„Die Vermögensverwalter haben noch längst nicht die optimale Konfiguration“
Interview von Jérôme Sicard mit Martin Schwizer, Senior Consultant, VEP Management
Für Martin Schwizer steht fest, dass unabhängige Vermögensverwalter bessere Lösungen verdient haben als die PMS, mit denen sie sich derzeit abmühen. Dieser Markt muss jedoch eine Bereinigung durchlaufen, damit sich geeignetere, anwenderfreundlichere und kostengünstigere Lösungen durchsetzen können.
Wie sehen Sie den Schweizer Markt für Portfoliomanagement-Systeme?
Martin Schwizer: Nach meiner Ansicht rechneten vor zwei, drei Jahren die meisten Marktakteure wegen der neuen regulatorischen Rahmenbedingungen mit grossen Veränderungen. Im Endeffekt war das viel Lärm um nichts. Es geschah kaum Nennenswertes. Ich denke aus zwei Gründen, sowohl die Nachfrage als auch das Angebot betreffend. Nachfrageseitig sind die Vermögensverwalter zu einer realistischeren Einschätzung der Auswirkungen von FIDLEG und FINIG auf ihre Tätigkeit gelangt und haben den Umfang der erforderlichen Lösungen leicht nach unten korrigiert. Angebotsseitig – und das ist vielleicht am wichtigsten – hat der Markt kaum neue Lösungen hervorgebracht, die ausgereift genug gewesen wären, um eine beherrschende Marktposition zu erobern. Es hat sich kein weisser Ritter he-rauskristallisiert, der alle Erwartungen im Bereich PMS erfüllen kann.
Wie erklären Sie sich die vielen Anbieter auf diesem Markt? Es gibt mehrere Dutzend!
Ich unterscheide drei Kategorien: Die etablierten Lieferanten, die seit Jahren präsent sind, die neuen Anbieter, die mehr oder weniger gleichzeitig mit der FinTech-Welle aufgetaucht sind und die auf anderen Märkten bereits tätigen Software-Entwickler, die nun den Schweizer Markt bearbeiten. Zusammen sind das knapp vierzig Unternehmen und das ist viel zu viel für einen Markt, auf dem es deutlich enger zugeht, als auf den ersten Blick angenommen. In der Tat hat sich die Zahl der Anbieter in den vergangenen zwei, drei Jahren eher erhöht. Dabei hätte sie erheblich schrumpfen sollen!
Rechnen Sie damit, dass es bald weniger Anbieter gibt?
Das ist ein Gebot der Notwendigkeit, schon aus rein finanziellen Gründen. Viele Neuankömmlinge – vor allem die FinTechs und ihre Investoren – haben Potenzial und Kaufkraft dieses Marktes stark überschätzt. Auf den ersten Blick meinen diese Anbieter, dass ihr Zielmarkt 2’000 bis 3’000 Vermögensverwaltungsgesellschaften umfasst. In Wirklichkeit haben aber nur 500 oder bestenfalls 600 davon die Ressourcen, um sich ein PMS leisten und vor allem auch betreiben zu können. Zudem sind die hierfür budgetierten Mittel keineswegs unbegrenzt. Es ist also eine einfache Rechnung: Vierzig Anbieter für 500 bis 600 Vermögensverwalter: Das kann gar nicht funktionieren! Daher muss sehr bald eine Konsolidierung erfolgen, um den Markt wieder ins Lot zu bringen.
Wieso konnte trotz der Fintech-Welle keines dieser Unternehmen eine starke Marktposition erobern?
Die Gene vieler Unternehmen, die sich auf diesem Markt positionieren wollten, bestehen aus deutlich mehr „Tech“ als „Fin“. Im Bereich der Technologie sind sie sicherlich top, aber ihre Kenntnis des Wealthmanagements ist teilweise begrenzt. Im Segment der unabhängigen Vermögensverwalter ist dies besonders problematisch.
Die FinTechs oder WealthTechs haben die Menge der Funktionen unterschätzt, die Vermögensverwalter fordern. Das Problem in diesem Sektor ist der Widerstand gegen eine Standardisierung. Man stösst auf Schwierigkeiten, wenn man ein Standardangebot unterbreiten will, denn durch ihre spezifischen Anforderungen zwingen die Vermögensverwalter die Entwickler immer wieder zu zusätzlichen Features.
Ich habe auch den Eindruck, dass es den FinTechs schwergefallen ist, das Ökosystem der unabhängigen Vermögensverwalter zu erschliessen. Ohne Einstiegspunkte fanden sie keinen richtigen Zugang zu dieser Kundenzielgruppe.
Wie sieht für Sie das ideale PMS aus? Bis jetzt hat sich ja – trotz der rasanten Entwicklung der Fintech-Welt – noch keine Lösung durchgesetzt.
