Didaktik für Fortgeschrittene
- Die WhatsApp-Gruppe der Schulklasse bzw. Studierendengruppe läuft ab 23 Uhr heiss, weil morgen Prüfungen sind. Was wäre, wenn Lernende und Lehrende schon vorher diese WhatsApp-Gruppe als Ressource im gemeinsamen Prozess nutzen würden? Auf wie viele verschiedene Arten könnte man das tun?
- Pädagogische Ausbildungen schliessen oft mit einer Prüfungslektion, bei der die Durchführung der Planung zu entsprechen hat – wenn nicht gibt‘s Abzug. Was, wenn sich während dem Unterrichten eine Gelegenheit zeigt, die besser als die durchaus gute Planung ist? Wie allerdings lernt man, situativ umzuplanen, Chancen zu nutzen, auf Lernende aus dem Moment heraus einzugehen?
- Instrumentalunterricht ist im Regelfall Einzelunterricht. Welches Potenzial hätte eine Mischung aus Einzelunterricht und Gruppenunterricht, kombiniert mit einer Art von Intervisionsgruppe, in der sich die Lernenden ohne Lehrperson treffen? Wie lässt sich so etwas einführen, wie begleiten und gemeinsam steuern, wie intensiviert nutzen?
- „Hausaufgaben“ bringen im Durchschnitt so wenig, dass deren Abschaffung erfahrungsgemäss kaum Einbussen beim Lernen zur Folge hat. Andererseits: Lernende sollen doch unbedingt selber aktiv sein! Warum soll das nur während der Präsenz sinnvoll klappen? Didaktik für Fortgeschrittene stellt darum Fragen wie: Wovon hängt es ab, ob Flipped Classroom funktioniert? Oder allgemeiner: Was hilft, dass Selbstlernzeit produktiv wird? Und, nur so als kleine kreative Stichelei: Braucht es überhaupt etwas anderes als Selbstlernzeit – wenn doch wirkliches Lernen immer Selbstlernen ist? (Übrigens: Es kann funktionieren, wenn Lernende Hausaufgaben selbst definieren.)
- Wenn wir schon bei den produktiven Provokationen sind: Was kann man fürs Lehren lernen, wenn man den Vorschlag, das Lehren abzuschaffen, sorgfältig bedenkt?
- Wiederum in eine ganz andere Richtung gedacht: Wie Hattie auf Grund seiner Metaanalyse von 50‘000 empirischen Untersuchungen zu sagen scheint, hängt fürs Lernen sehr viel von der Lehrperson ab. Wenn dem so ist, können wir entweder sagen, es sei Schicksal, wie die Lehrperson eben ist. Oder wir investieren in die Lehrperson. Falls wir nicht bei Äusserlichkeiten stehen bleiben wollen: Was heisst es, in die Persönlichkeit der Lehrperson zu investieren? Unmöglich? Oder höchste Kunst?
Wir meinen, Fragen wie diese machen „Didaktik für Fortgeschrittene“ aus. Gerne möchten wir – Andrea Kumpe, Karin Fromherz, Dieter Amman und ich – uns gemeinsam mit etwa 15 Lehrpersonen aller Stufen zwei Jahre lang auf den Weg machen: Wir treffen uns ab Herbst 2017 etwa alle sechs Wochen für einen ganzen Samstag zu solchen Fragen und Themen. Dazwischen und drum herum soll ganz Verschiedenes in kleineren Gruppe und einzeln passieren – was genau und wie wird die Gruppe selbst am Starttreffen und fortlaufend definieren.
Dass das Ganze auch ein CAS-Weiterbildungsprogramm ist, das von drei ganz verschiedenen Einheiten der Hochschule Luzern interdisziplinär angeteigt wird, ist demgegenüber fast schon sekundär.
Nur ein Ei legen wir der Sache noch: Kunstanalogie. Wir geben der Gruppe mit auf den Weg, „Didaktik als Kunst“ zu sehen. Wenn erfahrene Lehrpersonen weiterkommen wollen, was können sie davon lernen, wie Künstlerinnen und Künstlern ihren eigenen fortlaufenden Kunstlern- und Kunstproduktionsprozess gestalten?
Fragen, wie sie eingangs beispielhaft genannt wurden, werden wir dabei experimentell angehen: „Ausprobieren“ ist das Schlüsselwort. Um zu erfinden und zu entscheiden, was und wie die einzelnen Mitglieder ausprobieren wollen, dafür steht jeder Person die Gesamtgruppe mit zur Verfügung. Der Fachaustausch unter Erfahrenen wird unsere wichtigste Ressource sein. Eine ganze Reihe weiterer Ideen für unsere Zusammenarbeit gibt‘s auch schon. Auf all das freue ich mich. Herzlich eingeladen – die Bewerbungsfrist läuft.