Die Börse hat keine Angst vor Frankreich-Wahlen
Wir steuern wieder auf einen Sommer zu, in dem Finanzprofis mit ordentlichen Buchgewinnen in den Urlaub fahren können. Der DAX ist seit Jahresbeginn um 8,5% angestiegen, der S&P 500 sogar um 15%. Wenn institutionelle Anleger auf ähnliche Gewinne blicken, können sie sich einen unbeschwerten Sommer leisten.
Ich denke, das wird dieses Jahr so geschehen, einmal abgesehen von den Wahlen in Frankreich, die nach wie vor eine Menge Turbulenzen mit sich bringen können.
Doch ich würde von einem Wahlausgang in Frankreich nur kurze Irritationen befürchten.
Wir sehen schon an Italien, dass als die Anti-Europa-Rhetorik, mit der Wählerstimmen gefangen wurden, am Ende nur zu einer moderat kritischen Europapolitik führen. Einmal in der Verantwortung, sehen viele Themen ganz anders aus. Oder auch: Manche Ansichten ändern sich mit den Aussichten.
So würde ich es auch für Frankreich erwarten, wenn Le Pen als Sieger aus der Wahl hervorgeht. Macron wird Präsident bleiben, muss sich jedoch künftig mit Le Pen abstimmen. Da wird es schwerer, Kompromisse zu finden. Doch Angst vor dem Anfang vom Ende der EU ist natürlich völlig übertrieben.
So dürften die Aktienmärkte in einer ersten Reaktion auf die Wahlen vermutlich schon schreckhaft nach unten gehen. Doch sie sollten sich schon bald fangen, wenn ersichtlich wird, dass Le Pen ihre Wahlrhetorik kaum in praktikable Politik umsetzen kann.
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Der Wahlerfolg der Rechten und der Konservativen spricht jedoch dafür, dass die ultralockere Haushaltspolitik der verschiedenen Regierungen in Europa künftig ein wenig eingedämmt wird.
Da leiden wir unter Inflation und die Notenbank schraubt den Leitzins auf Rekordhöhen, um die Inflation zu bekämpfen, doch gleichzeitig schütten viele Regierungen derzeit schuldenfinanzierte Sozialleistungen mit dem Füllhorn aus, was für die Bekämpfung der Inflation kontraproduktiv ist.
Somit würde perspektivisch eine solidere Haushaltspolitik in Frankreich, und daraus abgeleitet vielleicht sogar auch in anderen Ländern, der EZB bei der Inflationsbekämpfung helfen. Weitere Zinssenkungen könnten dann tatsächlich noch in diesem Jahr erfolgen.
Während wir also in der letzten Woche mangels Zuversicht die Hersteller von Investitionsgütern unter Druck gesehen haben, obwohl das Zinsniveau am langen Ende rückläufig war, könnte sich dieses Missverhältnis auflösen, wenn Zuversicht in die Konjunkturentwicklung Europas zurückkehrt.
Im aktuellen Heibel-Ticker Ausblick (Kapitel 4) werfe ich einen Blick auf den bevorstehenden Sommer und gehe kurz unser Portfolio durch.
Es wird spannend: In den kommenden Tagen sollte sich entscheiden, wie der Sommer wird.
Ich hoffe, dass eine Richtung früh genug abzusehen ist, damit Sie (und ich) unbeschwert in den Urlaub gehen können.