Die eigenen Themen erfolgreich kommunizieren. Landwirte können das auch.
Private Aufnahme Dr. Roger J. Busch

Die eigenen Themen erfolgreich kommunizieren. Landwirte können das auch.

Manche Menschen und auch manche Berufsgruppen haben es nicht leicht. Was sie alltäglich tun, bleibt im Blick auf Voraussetzungen und erforderliche Qualifikationen den meisten anderen Menschen verborgen oder kümmert die schlicht nicht. Doch das Nichtwissen dieser anderen Menschen hindert diese nicht unbedingt, das unverstandene Tun der Fachleute zu kommentieren. Die Landwirtschaft und als Betroffene: die Landwirte und ihre Familien, könnten ein dissonates Lied davon singen.

Landwirte teilen mit vielen anderen Experten das Leiden an der Ignoranz von Verbrauchern. Doch die Klage löst das Problem nicht, sondern ist geeignet, auch Wohlmeinende in die Depression zu treiben. „Es gibt nichts Gutes – außer man tut es!“ – Dieser Spruch trifft die Herausforderung: Es gilt, Verbraucher (und ggf. auch Journalisten) an die Landwirtschaft heranzuführen und – im günstigsten Falle – dafür zu begeistern. Ein Patentrezept, das stets zum Erfolg führen würde, gibt es nicht. Aber so wie man Versagen gewissermaßen vorbereiten kann, so kann man durch konzentriertes Nachdenken auch Erfolg wahrscheinlicher machen.  Dafür ist sorgsame Planung  unverzichtbar. Die Amerikaner mahnen „If you fail to plan, you plan to fail“. Planung schließt ein Nachdenken über die eigene Strategie ein.

1. Was (Inhalte und Ziele klar wie möglich formulieren!) will ich vermitteln?

2. Wen will ich erreichen?

3. Womit will ich ihn (thematisch) erreichen?

Das so gerne zuerst in den Blick genommene (4.) Wie kommt erst zum Schluss.

Die Themen sind naturgemäß vielfältig. Sie reichen vom Umwelt- über den Tierschutz, die Lebensmittelsicherheit, Energieversorgung, Subventionen bis zur Landschaftspflege und das Miteinander im ländlichen Raum. Aus der Perspektive der Bauern haben sie häufig einen anderen Stellenwert als aus der Perspektive von Verbrauchern. Für diese ist die ökonomische Dimension bei weitem nicht so wichtig wie für die Bauern. Laien schauen auf das Tier und auf die Umwelt – und darauf, was der Bauer damit tut. Diese unterschiedlichen Perspektiven scheinen die Akteure zu trennen. Doch in Wirklichkeit ergibt sich damit auch eine Brücke: Was man unterschiedlich wahrnimmt, eignet sich als Gesprächsthema.

Die deutliche Mehrheit der Bürger möchte den Bauern durchaus gerne vertrauen. Denn Verunsicherung macht „Arbeit“: ich muss meine Konsum-Entscheidungen überdenken, ggf. sogar vor anderen rechtfertigen – etwas, das ich in Zeiten der Gewissheit nicht tun muss. Hier kann solide, glaub-würdige Information helfen. Dort gilt es anzusetzen. Gute Landwirte können Transparenz ohne Gefahr herstellen. Sie brauchen die Nachfrage nicht zu scheuen.

Das weite Themenspektrum jedoch ruft nach unterschiedlichen „Sozialformen“ der Vermittlung. Wo es um komplizierte Technik (z.B. bei der Energieversorgung) geht, sind reine Vorträge ungünstig. Da braucht es zwar Texte, die ich nachlesen kann, aber vor allem  (möglichst bewegte) Bilder – und zur Erläuterung Vergleiche mit / Analogien zu Bekanntem.

Wo es um Tiere geht, sollte eigenes Wahrnehmen möglich gemacht werden: ein Besuch im Stall oder doch zumindest ein Blick durch ein Schauglas (Schweine- und Geflügelhaltung). Und wo es um die Finanzen und das soziale Miteinander geht, da ist es ratsam, über Persönliches zu sprechen und deutlich zu machen, weshalb und wozu finanzielle Förderung unverzichtbar ist.

Schlüsselelement jeder Vermittlung ist jedoch der Vermittler selbst. Häufig wird es so sein, dass jüngere Landwirte in dieser Rolle erfolgreicher sind als ältere. Nicht, weil man den Älteren grundsätzlich misstraute, sondern weil man den Jüngeren (noch) eher zubilligt, Ideen und Enthusiasmus zu haben. Die jüngeren Landwirte müssen erkennen, dass neben allem Fachlichen auch die Kommunikation mit einer interessierten bzw. zu interessierenden Öffentlichkeit zu den wichtigen Aufgaben ihres Berufes gehört. Man sollte darüber nachdenken, regionale Kommunikationsteams zu etablieren, die die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit in der Praxis übernehmen können. Es lassen sich Muster-Veranstaltungen konzipieren, die dann auf den Höfen oder den Märkten lediglich umgesetzt werden müssen. Durch gute Planung kann man den Folgeaufwand wirksam reduzieren. Und man sollte die Aussagen, die man machen möchte, vorher an freundlich gesinnten Verbrauchern testen. Kommt an, was ich sagen wollte? War es verständlich? Ist es mir gelungen, eine Verbindung mit der Lebenswirklichkeit meines Gegenübers herzustellen? Diese Fragen sollte man mit „Ja“ beantworten können.

