Das vernetzte Unternehmen – Führung, Management und Organisation
Dass sich etwas ändert, spüren wir alle. Die Mitarbeiter, die sich im Unternehmen vernetzen und das Miteinander als freien und vor allem effizienten Teil der täglichen Arbeit wahrnehmen. Die Organisation, weil sie agiler, innovativer und vor allem flexibler wird in ihren Prozessen und Projekten. Und nicht zuletzt ist es die Unternehmensführung, die sich den neuen Herausforderungen stellen muss. Heißt dies nun, dass radikal alle Manager keine Manager mehr sind, dass die Unternehmensführung ihre Führung abgibt und ALLEN überlässt? Nein, es bedeutet vor allem sich mit den neuen Möglichkeiten von den überholten Prinzipien zu befreien. Wie sich Führung durch Netzwerke in Schritten ändert
Die Herausforderungen der Führung, Management und auch die Organisation selbst gegenüberstehen, sind eigentlich die der althergebrachten Denkweisen und Prinzipien. In einem vernetzten Unternehmen gilt nicht mehr die Sicherung von Wissen als Machtbasis, sondern das Befähigen dieses Wissens als Wertbestandteil des Unternehmens. Es muss sowohl außerhalb wie innerhalb des Unternehmens zum Fließen gebracht werden.
Schritt 1 Management und Führung müssen als ersten Schritt in diesem Umdenken begreifen, dass Wissen nicht in Silos, Dateien oder Wikis dokumentiert werden kann. Das Wissen besteht in den Erfahrungen, der Kommunikation und dem Austausch der Wissensträger - den Mitarbeitern. Also müssen Manager und Führungskräfte eben ihre Mitarbeiter befähigen, dieses Wissen zu teilen, es preiszugeben und vor allem ihnen aufzeigen, dass dieses Preisgeben gewollt und gewünscht ist.
Schritt 2 Der zweite radikale Schritt ist, dass Management ebenfalls fließen muss und flüssig sein wird. Wenn Mitarbeiter befähigt sind, sich auszutauschen, gemeinsam zu arbeiten und vor allem selbstbestimmt zu handeln, dann wird die Rolle von Management in dieser Umgebung zu einer Flüssigkeit, die sich nach den Schwerpunkt ausrichtet, nach dem Aufgaben-, Projekt- oder auch Herausforderungsschwerpunkt der entsprechenden Community. Das Management und das gemeinsame Arbeiten organisiert sich entlang der Communities und werden sich immer wieder neu zusammenstellen bzw. organisieren. Heißt dies nun, dass Manager überflüssig werden? Nein, aber sie werden wieder Teil der Wertschöpfung und sind nicht mehr die Sonder- und Kontrollinstanz, die sie in den vergangenen Jahren waren.
Schritt 3 Der dritte Schritt ist nicht besonders radikal aber er bewegt die Unternehmensführung zu ihren Ursprüngen zurück - Unternehmensentwicklung, Vordenken und Innovieren. Die Unternehmensführung wird durch den vernetzten Mitarbeiter und das flüssige Management befähigt, das Unternehmen weiterzuentwickeln und das Geschäftsmodell immer wieder herauszufordern oder sogar in Frage zu stellen.
Revolution Zappos
Natürlich kann das vernetzte Unternehmen auch wesentlich radikaler und weiter gedacht werden. Hierfür bietet das wieder aktuelle Beispiel von Zappos eine gute Grundlage, um aufzuzeigen, dass der Wandel auch immer eine Revolution gleichkommt. Veränderungen müssen Bestandteil des Unternehmens sein und vor allem muss die Unternehmensführung zu Hundert Prozent dahinter stehen und den Wandel auch bewegen. Change Management hat in diesem Zusammenhang keine Erfolg, wenn es bei der Verankerung der Veränderungen versagt.
