gelungenes Selbstcoaching.
ISBN 9783825247706
UTB-Titelnummer: 4770 (auch als E-Books erhältlich!)
Erscheinungsdatum: Juni 2017