Gute Lösungen existieren, aber kaum solche, die gleichzeitig technologisch so solide und finanziell so erschwinglich sind, dass das erwähnte Marktpotenzial ausgeweitet werden kann. Und diese beiden Hauptkriterien müssen Sie erfüllen, um auf diesem Markt erfolgreich zu sein. Es gibt jedoch noch ein grosses Hindernis. Realistischerweise besteht nur eine Möglichkeit, die Preise für diese Software und deren Betrieb zu senken: eine höhere Zahl von Anwendern. Bei einem derart fragmentierten Markt ist damit zurzeit kaum zu rechnen.
Wenn Sie mich nach einem idealen PMS fragen, und um allgemein zu bleiben: Ich plädiere für eine allumfassende Lösung, die sämtliche spezifischen Funktionen des Anlageprozesses und des Kundenbeziehungsmanagements abdeckt. Bisher werden die beiden Bereiche oft separat behandelt. Man wird sie jedoch mehr und mehr gemeinsam in Angriff nehmen müssen, zumal die durch die Regulierung zwingenden Funktionen beide Bereiche miteinander verzahnen.
Sie sind Unternehmensberater. Was würden Sie den PMS-Entwicklern sagen, die sich dauerhaft auf dem Markt der EAM etablieren wollen?
Zwei Dinge: Erstens würde ich dazu raten, von Anfang an eine klare strategische Entscheidung zu treffen. Sie müssen zwischen einer Gesamtlösung, die alle Bedürfnisse des Vermögensverwalters abdeckt, und einer Spezialisierung auf bestimmte Funktionen und Prozesse wählen. Im letzteren Falle würde es sich um eine Ergänzung zu einer bestehenden Lösung handeln. Das ist ein grundlegender Aspekt, denn unbewusst können sich die meisten Software Entwickler nicht zwischen diesen beiden Optionen entscheiden. Sie versuchen den Spagat, meist auf ausdrücklichen Wunsch ihrer Kunden. Nach meiner Überzeugung muss man sich jedoch leider für eines von beiden entscheiden, andernfalls verzettelt man sich.
Zweitens würde ich ihnen empfehlen, ihre Anstrengungen im Marketing-Bereich zu intensivieren, um sich so Zugang zur Gemeinschaft der unabhängigen Vermögensverwalter zu verschaffen. Wenn Sie aus der Welt der neuen Technologien kommen, brauchen Sie die Unterstützung von Leuten, die wissen, wie die unabhängigen Vermögensverwalter ticken und ihre Arbeitsweise kennen.
Worum sollten sich die Entwickler, EAM und Banken beim Thema PMS in erster Linie kümmern?
Um die Datenübermittlung und -verarbeitung zwischen Vermögensverwaltern und Depotbanken – da ist noch sehr viel Arbeit erforderlich. Ich nenne das immer das Paradoxon der Schnittstellen. Auf diesem Gebiet hat noch nie eine Rationalisierung stattgefunden. Derzeit gibt es so viele Schnittstellen wie Kontaktpunkte zwischen den PMS der Vermögensverwalter und den Systemen der Depotbanken. Bei einem einzigen PMS müssen so viele Schnittstellen eingerichtet werden, wie es Depotbanken gibt, mit denen der EAM zusammenarbeitet.
Jeder Datenarchitekt würde diesen Unfug abstellen und den Datenverkehr normalisieren, durch neutrale Schnittstellen bei den Banken wie auch bei den Vermögensverwaltungslösungen. Diese Schnittstellen bedienen dann eine neutrale Datenschicht, welche Daten zwischen den Systemwelten empfangen und verwalten kann. So weit sind wir leider noch nicht. Bei ihrem wichtigsten Arbeitsinstrument haben die Vermögensverwalter noch längst nicht die optimale Konfiguration.
10 RATSCHLÄGE FÜR DIE RICHTIGE WAHL IHRES PMS
In den nächsten Jahren werden viele Vermögensverwalter angesichts der neuen Regulierung und ihrer Auswirkungen auf den Portfolioverwaltungsprozess und die Kundenbeziehungen ihr PMS-CRM-System überprüfen und möglicherweise sogar umstellen müssen. Jene, die noch nicht aufgerüstet haben, sollten sich jetzt unbedingt mit diesem Thema befassen, denn das ist keine leichte Aufgabe. Rund vierzig Softwarehäuser, allen voran Expertsoft, KeeSystem und AssetMax bieten unterschiedliche Lösungen an, die eine gut durchdachte Bewertungsstrategie erfordern. Die nachstehenden zehn Regeln sollten sich Vermögensverwalter zu Herzen nehmen. Mit ihnen verfügen sie, wenn es darauf ankommt, über geeignete Entscheidungshilfen.