Da das Erleben eines Besuches oder ein gutes persönliches Gespräch grundsätzlich eine stärkere prägende Wirkung haben als das Lesen eines Textes oder sogar als ein Film, sollte die Pflege des persönlichen Austausches in der Fläche gewollt und gefördert werden.

Der Einwand, damit erreiche man ja keine Mehrheiten, greift nicht. Denn Verbraucher, die ein anregendes Erlebnis auf einem Hof oder ein gutes Gespräch hatten, mutieren zu Werbeträgern für die Landwirtschaft: sie reden über ihre positiven Erlebnisse zu Menschen, die nicht dabei waren.

Gezielte Kommunikation setzt also voraus, dass ich klar benennen kann, was ich damit erreichen will. Will sie erfolgreich sein, muss ich sie im Ablauf aber auch strategisch planen. Die nachfolgenden fünf Aspekte sollte man beachten:

1. Aufmerksamkeit herstellen: Es braucht eine „Story“. Das Fachliche an sich weckt bei Verbrauchern kein Interesse; das Fachliche, verbunden mit einer reizvollen persönlichen Geschichte, hingegen schon. Lebensgeschichten, Neuorientierung von Personen u.ä. – all das interessiert. Alltäglich wird über Dritte – vorzugsweise diejenigen, die gerade nicht dabei sind – geredet. Das lässt sich nutzen.

2. Neugierde wecken: In uns allen schlummert die Neugierde. Wir möchten hinter die Kulissen schauen, die Andere aufgebaut haben. Und wir möchten – ohne persönliches Risiko natürlich – Fremdes kennenlernen. Die Frage an Passanten „Was wissen Sie eigentlich über unsere Bauern?“ bringt in der Regel zunächst die sattsam bekannten Pauschalaussagen. Fragt man aber nach, offenbart sich ein Interesse, das sie selbst nicht befriedigen können. Sie wissen einfach nicht, wie sie die Welt der Bauern kennenlernen könnten. Also: einladen!

3. Entdecken möglich machen: Wer etwas zu verbergen hat, sollte nicht mitmachen, sondern zunächst mal Ordnung schaffen. Alle anderen hingegen können Verbraucher dazu ermutigen, ihren Hof zu entdecken. Schicken Sie die Menschen auf Tour. Lassen Sie sie suchen und finden. Das ist unterhaltsam und macht Spaß – und das lieben viele Menschen. Hof-Feste sind dazu gut geeignet, aber auch Besuche von Medien-Leuten.

4. Fragen anregen: Antworten Sie nicht auf Fragen, die niemand gestellt hat. Regen Sie an, dass das Gegenüber selbst Fragen stellt. Diese Fragen entstehen gleichsam von selbst, wenn die Menschen etwas entdecken, das ihnen unbekannt ist. Diese Fragen werden oft bei Ihnen ansetzen: da geht es um Ihre Belastungen, um Ihre Freude, um Ihre Einschätzung der Zukunft. Erweisen Sie sich als offen für diese Fragen. So kann soziales Vertrauen entstehen. Und das fördert das Miteinander – länger als der Besuch dauert.

5. Bestätigung geben: Es gibt keine dummen Fragen – nur dumme Antworten! Hinter jeder Frage steht ein „Wissen-Wollen“. Befriedigen Sie es und seien Sie nachsichtig! Ihr Gegenüber ist Fachmann / Fachfrau auf einem anderen Gebiet – auf dem Sie mutmaßlich der Laie sind.

Unbestreitbar birgt die Öffnung gegenüber Dritten stets das Risiko, angreifbarer zu werden. Ich würde dieses Bedenken dann als Argument gegen eine Öffnung gelten lassen, wenn die Landwirte auch ohne den Dialog mit den Bürgern gut leben könnten. Doch eben dies ist zunehmend weniger der Fall. Die Landwirte brauchen Rückhalt in der Bevölkerung. Naiv und gleichsam „gläsern“ in die Öffentlichkeit zu gehen, verlangt niemand. Vorbereitet zu sein, ist Pflicht. Dann aber macht der Dialog Spaß. Sie als Landwirt wissen immer wenigstens einen Satz mehr als Ihr Gegenüber. Das ist doch schon mal eine gute Basis.


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