Auf Wiedersehen, Boss! bei Zappos
Keine Stellenbezeichnungen, keine Manager und keine Hierarchie mehr. Nicht allzu viele Unternehmen werden Zappos dabei folgen, eine Netzwerkorganisation radikal zu Ende zu führen. Das müssen sie auch nicht. Was man aber von Zappos lernen kann ist, dass die Übertragung von Kompetenzen auf die Mitarbeiter Folgen für den "Bauplan" der Organisation haben muss. Oder es wird nicht funktionieren. Bei Zappos führt die Transformation zu einem völlig neuen Modell von Mitarbeiterführung. Genauer eigentlich zu einer "Selbstführung" im Rahmen der jeweiligen Communities des Netzwerks. Dass dies funktionieren kann, das haben bereits ähnlich organisierte Firmen vorher zeigen können. Gleichwohl ist eine solche Organisation nicht führungslos oder ohne Hierarchie. Sie ist nur sehr anders aufgebaut. Dynamisch, flexibel und vor allem nicht fest gebunden an Funktionen, Personen und Organisationsformen.
Das fragile System des Wandels
Was aktuell immer wieder zum Thema Zappos die Runde macht, ist die Tatsache, dass knapp 250 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben, weil sie das System der Holokratie für sich nicht als richtig empfunden haben. Wenn man so will befindet sich Zappos tatsächlich am schwierigsten Punkt des Wandels: Die Veränderung durchhalten und verankern. Kritik und Untergangsstimmung hin oder her, Zappos geht mit seinem Ansatz einen neue, radikalen und revolutionären Weg in der Unternehmensführung und in der Organisation und solch ein Weg, der das Normale durchbricht, wird immer Menschen und Gewohntes zurücklassen. Das Management und die Führung die Zappos durch die Vernetzung und durch sein neues Organisationsprinzip anstrebt, ist neu und muss sich durch Fehler und Versuche bewähren. Niemand sagt, dass es perfekt ist. Es muss sich entwickeln. So ist es auch mit der Führung und der Organisation in einem vernetzten Unternehmen - es muss sich entwickeln. Wir können nicht die Blaupause von Zappos nehmen und jedem Unternehmen überstülpen. Es ist vielmehr der Ansatz und das Wagen, was zum Vorbild gereichen muss. Alles weitere muss jedes Unternehmen für sich und aus sich entwickeln sowie ausprobieren.
Loslassen und Managen
Was kann nun das Management und die Unternehmensführung im Wandel des vernetzten Unternehmens tun?
- Die Chance im vernetzten Unternehmen sehen und nicht über den eigenen Nutzen nachdenken
- Menschen und Mitarbeiter anhand von Wissen, Offenheit und Partizipation führen
- Wissen als ständig wachsenden und flüssigen Wert des Unternehmens ansehen und diesen befähigen
- Führung als Anleiten und Vorleben leben
- Das eigene Geschäftsmodell und alle Prozesse, Methoden und Bereiche immer wieder herausfordern und neudenken
Schließlich ist der Wandel des Unternehmens zu einer vernetzten Organisation nur ein weiterer Schritt im beständigen Umgestalten des Unternehmens selbst. Gibt es keine Wandel mehr, steht das Unternehmen still und handelt nicht mehr im betriebswirtschaftlichen Sinne.
