Daten als Profitquelle - Königsklasse des digitalen Geschäftsmodells
Daten sind zum wichtigen Gut der digitalen Welt geworden. Sie können Grundlage für neue Geschäftsmodelle sein und alte über den Haufen werfen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, über welche Daten man bereits verfügt, welche man erheben kann und wie diese nützlich für das Unternehmen sein könnten.
Immer mehr Unternehmen haben angesichts der Digitalisierung damit begonnen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Sie möchten Zukunfts-Technologie zur Verbesserung oder Erweiterung ihres Angebots nutzen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten wie z.B. digitale Veredelung von bestehenden Produkten oder Everything as a Service (XaaS). Doch einen wirklichen Schub bringen vor allem datenbasierte Geschäftsmodelle, also die Nutzung von erhobenen Echtzeit-Felddaten für Kunden, das eigene Unternehmen oder Dritte. Mit solchen Geschäftsmodellen lassen sich neue, branchenfremde Kunden und Geschäftsfelder erschließen. Auch die Nutzung der Daten für den Eigenbedarf, um zum Beispiel mehr über das Nutzerverhalten zu erfahren oder Forschung und Entwicklung gezielter zu betreiben, schlägt sich letztlich in der Generierung neuer oder besserer Geschäfte nieder. Die höchste Kunst ist schließlich die Schaffung eines digitalen Ökosystems - in der Regel eine Plattform, sei es eine Produktplattform wie Amazon oder Alibaba, eine Technologieplattform wie Tesla oder Industrie 4.0 oder eine Marketing-/Sales-Plattform wie Facebook oder Salesforce. Das Ökosystem stellt den einzigen und zentralen Zugang zum Kunden dar und wer die Kundendaten hat, verfügt über die Macht, denn nichts ist in der digitalen Welt wichtiger als der Kunde.
Technologie für den Kunden
Die Digitalisierung und die Möglichkeit, automatisiert Daten zu gewinnen und auszuwerten, ist lediglich der Enabler, der es Unternehmen ermöglicht, sich voll und ganz auf den Kunden zu konzentrieren. Denn letztlich geht es darum: Daten müssen entweder dazu beitragen, Prozesse zu optimieren und so Kosten zu sparen oder nützlich für eine bestimmte Kundengruppe sein, und so zusätzliches Geschäft zu generieren und zwar an jedem Punkt, an dem der Kunde mit dem Unternehmen in Berührung kommt.
Der Landmaschinenhersteller Claas zum Beispiel unterstützt mit Wetterdaten in einer Agrarmanagement-Software den Landwirt dabei, seine Arbeitsplanung den Witterungsbedingungen anzupassen. Die vernetzten Maschinen übertragen außerdem alle Daten, die für eine Wartung oder Reparatur relevant sind, direkt an ein Serviceportal. Ein Ökosystem wird geschaffen, indem auch die Maschinen anderer Hersteller einbezogen werden sowie zusätzliche Informationen über Düngemittel, Bodenbeschaffenheit etc. Viele Unternehmen verschaffen sich zusätzliches Wissen über ihre Kunden, indem sie ihnen Kundenkarten, Kundenbindungsprogramme und ähnliches mehr anbieten. Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihr Angebot besser auf die Wünsche des Kunden abzustimmen und die Kanäle zu bespielen, die der Kunde bevorzugt. Je mehr jemand über seine Kunden weiß, desto besser kann er seine Ressourcen einsetzen und desto größer der Nutzen des Kunden.
Kompetenz und Querdenker
Daten an sich besitzen keinen Wert. Es ist die Auswertung, die Analyse, die sie nützlich macht. In diese Kompetenz müssen Unternehmen investieren, die mit Daten erfolgreich sein möchten, sei es intern oder für externe Unterstützung. Man kann sich nicht davor drücken, denn die Datenmengen, denen sich jedes Unternehmern gegenüber sieht, wachsen exponentiell.
Doch die Daten- und Analysekompetenz reicht nicht. Sie muss zusammenkommen mit neuen Ideen und einem geänderten Verständnis von Zusammenarbeit und Kundenfokussierung. Die Datenanalysten werden nur dann erfolgreich sein, wenn die Fachabteilungen sie mit ihrem Wissen über Prozesse, den Kunden und seine Bedürfnisse unterstützen. Die Querdenker müssen sich vom Tagesgeschäft lösen und in neuen Bahnen denken. Über welche Daten verfügt zum Beispiel eine Spedition? Wie können diese Daten genutzt werden, um Waren sicherer und schneller zum Kunden zu bringen und Leerfahrten zu vermeiden? Wie müsste eine Plattform aussehen, die auch anderen Speditionen und deren Kunden diesen Nutzen bringt?
Emotion vor Preis
Daten kann man auf vielfältige Weise nutzen, man muss sie nur sammeln und entsprechend klug aufbereiten. Ein digitales datenbasiertes Geschäftsmodell funktioniert nur, wenn es auf einer klaren Strategie aufbaut: Es muss das Leben seiner Nutzer vereinfachen und besser machen. Dafür darf es nicht bei den Daten stehen bleiben. Es nützt nichts, den Kunden mit einem tollen Angebot, das genau seinen Wünschen entspricht, zu locken und ihn dann zum Beispiel nach dem Kauf alleine zu lassen. Algorithmen und Menschen müssen Hand in Hand arbeiten. Angesichts schrumpfender Märkte und gleichen Produkten von gleicher Qualität wird künftig nichts wichtiger sein als die Kundenbeziehung. Emotionen schlagen Preis und Qualität.
Informierte Intuition
Der Streamingdienst Netflix ist ein gutes Beispiel für die profitorientierte Nutzung von Daten. Anfang Januar 2016 hatte das Unternehmen gut 70 Millionen Kunden. Die Ziele sind ehrgeizig: So soll bis 2020 jeder dritte Deutsche Netflix-Kunde sein und 80 Prozent der Abonnenten sollen aus einem Land außerhalb der USA stammen. Jetzt ist Netflix unter die Serienproduzenten gegangen und im Gegensatz zur ARD mit Erfolg. Die selbst produzierte Serie „House of Cards“ schlägt alle Rekorde. Das liegt daran, dass das Seriendesign auf Nutzerdaten basiert. Die Entscheidung für „House of Cards“ fiel auf Basis einer Datenanalyse, die zeigte, dass die Netflix-Nutzer eine Vorliebe für den Schauspieler Kevin Spacey, den Regisseur David Fincher und das britische Original von „House of Cards“ hatten. Die Nutzungsdaten führten auch dazu, dass alte Serien wie „Full House“ oder „Gilmore Girls“ wieder ins Programm aufgenommen wurden und verstärkt Kindersendungen produziert werden. Netflix-Chef Reed Hastings nennt solche Entscheidungen, die zu 70 Prozent auf Daten und zu 30 Prozent auf eigenem Urteil basieren, „informierte Intuition“.
Die Sehgewohnheiten der Kunden, regionale Unterschiede und Präferenzen sowie Trends sind für Netflix der größte Trumpf auf dem Weg zu mehr Reichweite. Die Expansion wird letztlich über Algorithmen gesteuert. Am Ende bestimmen sie über die Ausstattung der riesigen TV- und Filmbibliothek.