Der ungebrochene Traum vom besseren Leben in der Stadt
Leihgabe des Hamburger Postkarten Museums -Wagner Serie

Der ungebrochene Traum vom besseren Leben in der Stadt

Als ein Mensch sich Anfang des letzten Jahrhunderts die Stadt der Zukunft ausmalte, wie es dieses Bildchen das Hamburger Postkarten Museums zeigt, hatten die Städte noch eine andere Erscheinung als heute.

Als diese Zukunftsphantasie der Serie Stollwerck entstand, mussten viele Arbeiter bis zu 17 Stunden am Tag arbeiten, ihre zahlreichen Kinder bis zu 12 Stunden. Das erwirtschaftete Geld reichte nur mit Glück für Lebensmittel. Es ging den meisten Stadtbewohnern in dieser Zeit schlecht. Viele wanderten aus und versuchten ihr Glück woanders. Große Hoffnungen lagen oft in einer Auswanderung nach Amerika.

Erste Mietshäuser entstanden in den Städten

Viele Menschen lebten mittlerweile in Mietshäusern. In Berlin wurden schon die ersten Mietshäuser mit mehreren Geschossen gebaut.

Die vielen Kinder spielten auf den engen Hinterhöfen auf der Straße. In den Wohnungen wurde so hoffnungslos beengt gewohnt, dass Krankheit und Tod Dauergäste waren.

Es gab noch keinen Autoverkehr wie heute. Die Straßen der Großstädte waren dennoch belebt: Mit Kutschen und Pferdegespannen.

Die Städte mit der höchsten Einwohnerzahl waren Berlin, Hamburg und Dresden. London war damals mit 3 Millionen Einwohnern größte Stadt in Europa.

Damals lebten die meisten Menschen auf dem Land. Immer mehr von ihnen zogen jedoch auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in die Stadt und kehrten dieses Verhältnis bald um.

Noch heute sind Städte sind nach wie vor Motor für Interessen, Austausch, Innovationen, Hoffnungen und Konflikte.

Die voranschreitende Urbanisierung teilt die Welt – in wenig Land- und viel Stadtvolk.

Städte werden zur Trennlinie unterschiedlicher Milieus. Durch den Anstieg der Lebenskosten innerhalb der Städte können sich zunehmend nur noch Gutverdiener den Wohnraum leisten.

Diejenigen, die weniger Geld haben, drängt es aus der Stadt hinaus auf das Land. Paradoxerweise müssen gerade die weniger Vermögenden hohe Mobilitätskosten tragen – meist ein Auto für jedes Familienmitglied – da umweltfreundliche Mobilität den Städten vorbehalten ist.

Städte sind der globale Lebensraum der Zukunft.

2050, so prognostizieren die Vereinten Nationen, leben fast 70 Prozent der Weltbevölkerung in der Stadt. „Lebensqualität“ ist das Zauberwort dieses Trends, der ungebrochen anhält und für ein enormes Ungleichgewicht im globalen Gefüge sorgen wird.

Ballungszentren werden verödeten Landstrichen gegenüberstehen, da es die Menschen auf der Suche nach Qualität für Ihr Leben in Form von Arbeit, Wohlstand und Selbstverwirklichung nach wie vor in die Metropolen zieht.

Städte sind heute hochkomplexe Gebilde aus Schichten und Strukturen, die miteinander verwoben sind und sich gegenseitig bedingen. Sie sind Entwicklungszentren und Testlabore und gebären dabei Megatrends.

In Deutschland leben rund 75 Prozent der Bevölkerung in Städten oder Ballungszentren. 1800, etwa hundert Jahre, bevor dieses Bild entstand, waren es nur 25 Prozent.

Vor der Industrialisierung trugen die Städte die Erscheinung mittelalterlicher Handlungszentren und wuchsen seitdem zu modernen Standorten für Produktion und Logistik. Als Heimat für die kreative Klasse liegen sie nach wie vor auf Platz 1.

Weiterbauen ohne Landverslust.

Der Zuzug in die Stadt bedeutet immense Herausforderungen an die Infrastruktur und Gebäudebestand. Wie weiter bauen und den Bewohnern Wohnraum bieten? Immer weiter wird „nachverdichtet“, also auf altem Bestand gebaut, weil kein Platz mehr für neue Gebäude vorhanden ist. Es ist von Hybridnutzung die Rede – wie in Tokio – bei denen Wohnaufstockungen auf Flachdächern, Parkhäusern und Gebäuden aller Art vorgenommen werden.

Die Stadt als gefräßige Umweltbelastung

Flächenmäßig bedecken Städte nur zwei Prozent der Erdoberfläche, verbrauchen aber 75 Prozent der weltweit benötigten Energie und produzieren 80 Prozent aller Treibhausgase.

Die Stadt als Ort der Kollaboration – bottom up statt top down.

