Die will das doch! #Nicht!
Foto: PRIVAT Madame Tussauds London

Die will das doch! #Nicht!


Jeder hat bestimmt diesen einen optimistischen männlichen Freund oder Bekannten, der glaubt, dass jede Kellnerin mit ihm flirtet. Jedes Mal, wenn ihn eine Frau auch nur anlächelt, zieht er sofort promiskuitive Schlüsse. Während die "Ich glaube, sie steht auf mich"-Wahrnehmungstendenz des Mannes zwar ein gängiges Klischee ist, tritt diese Verzerrung sowohl bei Frauen als auch bei Männern auf - betrifft jedoch in der Regel Frauen in höherem Maße.

Der "Sexual Overperception Bias" ist eine kognitive Verzerrung, die in der sozialen Wahrnehmung auftritt und sich dadurch auszeichnet, dass Menschen das sexuelle Interesse anderer Personen an ihnen überschätzen. Er beinhaltet, dass Personen, die von anderen als attraktiv wahrgenommen werden, oft als sexuell interessiert interpretiert werden, obwohl dies überhaupt nicht der Fall ist. Bei Männern steigt die Fehleinschätzung sogar mit der wahrgenommenen Attraktivität des Gegenübers. Die sexuelle Überwahrnehmungsstörung bezieht sich also auf die Tendenz, das sexuelle Interesse einer anderen Person an der eigenen Person überzubewerten.

Es ist ja auch kompliziert: Da sexuelle Absichten selten explizit geäußert werden, sind sie eben häufig Gegenstand von Missverständnissen. Untersuchungen zeigen, dass Männer das sexuelle Interesse eines potenziellen Partners eher überbewerten, während Frauen es eher unterbewerten. 

Die Folgen des Sexual Overperception Bias

Folgen auf eine positiv-falsche Fehlannahme auch Taten, kann dies zu einer unangemessenen oder mindestens unangenehmen Interaktion zwischen den Personen führen, und am Arbeitsplatz die Beziehungen zwischen Kollegen behindern. Gefahren lauern auch, wenn es um die Beurteilung von Frauen geht. So kann es dazu führen, dass Frauen aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung, ihres Verhaltens oder ihrer Kleidung als "unprofessionell" oder "unseriös" wahrgenommen werden. Was in der Folge bedeuten kann, dass Frauen aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Wirkung auf andere in ihrem beruflichen Aufstieg eingeschränkt werden. 

Eine Studie von Swim et al. (2004) hat gezeigt, dass der Sexual Overperception Bias auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung von sexueller Belästigung haben kann. So kann es dazu führen, dass Frauen, die sexuelle Belästigung erfahren, von anderen als "verführerisch" oder "flirtend" wahrgenommen werden, anstatt als Opfer von Übergriffen. Dabei waren die Frauen nur freundlich – oder haben einfach nur gelächelt. Es gibt mehrere Theorien, die erklären, warum Frauen häufiger lächeln als Männer. Eine Möglichkeit ist, dass Frauen durch das Lächeln ihre soziale Kompetenz und ihr Einfühlungsvermögen ausdrücken und dadurch eher als freundlich und sympathisch wahrgenommen werden (LaFrance, Hecht, & Paluck, 2003). Eine andere Theorie ist, dass Frauen aufgrund von geschlechtsspezifischen Erwartungen eher dazu neigen, sich unterwürfig zu verhalten und sich anzupassen, was durch Lächeln signalisiert werden kann (Henley, 1977).

Die Gründe:

Die Ursachen des Effekts sind jedenfalls noch nicht endgültig erforscht und seine Durchschlagskraft hängt sicher von verschiedenen Faktoren ab, die sich gegenseitig bedingen.  

