Der Trugschluss - Kapazitätsplanung

Der Trugschluss - Kapazitätsplanung

Ich erlebe es oft, dass vom Management nach der Kapazitätsplanung gefragt wird. Wer steht wann wieviel zur Verfügung? Welche Personen müssen wir für ein Vorhaben wie lang zu welchem Prozentsatz in euer Projekt einplanen bzw. freistellen damit Ihr das Ziel (der Produkterstellung) in der vorgegebenen Zeit einhalten könnt?

Diese Fragestellung zeigt auf, dass hier noch die klassische Denkweise des plangetriebenen Projektmanagements vorherrscht. Der Fragende unterstellt damit wissentlich oder auch unwissentlich, dass der Liefergegenstand (das Produkt) bekannt ist. Das ist aber oft nicht der Fall.

Wenn nun der Liefergegenstand NICHT bekannt ist, kann auch keine zuverlässige Planung der Arbeitsschritte erfolgen. Wenn dies nicht möglich ist, kann eben auch keine Aussage getroffen werden, wer mit welchem Wissen und Fähigkeiten wie lang oder gar wann benötigt wird.

Dem gegenüber geht der agile Planungsansatz davon aus, dass wie das Ergebnis eben NICHT genau kennen. Daher kann dies auch nicht der Ausgangspunkt der Planung oder Schätzung sein. Stattdessen akzeptieren wir, dass wir das Ergebnis eben NICHT kennen und starten mit dem bekannten: Wir legen selbst eine Zeit fest (Timebox) die wir kennen, weil es diese Zeit im Kalender tatsächlich gibt. Da wir auch ungefähr das Produkt kennen was erstellt werden soll, wissen wir welche Fähigkeiten das Team braucht, um das Produkt herzustellen. Dieses Team (6-8 Personen) ordnen wir für genau diese Zeit der Timebox (evtl. 2 Wochen) dem Team fest und ausschließlich zu. Wenn das nicht möglich ist gibt es andere Möglichkeiten – aber für unser Beispiel ist es so einfacher.

Mit dem Planungsansatz: Zeit ist fest, Team und Kapazität ist ebenfalls fest, bleibt als Variable noch das Produkt: Wieviel Elemente des Produkts kann das feste Team in der festen Zeit herstellen? Nach der Timebox überprüfen wir das reale Ergebnis (statt den überholten PowerPoint Plan) und überlegen erneut ob wir bereit sind die feste Kapazität für eine neue Zeiteinheit zu investieren, um ähnlich viel Wertschöpfung am Produkt zu erzeugen.

Damit gibt es eben KEINE Kapazitätsplanung, sondern die Kapazität wird festgelegt. Es gibt KEINE Zeitplanung, denn die Zeit wird festgelegt. Das Produkt (Ergebnis) wird nicht festgelegt, sondern überprüft, wieviel Produkt ist in der Zeit mit der Kapazität entstanden. Mit dem Ansatz benötigen wir dann eben auch kein Lastenheft, in dem das Produkt genau festgelegt wird.

Wenn euer Manager das nächste mal fragt:

„Wie sieht die Kapazitätsplanung für das Produkt aus?“

könnte eine Antwort sein:

Wir wissen es diesmal GANZ GENAU, wir benötigen genau diese 6 Personen für genau 10 Arbeitstage zu genau diesen Kosten.

Das Ergebnis, was dabei entsteht, schätzen wir so ein..

Wenn wir es nicht erreichen, haben wir mit der kurzen Zeiteinheit

  • nur wenig Zeit und Geld „verschenkt“,
  • haben dennoch „etwas“ erzeugt,
  • haben etwas gelernt und
  • Sie können dann NEU entscheiden wie es weitergeht.

So erzeugen wir reale Ist-Werte statt Schätzungen und Pläne bei deren Nichteinhaltung, Sie, lieber Manager wieder Ihren Kopf hinhalten müssen.

Blog Eintrag auf Agile Mindset. Wie das genau für eine konkrete Situation in Ihrem Unternehmen funktionieren kann, könnten wir in einem Workshop "Liefertermin" diskutieren.

Ansgar WIMMER

Keynote Speaker, Agile Coach, Trainer und Consultant

4 Jahre

Sehr schön auf den Punkt gebracht. 👍🏻 Das Projektdreieck auf den Kopf gestellt.

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