Die andere Kinder interessieren mich nicht

Meine Eltern hatten nicht so arg viel Geld und so kamen manche Errungenschaften der Menschheit erst vergleichsweis spät und dann Zug und Zug in mein Leben – wie z.B. eine Geschirrspülmaschine. Nach der Schule hat meine teilzeitarbeitende Mama immer für mich (meine Geschwister waren schon aus dem Haus) gekocht. Und nach dem Essen wurde entsprechend abgewaschen. Das hat sie übernommen. Mein Job war es entsprechend, Geschirr, Gläser, Töpfe, Besteck, usw. abzutrocknen. Das war eigentlich kein Problem für mich. Uneigentlich gab es aber die Monate, in denen in unserem kleinen Dorf das Freibad geöffnet hatte und sich das soziale Leben der Kinder und Jugendlichen an diesem Hotspot abspielte.

In der Zeit von Mai bis September verbrachte ich entsprechend nahezu jeden Tag mit brauchbarem Wetter in dem Freibad mit 50-Meter-Becken und Sprungturm. Und so fuhren meine Freunde und ich jeden Tag jeden Mittag nach der Schule mit dem Fahrrad zum Freibad. Meine Freunde mussten aber im Gegensatz zu mir – deren Haushalte verfügten bereits über eine Geschirrspülmaschine – eben nicht abtrocknen. Dementsprechend waren sie zehn bis fünfzehn Minuten eher als ich im Freibad. Ich versuchte natürlich, diese von mir ganz schrecklich empfundene Ungerechtigkeit des Lebens zu meinen Gunsten zu beseitigen und diskutierte dies leidenschaftlich mit meiner Mutter. Aber sie konterte mit „Die anderen Kinder interessieren mich nicht“ und sie ließ sich nicht erweichen – kein einziges Mal. Ich war damals nicht zufrieden mit diesem Verhandlungsergebnis. Aber dieser Satz ist mir - ganz tief verankert - in Fleisch und Blut übergegangen.

Und es verging kein Tag im Berufsleben, an dem mir dieser Satz nicht in den Kopf kam. Oft habe ich ihn dann auch ausgesprochen. Die mir im Laufe meines Berufsweges anvertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen ein Lied davon zu singen. 😉

Und wenn Menschen auf China oder die USA verweisen, die einen höheren Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen haben als Deutschland und damit implizit nachhaltige Maßnahmen und Lebensweisen in Deutschland mehr oder weniger ablehnen, möchte ich ihnen entgegenschreien „Die anderen Kinder interessieren mich nicht“.

Wenn du etwas für richtig, sinnvoll oder nützlich hältst, dann tu es – und verweise nicht auf andere. Tu es einfach.

Leider ist meine Mama schon vor langer Zeit – viel zu früh – verstorben und hat einen großen Teil meines Lebens(weges) nicht mehr verfolgen und daran teilhaben können. Aber „die anderen Kinder interessieren mich nicht“ ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil meines beruflichen und privaten Selbstverständnisses.

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