Der Manager in Umgang mit der Corona-Krise
Haftungsrisiken und Handlungsmöglichkeiten – eine Orientierungshilfe
Von Rechtsanwalt Karsten Kiesel, Schultze & Braun
Stand: 19. März 2020
Die Corona-Pandemie geht nicht alleine mit gesundheitlichen Risiken, für die zahlreiche Verhaltensregeln verfügbar sind, einher. Sie hat auch eine immer größer werdende wirtschaftliche Dimension. Denn sie gefährdet mit zunehmender Dauer die Liquidität und das Fortbestehen bislang wirtschaftlich erfolgreicher Unternehmen. Diese sich in vielen Branchen anbahnende wirtschaftliche Krise des Unternehmens geht für die Organe der jeweiligen Gesellschaft mit persönlichen Risiken einher, die Managern von Unternehmen ohne Bezug zu wirtschaftlichen Krisensituation fremd sind. Ich möchte Ihnen hierzu heute eine erste Orientierung bieten.
Wie bei den gesundheitlichen Aspekten gilt: Man sollte sich die Gefahren vergegenwärtigen und einige Regeln einhalten. Dadurch können zwar Risiken nicht sicher beseitigt werden. Man kann sie aber wesentlich reduzieren.
1. Auf Sicht leiten – Krisenstadium kontrollieren!
Vorstände und Geschäftsführer – also die Leitungsorgane der Gesellschaft – müssen bei Krisenanzeichen die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft laufend kontrollieren und sich über die Vermögens- und die Liquiditätslage der Gesellschaft informieren. Droht dem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung, sind weitere Maßnahmen erforderlich. So ist beispielsweise beim Verlust der Hälfte des Stammkapitals bei vielen Gesellschaftsformen eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Verletzt ein Geschäftsführer diese Pflicht, kann das bereits eine Ordnungswidrigkeit sein. Vertieft sich die Krise, werden auch die Anforderungen an das Verhalten der Organe einer Gesellschaft strenger.
2. Gegenmaßnahmen einleiten – Staatliche Hilfen nutzen!
Zur Beschaffung von Liquidität kann demnächst ein angekündigtes staatliches Programm (ein KfW-Programm) in Anspruch genommen werden (vgl. Mitteilung der KfW). Die Abwicklung soll über die jeweilige Hausbank erfolgen. Es ist zu erwarten, dass zumindest der Bedarf und die Corona-Pandemie als Ursache glaubhaft gemacht werden müssen, um an finanzielle Hilfen zu kommen. Zudem ist bei den zu erwartenden Fallzahlen mit Verzögerungen zu rechnen, auch wenn eine schnelle Bearbeitung versprochen wurde. Zwei weitere KfW-Programme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (für kleine und mittlere Betriebe sowie für Großbetriebe) sind in Planung.
Es ist damit zu rechnen, dass die Auszahlung solcher Darlehensmittel oder Direkthilfen davon abhängig gemacht wird, dass der Bedarf auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht und eine Sanierung des Unternehmens aussichtsreich ist. Auch werden Mittel sicher nicht im Einzelfall unbeschränkt gewährt, sondern es muss der konkrete Finanzierungsbedarf dargelegt werden. Das wird voraussichtlich ein sachkundiger Dritter bescheinigen müssen.
Darüber hinaus können alternative Finanzierungmöglichkeiten wie Factoring, Wareneinkaufsfinanzierung oder Sale-&-Lease-back-Transaktionen genutzt werden, die vielfach in wirtschaftlichen Krisen erprobt sind.
Drohen sonstige Finanzierer ihre Finanzierungen zu kündigen, da beispielsweise bestimmte im Finanzierungsvertrag vereinbarte Bedingungen nicht mehr erfüllt werden können, sollte der Geschäftsführer frühzeitig eine Verhandlungslösung suchen und gegebenenfalls zusätzlichen Liquiditätsbedarf einplanen.
3. Entlastung bei Kapazitätsrückgang – Kurzarbeitergeld beantragen!
Bereits am 15. März 2020 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das die bisherigen Regeln beim Kurzarbeitergeld ändert. Die Neuregelungen haben folgende wesentlichen Inhalte:
- Wenn einem Unternehmen wegen der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung die Aufträge ausbleiben, kann der Betrieb Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Diese Schwelle liegt bisher bei 30 Prozent der Belegschaft.
- Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll verzichtet werden können. Bislang hatte das Gesetz verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden.
- Das Kurzarbeitergeld kann auch bei Leiharbeit bezogen werden.
- Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für ihre Beschäftigten zahlen müssen, soll die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten. In „normalen“ Zeiten ist der Arbeitgeber verpflichtet, für die Zeit der Kurzarbeit die Sozialversicherungsbeiträge zu 100 Prozent zu übernehmen.
Die neuen Regelungen gelten rückwirkend bereits ab dem 01. März 2020.
4. Indirekte Hilfen von Fiskus und Sozialversicherungsträgern!
Kürzlich haben mehrere Bundesländer umfangreiche Steuerzahlungserleichterungen angekündigt. Inzwischen wird der Prozess einheitlich für alle Bundesländer beim Bundesministerium für Finanzen (BMF) geführt. Folgende Maßnahmen sollen kurzfristig umgesetzt werden:
- Finanzbehörden sollen Steuerschulden leichter stunden können. Unternehmen erhalten so die Möglichkeit, Stundungen in Milliardenhöhe gewährt zu bekommen. Die hierfür erforderliche Abstimmung mit den Ländern hat das BMF bereits eingeleitet.
- Sind Unternehmen unmittelbar von der Corona-Pandemie betroffen, will die Finanzverwaltung bis Ende des Jahres 2020 auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge verzichten. Vollstreckungsmaßnahmen wie etwa Kontopfändungen sollen in solchen Fällen bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt werden.
- Es soll bessere Möglichkeiten geben, die Vorauszahlungen zu senken. Das dafür notwendige Verfahren soll erleichtert werden.
- Bei den Steuern, die von der Zollverwaltung verwaltet werden (z.B. Energiesteuer und Luftverkehrssteuer), sei die Generalzolldirektion angewiesen worden, den Steuerpflichtigen entgegenzukommen. Gleiches gilt für das Bundeszentralamt für Steuern, das für die Versicherungssteuer und die Umsatzsteuer zuständig ist und entsprechend verfahren soll.
Folgende weitere Maßnahmen in Bezug auf die Umsatzsteuer und Lohnsteuer sollen diskutiert werden:
- Die Verlängerung von Abgabefristen für Umsatzsteuervoranmeldungen oder
- eine generelle Umstellung zu quartalsweisen Voranmeldungen.
Ein BMF-Schreiben zu diesen Themen wird zeitnah erwartet.
Diverse Kommunen haben mitgeteilt, dass sie hinsichtlich der von ihnen erhobenen Steuern (insbesondere bei der Gewerbesteuer) gleichlautend oder ähnlich verfahren wollen.
5. Insolvenzantragspflicht – Empfindliche Konsequenzen drohen!
Diese Maßnahmen helfen den Unternehmen. Wie schnell sie umgesetzt werden können und ob sie ausreichende Wirkung entfalten, ist allerdings nicht absehbar. Leitungsorgane, insbesondere wenn sie über keine Erfahrung mit akuten und existenzbedrohenden Situationen für ihr Unternehmen verfügen, sollten daher einen Blick auf die Rahmenbedingungen einer Insolvenzantragspflicht und die dazu geplanten Maßnahmen werfen.
Grundsätzlich sind die Leitungsorgane bei den meisten Gesellschaftsformen verpflichtet, kurzfristig einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn ihr Unternehmen insolvenzreif ist, also überschuldet oder zahlungsunfähig. Wie erwähnt, muss die Frage der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinne überwacht werden. Liegt eine Insolvenzreife bereits vor, sind die Möglichkeiten einer Sanierung und generell die Handlungsmöglichkeiten der Leitungsorgane außerhalb eines Insolvenzverfahrens sehr eingeschränkt.