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9 JahreHallo Herr Thielke, in ihrem Artikel finde ich sehr anregende Gedanken. Das für mich zentrale Stichwort ist „Selbstführung“ – und sollte in jeder Organisation eine Rolle spielen und nicht nur bei Zappos. Wobei Selbstführung ja nicht bedeutet, dass die Mitarbeiterführung überflüssig wird. Im Gegenteil, denn Selbstführung ergibt sich nicht von selbst, sie muss ermöglicht werden. Und das setzt eine ganz neue Qualität der Führung voraus. Solange sich Führungskräfte vor allem über ihr fachliches Knowhow definieren, dass man also etwas besser kann oder weiß als die Mitarbeiter, solange wird jeder Mitarbeiter, der vielleicht etwas mehr kann oder weiß als der Chef/die Chefin, zur Bedrohung, zur Gefahr, dass derjenige vielleicht morgen den eigenen Platz einnehmen könnte. Wenn Führungskräfte sich mehr wie die „Dirigenten“ eines „Orchesters“ verstehen, dann könnte es funktionieren. Der Kapellmeister kann ja auch nicht jedes Instrument besser spielen als seine Musiker. Er ist dazu da, hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass gute Musik gespielt wird. Genauso sollte eine Führungskraft ihre Rolle darin sehen - im übertragenen Sinn - gute Musik zu produzieren. Um solch ein Verständnis von Führung zu erlangen, wird es notwendig sein, dass die Führungskräfte nicht einfach nur neues Führungswissen erlangen, also rein theoretisch zu WISSEN, warum, weshalb, wozu Selbstführung wichtig ist, sondern das wird nur über einen emotionalen Entwicklungsprozess möglich sein. Dazu gehört auch, dass sich Führungskräfte mit ihren verinnerlichten Werten beschäftigen. Ebenso mit den eigenen Ängsten und Befürchtungen, die solche neuen Rollenbilder bei ihnen auslösen werden. Und da ist meine Erfahrung, dass Trainingsmaßnahmen alter Schule, ja selbst ein Coaching für Führungskräfte an ihre Grenzen stoßen. Ich meine, dass hier Supervision zum Tragen kommen müsste. Weil Führungskräfte durch dieses „learning by doing“ nicht nur mehr über sich selbst als Führungskraft erfahren, sondern auch Fähigkeiten entwickeln, die sie für ihre neue Rolle als Führungskraft in vernetzten Unternehmen unbedingt benötigen. Viele Grüße Harald G. Butzko
Galisto | Wissensmanagement und Innovation
9 JahreVielen Dank für diesen Artikel Herr Thielke. Die Mitarbeiter machen die Einzigartigkeit eines Unternehmens aus. Wird kein Vertrauen aufgebaut, fehlt auch die Einzigartigkeit. Das Unternehmen wird damit austauschbar. Eine Organisation hat m. E. eine eigenständige Identität, die durch eigenes, unvergleichbares Wissen, einem Body-of-Knowledge, der sich aus dem Wissen seiner Mitarbeiter zusammensetzt, repräsentiert wird. Die Wert-Erhaltung dieses Organisations-Wissens wird aufgrund der zunehmenden Dynamik zum Erfolgsfaktor. Dabei kommt heute kein Unternehmen mehr ohne entsprechende (IT-)Unterstützung aus. Ich stelle fest, dass zur Problemlösung oft einfach ein weiteres (hierarchisch organisiertes oder funktional abgegrenztes) Silo dazugestellt wird und man damit dem Vernetzungsgedanken kaum Rechnung trägt. Eine echte Unterstützung ist nur möglich, wenn auch in den unterstützenden Systemen der "flüssige Wert" allen Beteiligten in einer, der Vernetzung Rechnung tragenden, Form abgebildet zur Verfügung gestellt werden kann.
Platform Economics Lead at AWS | Innovation Driver | Product Management Expert | Ecosystem Value Streamer | AI Agent Swarm Enthusiast
9 JahreVielen Dank Herr Mueller. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: Vertrauen ist die Basisessenz, die man in den Unternehmen braucht. Ich und vielleicht ist das die Schwäche meines Posts, gehe davon aus, dass Vertrauen für die neuen Organisationsformen unabdingbar ist und einfach da ist. Eigenständiges Handel funktioniert nicht ohne Vertrauen, Experimentieren funktioniert nicht ohne Vertrauen, Loslassen funktioniert nicht ohne Vertrauen. Vielen Dank für Ihre Worte Herr Juergen Mueller.
Consultant bei FORMOSA Art, Taipei Taiwan - (+15K) The Leading Feng Shui Compass (Luopan) Manufacturer
9 JahreSehr guter Artikel, Herr Sebastian Thielke! Es gibt ziemlich genau das wider was ich seit Jahren aufbaue und erlebe. Einen Punkt habe ich allerdings vermisst: Vertrauen. Vertrauen zum Mitarbeiter und ebenso das Vertrauen zum Manager oder Teamleiter. In dieser Struktur ist es - aus meiner Erfahrung - relativ schwierig dieses gegenseitige Vertrauen aufzubauen.