Der Finanzplatz setzt auf Nachhaltigkeit

Der Finanzplatz setzt auf Nachhaltigkeit

Wir alle wollen eine intakte Umwelt. Auch der Schweizer Finanzplatz. Ist dieser führend in Sachen Nachhaltigkeit und verbessert fortlaufend seine Position als bester Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen, verringern wir nicht nur unseren globalen Fussabdruck, sondern eröffnen uns damit auch neue Marktchancen. Dabei kann der Finanzsektor nur dann einen effektiven Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wenn er wettbewerbsfähig bleibt und über Rahmenbedingungen verfügt, welche dieser Ambition gerecht werden.

Uns allen ist mittlerweile klar, dass wir mit zunehmend knappen Ressourcen nicht mehr dermassen verschwenderisch haushalten können wie bis anhin. Die Finanzbranche hat sich denn auch von Anbeginn weg hinter die Ziele des Pariser Klimaabkommens gestellt. Viele Banken haben sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt. An diesen werden sie gemessen. Auch wollen die Kundinnen und Kunden zunehmend von nachhaltigen Finanzdienstleistungen profitieren. Nachhaltige Finanzanlagen haben deshalb enorm an Bedeutung gewonnen, sowohl in der Vermögensverwaltung und der Anlageberatung als auch bei Pensionskassen und Versicherungen. So haben sich in der Schweiz solche Anlagen über die letzten 5 Jahre hinweg mehr als verzehnfacht: von CHF 140 Mrd. im Jahr 2015 auf über CHF 1'520 Mrd. im Jahr 2020.

Anlage- und Finanzierungsseite als Hebel

Neben der Anlagetätigkeit ist die Finanzierungsseite ebenso wichtig. Damit die Schweizer Volkswirtschaft bis 2050 Netto-Null kompatibel ist, sind Investitionen im Umfang von insgesamt fast CHF 400 Mrd. erforderlich. Im Durchschnitt bedeutet dies einen jährlichen Investitionsbedarf von rund CHF 13 Mrd. Auch wenn diese Summe gewaltig erscheint: Das Gute ist, unser Finanzplatz ist so stark, dass ein Grossteil der notwendigen Investitionen mittels Kreditvergaben und über den Kapitalmarkt finanzieren werden kann. Dies zeigt die jüngste Studie der Schweizerischen Bankiervereinigung und der Boston Consulting Group zum Finanzierungsbedarf für eine klimaneutrale Schweiz. Nutzen wir also dieses Potential, um die Klimaziele zu erreichen.

Fokus auf die Transition der Schweizer Volkswirtschaft

Oftmals wird gefordert, gewisse Investitionen in CO2-lastige Industrien zu verbieten. Damit würde jedoch keineswegs weniger Treibhausgas emittiert. Die Finanzierungströme würden bloss umgeleitet. Zudem: Die CO2-lastige Wirtschaft wird verschwinden. Niemand investiert in Unternehmen, die keine Zukunft mehr haben und laufend an Wert verlieren. Statt ein Verbot für diese Art von Finanzierungstätigkeit zu fordern und die Banken in die Rolle des Klimapolizisten zu drängen, macht es Sinn, diese Unternehmen so umzubauen, dass sie in Zukunft kompatibel mit den angestrebten Klimazielen des Bundes werden. Weiter werden Kredite zwar von Banken angeboten, aber es sind die Eigentümerinnen und Eigentümer, welche den Investitionsentscheid fällen. Es lohnt sich daher, mit geeinten Kräften darüber nachdenken, wie wir Privatpersonen und Unternehmen bei der Transition zu nachhaltigen Lösungen unterstützen können. Die Finanzdienstleister spielen dabei in der Finanzierungs- und Anlageberatung eine wichtige Rolle. Die Banken setzen auf eine Reihe eigener Initiativen, haben ihr Angebot an Dienstleistungen unter Berücksichtigung von ESG-Faktoren stark ausgebaut und gleichen ihre Geschäftstätigkeit an die Prinzipien entsprechender internationaler Initiativen an.

Transparenz und Messbarkeit als Grundvoraussetzung

Die Banken können es jedoch nicht allein richten. Damit dieser Umbau gelingt, ist ein optimales Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Finanzplatz entscheidend. Der Staat ist gefordert, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine wichtige Voraussetzung für nachhaltige Anlagen und Finanzierungen ist die Transparenz. Kundinnen und Kunden müssen wissen, wie gross der ökologische Fussabdruck der Güter und Dienstleistungen ist, die sie kaufen. Zentral ist dabei, dass die Transparenzregeln nicht nur die Finanzdienstleister, sondern für die gesamte Wirtschaft gelten. Nur so kann der Investor entscheiden, ob er mit seinen nachhaltigen Investitionen tatsächlich etwas bewirken kann. Schliesslich braucht Nachhaltigkeit einen einheitlichen Bewertungsstandard. Grüne und nachhaltige Anlagen sind für Investorinnen nicht immer als solche zu erkennen oder entsprechen nicht immer den Erwartungen. Weltweit sind zurzeit solche Standardisierungsanstrengungen im Gange. Wichtig wird dabei sein, einen vernünftigen Grad an Standardisierung zu erreichen, ohne ein neues regulatorisches Bürokratiemonster zu schaffen.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil und Reputationsfaktor

Entscheidend ist schliesslich, dass die Unternehmen und Privatpersonen fortlaufend in nachhaltige Massnahmen wie bspw. in Gebäudesanierungen, in die Umstellung auf energieeffizientere Produktionsverfahren oder in die Umrüstung von Fahrzeugflotten investieren. Zahlreiche Projekte in den verschiedenen Sektoren der Schweizer Wirtschaft zeigen, dass grosse Schritte in Richtung einer emissionsfreien Produktion gemacht werden – besonders auch aus einer Wettbewerbsperspektive: Nicht-nachhaltige Geschäftsmodelle sind Auslaufmodelle, die immer mehr kosten. Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil und Reputationsfaktor und somit auch eine Frage des wirtschaftlichen Überlebens.

Dieser Beitrag ist in leicht gekürzter Form zum ersten Mal am 16. August 2021 in der Weltwoche erschienen.



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