Aus evolutionärer Sicht lautet eine Erklärung, dass Männer nicht den mühsamen Weg der Kindererziehung gehen müssen, um ihre DNA weiterzugeben. Sie sind von Natur aus geneigter, auf die Möglichkeit von Sex zu achten, da es für sie weniger mühselig ist, ihre Gene weiterzugeben als für Frauen – die im Falle eines Falles nämlich schwanger werden können. Umgekehrt ist ein falsch-negativer Befund, bei dem eine Frau sexuelles Interesse bekundet, der Mann dies aber nicht bemerkt gar nicht so schlimm. Denn die nächste Gelegenheit zur Gen-Weitergabe kommt bestimmt – Mann hat dazu nämlich potenziell viel mehr Zeit. Seine biologische Uhr tickt langsamer. Mit einer größeren Aufmerksamkeit ist die Häufigkeit von falsch-positiven Ergebnissen bei der Beurteilung von sexuellem Interesse aber unvermeidlich. Und in einer Unternehmenslandschaft, in der Menschen oft auffallend herzlich und freundlich miteinander umgehen, ist die Möglichkeit für Fehleinschätzungen in Bezug auf sexuelles Interesse leider besonders groß. Noch mehr Fehleinschätzung leisten sich Männer, die über eine starkausgeprägte Soziosexualität verfügen. Soziosexualität beschreibt die unterschiedlichen Grade an Offenheit, die Menschen gegenüber kurzfristigen oder unverbindlichen sexuellen Beziehungen aufweisen. Weiterhin kommt verstärkend hinzu, dass Männer, die nach eigenen Angaben eine höhere Maskulinität aufweisen, anfälliger für sexuelle Überwahrnehmung sind. 

Wie man Sexual Overperception Bias vermeiden kann: 

Wie bei vielen kognitiven Verzerrungen ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, dass das, was man selbst sieht, nicht immer das ist, was andere sehen. Wir sehen, was wir glauben (wollen), wobei diese Überzeugungen nicht immer wahr sind. In Fällen sexueller Überwahrnehmung ist es wichtig, keine voreiligen Schlüsse auf der Grundlage einer möglicherweise fehlerhaften Wahrnehmung zu ziehen.

Noch wichtiger als eine korrekte Einschätzung des wahrgenommenen sexuellen Interesses ist aber die Überlegung, ob man im gegebenen Kontext überhaupt auf das vermutete Interesse reagieren soll. Man(n) sollte abwägen, ob Zeit und Ort geeignet sind, eine solche Vermutung zu prüfen. Dabei kann es auch hilfreich sein, die Beweise in der dritten Person zu betrachten. Wenn Sie eine Frau gesehen haben, die einem anderen Mann die Tür aufhält und ihn anlächelt, würden Sie dann wirklich darauf wetten, dass sie ihn verführt? Wie das umgangssprachliche Gegengift gegen Eitelkeit lautet: Schmeicheln Sie sich nicht selbst. 

Diese Grundsätze zu berücksichtigen wird noch wichtiger, wenn zwischen Ihnen und dem potenziellen Paarungspartner ein Machtgefälle besteht. Die einzige professionelle Verhaltensweise ist: Finger weg. 

Rainer Krumm

CEO, axiocon GmbH & 9 Levels Institute for Value Systems

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Das verändert mein ganzes Leben ab 40, danke dir :-) jetzt warte ich einfach auf "die Richtige", suchen soll und kann man eh nicht, gefunden muss sie werden, "wenn man am wenigsten danach sucht"😁 ich bin gespannt Das Leben ist schön

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und ich dachte immer, bei mir schmelzen die Service-Damen dahin ;-)

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Prof. Dr. Gerald Lembke

Marketing-Experte mit Schwerpunkten Digitale Medien und Künstliche Intelligenz

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Wow, herzlichen Glückwunsch zu diesem beeindruckenden Erfolg und vielen Dank, dass du deine Erfahrungen teilst. Ich denke, Coaching wäre in diesem digitalen Transformationsprozess von großem Nutzen sein können. Natürlich gibt es immer Herausforderungen auf dem Weg zum Wachstum, aber ich bin sicher, dass du und dein Team diese meistern werden. Viel Glück auf eurer Reise.

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