1. Ermitteln Sie Ihre Anforderungen
Das PMS, das Sie erwerben, muss Ihre Bedürfnisse als Anwender voll und ganz erfüllen. Es ist deshalb ratsam, vor dem Kauf eine Funktionsanalyse dieser Anforderungen durchzuführen, damit die Konfiguration und die Funktionen Ihres künftigen PMS auch Ihrem Lastenheft entsprechen. Um es mit den Worten der englischen Schneider zu sagen: „Measure twice, cut once“!
2. Greifen Sie betrieblichen Problemen vor
Die Implementierung eines PMS wird nur dann ein Erfolg, wenn es gut läuft. Nach der Installation sind nämlich verschiedene Ressourcen erforderlich, damit es auch richtig funktionieren kann. Die Komplexität der Schritte, die für den Betrieb des PMS notwendig sind, darf keinesfalls unterschätzt werden.
3. Setzen Sie Prioritäten
Bei der Wahl eines PMS müssen Sie ausserdem Ihre Prioritäten auf funktionaler Ebene berücksichtigen. Sinn und Zweck eines PMS ist die Automatisierung einer Reihe von Verfahren, um unterschiedliche organisatorische Aufgaben zu erfüllen. Deshalb müssen Sie Prioritäten setzen und so früh wie möglich die Prozesse identifizieren, die grundsätzlich eine höhere Effizienz erfordern.
4. Vergleichen Sie
Stürzen Sie sich nicht auf das erstbeste PMS, nur weil es Ihnen von einem Vermögensverwalter wärmstens empfohlen wurde. Sie müssen erst ein Lastenheft erstellen, mit dem Sie dann bei verschiedenen Softwareanbietern Kostenvoranschläge einholen. Hierzu müssen Sie mehrere Variablen in Bezug auf Konfigurationen, Funktionen, Vorgänge und Kosten kennen.
5. Achten Sie auf den Kundendienst
Ein PMS zahlt sich nur aus, wenn es Nutzen bringt. Betrieb, Wartung und Aktualisierungen sind wesentliche Elemente, die bei der Auswahl zu beachten sind. Sie müssen sich deshalb vergewissern, dass der Softwareanbieter über die notwendigen Ressourcen verfügt, um den Kundendienst garantieren zu können. Ferner sollte angesichts einer möglichen Konsolidierung in diesem Sektor darauf geachtet werden, dass die langfristige Geschäftstätigkeit des Softwarehauses gesichert ist.
6. Berücksichtigen Sie Ihre Partner
Da der Datenverkehr mit den Depotbanken eine der Schlüsselfunktionen eines PMS ist, muss sichergestellt sein, dass es den Anforderungen der Depotbanken entspricht, mit denen Sie zusammenarbeiten. Bei der Wahl eines PMS können Sie übrigens auch die Hilfe der Abteilung für externe Vermögensverwalter in Anspruch nehmen, die Ihnen sicherlich hilft, bestimmte Fehler zu vermeiden.
7. Machen Sie Praxistests
Zur besseren Beurteilung der Eignung eines PMS können Sie den Lieferanten auch bitten, Ihnen die Funktionsweise in einer realen Anwendungssituation bei Vermögensverwaltern zu demonstrieren, die das System bereits verwenden. Auf diese Weise profitieren Sie von deren Erfahrungswerten und Kommentaren. Da es für PMS noch keinen Tripadvisor gibt, sollten Sie diese Mühe nicht scheuen!
8. Setzen Sie auf Flexibilität
Angesichts des Vormarsches der FinTechs/WealthTechs sollten Vermögensverwalter ausreichend flexible PMS wählen, damit sie zu gegebener Zeit weitere Plug-ins integrieren können. FinTechs, die sich auf sehr spezifische Funktionen spezialisiert haben, bringen viele neue, durchaus erschwingliche Anwendungen mit hohem Mehrwert auf den Markt.
9. Integrieren Sie den CRM-Block
Ein PMS ohne CRM ist mittlerweile kaum noch vorstellbar. Martin Schwizer verwies darauf, dass die beiden Bereiche Portfoliomanagement und Kundenbetreuung am stärksten von der neuen Regulierung betroffen sind. Deshalb sollte man sich für Lösungen entscheiden, die beides gleichzeitig bewältigen können.
10. Entscheiden Sie prozessorientiert
Zur Implementierung eines PMS oder auch eines CRM sind zahlreiche Arbeitsschritte im Back-Office erforderlich. Sie lassen sich nicht improvisieren, sondern zwingen zu einer prozessorientierten Denkweise und gegebenenfalls sogar zur Redaktion von Verfahrenshandbüchern, um Klarheit zu schaffen. Diese Vorarbeiten sind zwar mühsam, haben aber den Vorteil, dass sie alle weiteren Schritte und Aufgaben wesentlich erleichtern.
Demokratisierung der Geldanlage / Revolution des Aktiensparens!
5 JahreMit assetmax sind wir sehr gut aufgestellt und bereit für die anstehenden Herausforderungen.