Die versteckte Produktivitätsfalle

Die versteckte Produktivitätsfalle

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an Ihrem Schreibtisch. Ihr Kalender platzt aus allen Nähten, E-Mails tauchen wie von Geisterhand auf, und das Telefon klingelt unermüdlich. Alles scheint reibungslos zu laufen – Sie jonglieren mehrere Aufgaben auf einmal und fühlen sich dabei produktiv, vielleicht sogar unaufhaltsam. Doch genau hier lauert eine gefährliche Illusion: Multitasking.

Multitasking wird oft als moderne Superkraft gefeiert. Der Glaube, dass wir Zeit sparen und produktiver sind, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, hat sich tief in unseren Alltag eingebrannt. Doch die Wahrheit ist weniger schmeichelhaft: Unser Gehirn ist schlichtweg nicht dafür gemacht. Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien, dass Multitasking eher zu schlechteren Ergebnissen führt, als unsere Produktivität zu steigern. Der wahre Preis von Multitasking? Fehler, Stress und am Ende des Tages weniger Fortschritt, als wir uns eingestehen wollen.

Es gibt eine Studie aus Stanford, die zeigt, dass Menschen, die regelmäßig Multitasking betreiben, langfristig ihre Fähigkeit verlieren, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Es ist, als ob unser Gehirn durch den ständigen Wechsel abstumpft – wir verlernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Diese Erkenntnis legt nahe, dass Multitasking nicht nur kurzfristig schadet, sondern auch unsere Denkfähigkeit langfristig beeinträchtigen kann.

In unserer schnelllebigen Arbeitswelt wird Multitasking oft als Notwendigkeit betrachtet. Wer es nicht beherrscht, gilt schnell als ineffizient oder unorganisiert. Doch schauen wir genauer hin, entdecken wir, dass dieses „Werkzeug“ viel mehr zur Falle wird. Jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe beginnen und abrupt auf eine andere wechseln – sei es durch eine E-Mail-Benachrichtigung oder einen Anruf – durchlaufen wir eine Art „Aufmerksamkeitsverlust“. Forscher nennen das den Wechselkosten-Effekt. Es dauert einige Minuten, bis unser Gehirn nach einem solchen Sprung wieder seine volle Leistung erreicht. Das bedeutet: Je häufiger wir zwischen Aufgaben wechseln, desto mehr Zeit und Energie verlieren wir.

Warum halten wir trotzdem so stark am Multitasking fest? Der Grund liegt in der Psychologie. Wenn wir mehrere Aufgaben gleichzeitig angehen, fühlen wir uns effizienter – auch wenn wir es objektiv betrachtet nicht sind. Es gibt uns das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. In einer Welt, in der Kontrolle oft ein rares Gut ist, wirkt Multitasking wie eine rettende Insel.

Doch diese Insel ist trügerisch. Sie gibt uns eine falsche Sicherheit. Und je mehr wir uns an diese Schein-Effizienz klammern, desto weniger bewusst wird uns, dass wir in Wahrheit langsamer, fehleranfälliger und gestresster werden.

Ein weiteres, wenig bekanntes Phänomen nennt sich „Task-Switching-Induced Amnesia“. Jede Unterbrechung, sei es eine neue E-Mail oder ein kurzes Telefonat, kann das Gehirn so sehr ablenken, dass wir vergessen, was wir eigentlich vorher getan haben. Diese „Unterbrechungs-Amnesie“ zeigt, dass Multitasking nicht nur unseren Arbeitsfluss stört, sondern uns auch wertvolle Informationen verlieren lässt.

Was können wir also tun? Es ist Zeit, Multitasking als das zu entlarven, was es wirklich ist – ein Mythos. Die bessere Alternative? Fokus. Indem wir uns auf eine Aufgabe zur Zeit konzentrieren, reduzieren wir nicht nur Fehler, sondern steigern auch unsere Produktivität und Zufriedenheit. Das Gefühl, eine Aufgabe vollständig abzuschließen, ist befriedigender und nachhaltiger als das ständige Springen zwischen unerledigten Aufgaben.