In den Städten leben zunehmend Bürger, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Teilen, Tauschen und Partizipieren gehört zu ihrem Alltag. Die zunehmende Vernetzung der Menschen beeinflusst auch das städtische Leben. Baugruppen, Car-Sharing Modelle, Urban Gardening, Co-Working Spaces sind allesamt urbane Ideen und Modelle.

Mit immer geringerem Vermögen in den städtischen Kassen wird die Bedeutung der Bewohner als aktive Stadtgestalter immer gewichtiger. Sie sind Crowdfunder, gründen StartUps und starten Kulturprojekte. Dabei werden sie ganz nebenbei zu Gestaltern ihrer Städte.

Städte mit vielen grauen Haaren

Für Deutschland prognostiziert das statistische Bundesamt für 2050, dass über 30 Prozent der Gesamtbevölkerung 65 Jahre und älter sein werden. Die Stadt wird sich auf diese Menge alter Leute, die nach Lebensqualität verlangen, einstellen müssen. Es werden ganz neue Versorgungs- und Mobilitätskonzepte entstehen. Die Stadt wird sich so gestalten müssen, dass unabhängig von körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung Versorgung und Service weiterhin möglich sein wird.

Silberne Wohngemeinschaften

Niemand ist gerne einsam! Deshalb werden sich in den Städten ganz neue Wohnformen etablieren. Integrative Wohnhäuser von Jung und Alt, die Möglichkeiten von Austausch und Kontakt bieten. Wohngemeinschaften Älterer, die sich gegenseitig unterstützen – vieles ist denkbar. Eines ist sicher: Diese Alten wollen nicht in den Ruhestand. Sie sind fitter als Generationen vor ihnen und verlangen voller Tatkraft auch im Alter noch nach einem Leben mit Inhalt. Schon heute kann man beobachten, dass sie zur Zielgruppe für die Werbung werden.

So viele Jahre liegen zwischen städtische Vergangenheit und städtischer Zukunft. Die Welt hat sich gedreht und verändert. Manches städtische Problem ist gelöst, neue sind hinzugekommen und manche sind ungelöst – wie zum Beispiel der beengte Wohnraum.

Wohnraum und Platz – davon gibt es viel auf dem Land.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass es die Utopie von dem Dorf mit der Leuchtkraft einer Stadt gibt.

Ist das möglich – ländliches Leben – mit der Lebensqualität und den Möglichkeiten einer Stadt? Welches sind die Voraussetzungen für einen Gegentrend zur Urbanisierung?

Was ist nötig, damit es kreative und tatkräftige Menschen zurück zieht – in´s Dorf?

Erfahrt bald mehr über Dörfer mit „der Leuchtkraft einer Stadt“ – in meinem Utopiensammlerin – Blog.

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Eine These, die man glauben kann, oder auch nicht. Fakt ist, dass die Geschichte und die Biologie zeigen, dass Populationen, die zu dicht werden, wieder auseinanderfallen.  Auf der einen Seite lesen wir überall von der Digitalisierung und der Veränderung der Arbeitswelt, auf der anderen Seite prognostizieren wir mit heutigen Maßstäben nach vorne. Je mehr Leute in die Stadt ziehen, je mehr Enge und Stress wird es geben. Früher oder später wird es wieder eine Abwanderung geben, weil der Stress nicht mehr auszuhalten ist. Diese Abwanderung wird unterstützt durch digitalisierte Arbeitsplätze, die ein Leben außerhalb der Ballungsräume zulassen werden.  Wer sagt denn z.B. dass es in der Zukunft weiter Kaufhäuser und Supermärkte geben wird, wo Verkäufer vor Ort sein müssen? Das wird digital bestellt und dann analog zugestellt. Werden wir noch Universitäten benötigen, wenn heute schon Internet Lerngruppen dazu führen, dass diese Institute über ihre Zukunft nachdenken? Alles Dinge, die in Ballungsräumen heute vorhanden sind.

Brunhilde KOEBBEMANN

Leitung Showroom und Customer Service bei Pierre Frey

6 Jahre

Entscheidend wird die Infrastruktur sein. Öffentlicher Nahverkehr, Telekommunikation, Internet, Versorgung mit Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplätze, Qualität der Schulen, Freizeitangebote Wenn hier die Politik endlich handelt, dann gibt es viele Gründe, aufs Land zu ziehen

Der Trend wird sich bald umkehren- Menschen werden ortsunabhängig arbeiten und viel mehr in der Natur leben. Der run auf die Großstädte ist outdated.... es wird noch ein paar Jahre so gehen und dann wird jeder der sich das erlauben kann die Schönheit von Landschaften wiederentdecken und nicht zufrieden in Wohnungen umgeben von Lärm und 'Autos leben.

Adrian Berisha

In Ausbildung/Studium: Leibniz Universität Hannover

6 Jahre

Cool

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