In diesem Fall muss die Geschäftsleitung unverzüglich, das heißt innerhalb von höchstens drei Wochen, Insolvenzantrag stellen. Andernfalls drohen einschneidende strafrechtliche Konsequenzen. Führt die Geschäftsleitung den Geschäftsbetrieb unverändert fort, kann sogar unmittelbar mit Eintritt der Insolvenzreife eine persönliche Haftung des Leitungsorgans für sogenannte verbotene Zahlungen greifen. Dem kann grundsätzlich nur begegnet werden, indem die meisten Zahlungen sofort gestoppt und unverzüglich Insolvenzantrag gestellt wird. Derzeit spielt es keine Rolle, was der Grund für die Insolvenzreife ist, ob also z.B. die Corona-Pandemie der Grund für die Probleme ist und in welcher Situation sich das Unternehmen zuvor befand.
6. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – weitere Erleichterungen in der Corona-Krise!
In der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Krise würde diese Situation voraussichtlich kurzfristig einen regelrechten Tsunami an Insolvenzverfahren auslösen. Die staatlichen Hilfen werden voraussichtlich nicht schnell genug zur Verfügung stehen, um die Liquidität vieler Unternehmen rechtzeitig wieder herzustellen und deren Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung zuverlässig zu verhindern. Daher beabsichtigt die Bundesregierung, die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen aussetzen, die durch die Corona-Pandemie geschädigt wurden. Vorbild dafür sind die staatlichen Maßnahmen nach den Hochwasserkatastrophen in den Jahren 2002, 2013 und 2016 (vgl. Pressemitteilung des BMJV vom 16.03.2020).
Auch wenn Details zur kurzfristig geplanten Neuregelung aktuell noch nicht bekannt sind, kann davon ausgegangen werden, dass das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht kurzfristig gesetzlich geregelt wird. Nach den Erfahrungen in den Hochwasserfällen können Leitungsorgane jedoch nicht damit rechnen, dass die Antragspflicht pauschal suspendiert wird.
Um in dieser Situation Trittbrettfahrer zu vermeiden, wird es daher – und insoweit vergleichbar mit den Hochwasserfällen in der Vergangenheit– voraussichtlich erforderlich sein, dass
- der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht,
- ernsthafte Finanzierungs- und Sanierungsverhandlungen geführt und nicht kurzfristig abgeschlossen bzw. Anträge auf öffentliche Hilfen nicht kurzfristig gewährt werden können und
- durch die Maßnahmen die begründete Aussicht auf eine Sanierung besteht.
Die Maßnahmen werden voraussichtlich bis 30. September 2020 - mit einer Verlängerungsmöglichkeit bis 31. März 2021 - befristet werden.
Liegen die vom Gesetzgeber voraussichtlich geforderten Voraussetzungen nicht vor, ist die Insolvenzantragspflicht auch nicht ausgesetzt. Kommt es später doch noch zu einem Insolvenzverfahren, wird das Leitungsorgan später nachweisen müssen, dass eine begründete Aussicht auf eine Sanierung des Unternehmens bestand und zudem allein die Corona-Pandemie der Grund für die Schieflage war. Gerade bei Unternehmen mit ersten wirtschaftlichen Problemen schon vor Beginn der Pandemie wird gerade das Schwierigkeiten bereiten. Abhilfe könnte hier die Bescheinigung schaffen, die ein Unternehmen voraussichtlich benötigt, um Gelder aus den angekündigten staatlichen Programmen zu erhalten.
7. Persönliche Risiken für die Leitungsorgane – Haftungsrisiken bleiben möglicherweise bestehen!
Mit dem Aussetzen der Insolvenzantragspflicht werden die strafrechtlichen Risiken für die Leitungsorgane beseitigt, insbesondere im Hinblick auf einen verspäteten Insolvenzantrag. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber erkannt, dass die persönliche und krisenspezifische zivilrechtliche Haftung ebenfalls beseitigt werden muss, wenn der Geschäftsbetrieb nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung fortgesetzt wird. In den Hochwasserfällen war dies nicht der Fall. Es drohte den Leitungsorganen weiter die persönliche Haftung mit eigenem Vermögen, wenn das Unternehmen noch Zahlungen leistete, während eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bestand (vgl. Schmidt, ZInsO 2013, 1463, 1465).