Aber wie schaffen wir das im hektischen Alltag? Beginnen Sie mit kleinen Schritten. Schalten Sie Benachrichtigungen ab, die ständig um Ihre Aufmerksamkeit buhlen. Planen Sie Ihre Aufgaben in klaren Blöcken. Und am wichtigsten: Nehmen Sie sich Zeit, um wirklich „bei der Sache“ zu sein. Es mag anfangs ungewohnt sein, aber schon nach kurzer Zeit werden Sie merken, dass sich Ihre Arbeitsqualität – und Ihre mentale Klarheit – verbessert.

Eine Frage, die ich mir in besonders hektischen Momenten stelle, lautet: Was ist die eine Sache, die ich heute wirklich gut machen will? Diese Frage hilft, die Prioritäten zu ordnen und das Rauschen um uns herum zu ignorieren.

Am Ende des Tages ist Multitasking nicht die Superkraft, für die wir sie halten. Wahre Effizienz und Erfolg liegen im Fokus – im gezielten, tiefen Arbeiten an einer Aufgabe nach der anderen. Also, das nächste Mal, wenn Sie versucht sind, auf eine Benachrichtigung zu reagieren, während Sie an etwas Wichtigem arbeiten, halten Sie kurz inne und fragen sich: Ist es das wert? Die Antwort wird Ihnen mehr Zeit und Klarheit schenken, als Sie denken.

Multitasking habe ich mir abgewöhnt. Zu oft wurde es ausgenutzt, damit sich die Bequemen noch mehr ausruhen können. Sehr interessanter Artikel.

Martina Brandmeier

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2 Monate

Fokussieren ist so wichtig! Am Anfang der Homeoffice Zeit war ich auch in dieser Falle. Bis ich erkannt habe, dass es absolut OK ist, nicht sofort auf Teams Nachrichten oder Mails zu reagieren, sondern erst meine mir vorgenommene Arbeit zu beenden.

Multitasking - in meinem Fall in der Jugend, der Ausbildung und den ersten Jobs antrainiert. In den letzten Jahren war eine Entwicklungsaufgabe, mich davon zu verabschieden und stattdessen fokussiert zu planen und arbeiten. Funktioniert toll mit vielen positiven "Aha-Erlebnissen" 👍

Markus Kellermann

CEO MAI xpose360 💥Affiliate Marketing Experte 💥 Speaker 💥 Podcaster 💥 Blogger

2 Monate

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Multitasking oft weniger effektiv ist als fokussiertes Arbeiten. Eine Falle, in die ich auch oft tappe.

Anett Petrich

Gründerin von SheLeads – Unternehmensberatung für kreative Frauen | Inhaberin von Anett Petrich Photography | Initiatorin des Netzwerks Hochzeit-Usedom | Expertin für Business-Wachstum & Human Design

2 Monate

Ich denke auch hier darf man wieder ganz individuell hinschauen. Wenn man sich das human design anschaut, wird man sehen, dass bspw. MGs (Manifestierende Generatoren), von Natur aus die Fähigkeit besitzen, mehrere Dinge gleichzeitig machen zu können und auch an verschiedenen Projekten zu arbeiten. Ich bin selbst auch MG und mir bereitet das tatsächlich sogar Freude. Während der Drucker läuft, schreibe ich schon eine Mail und der Podcast läuft nebenher. Nun sind aber auch nur 32% der Weltbevölkerung MGs und somit ist es natürlich wichtig, es niemandem aufzuzwängen oder es von ihm/ihr zu erwarten. Also darf man gern genau hinschauen, ob man Multitasking macht, weil es erwartet wird oder ob es eine Fähigkeit ist, die sich ganz natürlich anfühlt.

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