Nun sollen die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Gesellschaftsrecht angepasst werden (insb. § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 64 S. 2 GmbHG, §§ 177a S. 1, 130a HGB, § 99 S.2 GenG). Die geplanten Änderungen sind jedoch kein Freibrief für eine unveränderte Fortführung des Geschäftsbetriebes. Vermutlich werden nur bestimmte Zahlungen privilegiert, in dem eine in den Vorschriften bereits enthaltene Privilegierung erweitert wird. Die Erweiterung dürfte konkret Zahlungen erlauben, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes dienen.
8. Insolvenzreife eingetreten – Was ist zu beachten?
Um die Änderung und ihre konkreten Auswirkungen auf die persönlichen Haftungsrisiken besser einordnen zu können, muss man sich zunächst die aktuelle Situation ohne die beabsichtigte Neuregelung vergegenwärtigen:
Liegt eine Insolvenzreife vor, können Sanierungsmöglichkeiten nur innerhalb einer kurzen Frist von längstens drei Wochen geprüft werden, ohne dass man sich als Leitungsorgan möglicherweise strafbar macht. Unmittelbar mit Insolvenzreife greifen zudem regelmäßig die bereits erwähnten gesellschaftsspezifischen Haftungsvorschriften, die zu einer persönlichen Zahlungsverpflichtung der Leitungsorgane führen können, wenn es später zu einem Insolvenzverfahren kommt. Deren Höhe kann sich annähernd im Bereich des Umsatzes aus der gesamten Geschäftstätigkeit nach Eintritt der Insolvenzreife bewegen.
Um diese typische persönliche Haftung zu vermeiden, können auch bislang nur noch ganz bestimmte Zahlungen an Geschäftspartner geleistet werden. Grundsätzlich muss das Leitungsorgan aber alle Vermögensabflüsse verhindern und haftet andernfalls dafür persönlich.
Nimmt das Unternehmen beispielsweise einen Bankkredit oder geduldete Kontoüberziehungen in Anspruch, muss das Leitungsorgan grundsätzlich alle erwarteten Zahlungseingänge auf ein vorhandenes oder neu einzurichtendes Guthabenkonto umleiten. Auszahlungen aus vorhandenem Guthaben oder der Barkasse sind nach den bisher geltenden Regelungen haftungsfrei nur zulässig, wenn sie mit der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes“ vereinbar sind, durch die die vorhandene Haftungsmasse nicht geschmälert wird oder deren Unterlassen für das Leitungsorgan mindestens eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Die Gerichte legen hier bislang grundsätzlich einen strengen Maßstab an. Dahinter steht die Vorstellung, dass die Gesellschaft, jedenfalls unter der Verantwortung der bisherigen Geschäftsleitung, gerade nicht weiter am Geschäftsverkehr teilnehmen soll.
Hinzu kommt, dass das Leitungsorgan für die konkreten Zahlungen gegebenenfalls die Einhaltung der strengen Kriterien nachweisen muss. Wie schwierig die konkrete Beurteilung im Einzelfall bislang ist, kann man sich am Beispiel der Zahlung im Zusammenhang mit Arbeitnehmern vergegenwärtigen:
- Die Lohnzahlung selbst ist in der Regel nicht erlaubt (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 - II ZR 319/15).
- Bei den anfallenden Sozialversicherungsbeiträgen können die Arbeitnehmeranteile pflichtversicherter Arbeitnehmer bezahlt werden, da hier eine Bestrafung droht (BGH, Urteil vom 08.06.2009 - II ZR 147/08).
- Die Zahlung auf die Arbeitgeberanteile führt dagegen zu einer Haftung (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2011 - II ZR 196/09).
Eine haftungsfreie Fortführung des Unternehmens in dieser Phase ist kaum möglich und nur realistisch, wenn sich die Leitungsorgane von Spezialisten für Krisensituationen beraten lassen. Eine länger andauernde Fortführung des Unternehmens in einem solchen Zustand ist bislang nicht gewollt. Dies gilt weiterhin uneingeschränkt für Unternehmen, bei denen die Insolvenzreife nicht auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht.
9. Was ändert sich aktuell? – Keine vollständige Entwarnung!
Durch flankierende Regelungen zur Insolvenzantragspflicht werden die Privilegierungsmöglichkeiten erweitert. Nunmehr sollen voraussichtlich alle Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, privilegiert sein, soweit die Insolvenzreife auf der Corona-Pandemie beruht und die Insolvenzantragspflicht daher ausgesetzt ist.
Zwar ist damit zu rechnen, dass in den Fällen, in denen sich später ein Insolvenzverfahren nicht vermeiden lässt, sich eine großzügige Auslegung zugunsten der Leitungsorgane durchsetzen wird. Dennoch ist allen betroffenen Organen zur Vermeidung künftiger Haftungsrisiken zu empfehlen, die Einhaltung der Kriterien möglichst konkret zu dokumentieren. Dokumentiert werden sollten insbesondere die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht allgemein sowie – zumindest in Zweifelsfällen – der Umstand, dass bestimmte Zahlungen der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes dienen.
10. Ausblick für Corona-geschädigte Unternehmen
Selbst wenn der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht vorübergehend aussetzt und die staatlichen Liquiditätshilfen greifen, werden die operativen Verluste Spuren im Jahresabschluss der Unternehmen hinterlassen. Gleichzeitig werden sich die Rahmenbedingungen wegen der Corona-Pandemie und der bereits zuvor absehbaren Umwälzungen nachhaltig verändern. Bereits jetzt zeichnet sich beispielsweise ab, dass sich Lieferketten verändern und nicht mehr nur Kostengesichtspunkte für deren Struktur entscheidend sind. Daher wird über die unmittelbare Sanierung hinaus eine Neujustierung von unternehmerischen Konzepten erforderlich sein. Diese geht zwar über die betriebs- und finanzwirtschaftliche Sanierung hinaus, kann aber dennoch ihre Grundlage in der Bescheinigung der Sanierungsaussichten haben. Auch wenn dies heute vor dem Hintergrund der unmittelbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie und der allseitigen Unternehmensführung im Krisenmodus sehr schwer fällt: Das künftige unternehmerische Konzept sollte dabei nicht aus dem Blick geraten.
Der Autor:
Rechtsanwalt Karsten Kiesel ist im Bereich Sanierungs- und Insolvenzberatung bei der Kanzlei Schultze & Braun tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Insolvenzrecht- und Gesellschaftsrecht. Er verfügt über langjährige Erfahrung bei der prozessualen und außerprozessualen Abwehr von krisen- und insolvenzspezifischen Haftungsansprüchen sowohl für Kreditinstitute und Lieferanten als auch für Geschäftsführer und Gesellschafter. Er ist für diverse Anbieter als Referent im Bereich insolvenzspezifischer Ansprüche tätig.
CHANGE. MANAGEMENT. SUCCESS: CFO, Interim Executive Finance | Projekt- & Change-Manager | Restrukturierer
4 JahreEine Krise wie die gegenwärtige hat es in dieser Form noch nie gegeben. Entgegen mancher Behauptung handelt es sich zumindest wirtschaftlich um keine reine "Corona-Krise". Corona war der exogene Schock, der "Schwarze Schwan". Manche Grundlagen waren schon vorher gelegt. Es wird dennoch darauf ankommen, Unternehmen durch wirksame Führung und professionelle Restrukturierung und Sanierung wieder auf die Erfolgsspur zu bringen und dadurch die Fortführung der Unternehmenstätigkeit (“going concern“) zu sichern. Zudem gilt es, für die Erhaltung möglichst vieler rentabler Arbeitsplätze zu kämpfen. Diese Umbruch- und Krisensituationen durch Fachkompetenz und wirksame Führung zu meistern ist schon schwierig genug. Die besonderen Haftungsrisiken des Geschäftsführers (und auch „faktischen“ Geschäftsführers“) verliert man dabei leicht aus den Augen. Vielen Dank daher, Herr Kiesel, für Ihre sehr gute Zusammenfassung der Haftungsrisiken und der Handlungsmöglichkeiten in schwieriger Zeit!
Senior Key Account Executive bei Alarm IT Factory GmbH
4 JahreDanke für die gute Zusammenstellung
Make. Sales. Flow. | Trainer & Coach für Sales Performance | anspruchsvolle Ziele erreichen - Neukunden gewinnen - professionelle Preisverhandlungen
4 JahreSehr hilfreiche und ausführliche Erläuterung Herr Kiesel. Werde ich gleich weiterleiten.