Die Zukunft des Wissens im Zeitalter von KI und welche urheberrechtlichen Implikationen ergeben sich daraus?
1. Aussagen von Sam Altman
Sam Altman, CEO von OpenAI, dem Unternehmen, das unter anderem das GPT-Sprachmodell (zu dem auch ChatGPT gehört) sowie DALL-E entwickelt hat, sieht in der KI das Potenzial, das menschliche Wissen in neue Dimensionen zu bringen, indem die KI Datenmuster schneller und umfassender erkennt als der Mensch. Er postuliert, dass KI in der Lage sein wird, den Großteil des zukünftigen Wissens zu generieren.
2. Fragestellung: Generiert KI tatsächlich neues Wissen?
Die zentrale Frage lautet: Kann KI wirklich neues Wissen generieren, oder verarbeitet sie lediglich vorhandene Informationen? Altman behauptet, dass KI einen Prozess der Wissensschöpfung vollziehen kann. Aus seiner Sicht verständlich. Doch ist das wirklich so? Was ist eigentlich Wissen, wie entsteht es und worin besteht der Unterschied zwischen menschlicher und KI-basierter Wissensgenerierung?
3. Definition von Wissen und der "analoge" Erkenntnisprozess vor der KI
Wissen ist mehr als nur die Ansammlung von Informationen – es ist das Ergebnis eines komplexen Prozesses, bei dem der Mensch durch Beobachtung, Forschung, Analyse und Bewertung neue Erkenntnisse gewinnt. Vor dem Aufkommen der KI lief der Erkenntnisprozess folgendermaßen ab:
Dieser Prozess war menschlich geprägt, basierte auf vorhandenem Wissen und subjektiven Interpretationen und der Fähigkeit, über den Kontext hinaus zu denken. Er war oft langwierig, konnte aber durch den kreativen Sprung des Menschen zu völlig neuen Erkenntnissen führen.
Der KI-Erkenntnisprozess im Vergleich
Im Gegensatz dazu funktioniert KI rein datengetrieben. KI analysiert immense Datenmengen in kurzer Zeit und erkennt dabei Muster und Korrelationen, die der Mensch aufgrund der Datenmenge und Komplexität in so kurzer Zeit nicht auswerten könnte. Die Ergebnisse von KI stützen sich jedoch immer auf bestehende Informationen. KI ist (noch?) nicht in der Lage, aus sich heraus „neue“ Ideen zu entwickeln.
Parallelen:
Unterschiede:
Ein Beispiel aus der Medizin zeigt den Unterschied deutlich: Ein Arzt kombiniert seine Ausbildung, klinische Erfahrung und sein Wissen über den Patienten, um eine Diagnose zu stellen – selbst, wenn die dabei zur Verfügung stehenden Daten nicht immer das gesamte Wissen der Medizin berücksichtigen oder eine klare, mathematische Schlussfolgerung zulassen. Eine KI hingegen analysiert Daten und gibt eine Diagnose nur auf der Basis von Wahrscheinlichkeiten, die sich aus den vorhandenen Informationen ergeben.
Auch in der juristischen Arbeit zeigt sich ein ähnliches Bild: Ein Anwalt schöpft aus den Daten seines vorhandenen Fachwissens und seiner Erfahrung, um den Kontext eines Falles zu verstehen, etwa die Motivation einer Partei oder subtile rechtliche Nuancen, die in keinem Datensatz der Vergangenheit zu finden sind. Eine KI analysiert hingegen lediglich bestehende Literaturmeinungen, Urteile und Vertragsklauseln, ohne den breiteren Kontext von Erfahrungen in ähnlich, aber doch anders gelagerten Fällen zu erfassen.
4. Funktion der KI und Beschreibung des Outputs
Künstliche Intelligenz basiert auf maschinellem Lernen und der Analyse von Daten. Sie erkennt Muster und nutzt vorhandenes Wissen, um Ergebnisse zu erzeugen. Dabei verwendet sie riesige Datenmengen und verarbeitet diese effizienter als das menschliche Gehirn.
Ein Beispiel aus der Medizin: KI kann auf Basis von Millionen von Patientendaten Krankheiten diagnostizieren. Doch die Diagnose basiert auf bereits bekannten medizinischen Fakten. Besonderheiten des Patienten oder seiner Krankheitsgeschichte und die Möglichkeit atypischer Reaktionen des Körpers des Patienten erfasst die KI nicht.
Im rechtlichen Bereich können KI-Tools juristische Texte analysieren, Schriftsätze und Gutachten erstellen und Vorschläge für Vertragsklauseln machen. Sie können diese Ergebnisse anhand der Datenauswertung von Fachliteratur, Urteilen und Vertragsmustern generieren und dem Anwalt eine schnelle Einschätzung geben. Doch auch hier interpretiert die KI nur bestehende Daten, statt neue Rechtsfragen zu bewerten oder neue, an die konkrete Vertragssituation angepasste Vertragsklauseln zu entwickeln.
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Damit ich in diesem Kontext nicht falsch verstanden werde, kurz der Hinweis, ich arbeite seit nunmehr 2 Jahren regelmäßig mit KI und bin begeistert, wie KI meine Arbeit unterstützt. Ich bin mir jedoch auch der Grenzen der Fähigkeiten von KI bewusst und kann damit konstruktiv umgehen.
5. Der Prozess der KI-Antwortgenerierung
Der Output der KI hängt von den zugrunde liegenden Algorithmen, den Trainingsdaten und den menschlichen Eingaben (Prompts) ab. Das bedeutet, dass eine KI nicht eigenständig neue Ideen erschafft, sondern auf vorhandenes Wissen zurückgreift, was im konkreten Anwendungsfall zu falschen Ergebnissen führen kann, wenn man KI blind vertraut.
Beispiel aus der Medizin: Eine KI könnte aufgrund unzureichender Trainingsdaten eine Krankheit falsch diagnostizieren. Wenn jedoch ein Arzt das Ergebnis überprüft und zusätzliche Informationen eingibt, kann die Diagnose korrigiert werden. Hier spielt der menschliche Faktor eine entscheidende Rolle in der Validierung und Verbesserung des Outputs der KI.
Beispiel aus der juristischen Arbeit: Ein KI-Tool kann die Ansprüche einer Partei falsch bewerten, wenn sie keine kontextuellen Informationen zu ähnlich gelagerten Fällen oder den Parteien und deren Zielsetzungen hat. Ein Anwalt muss die KI-Empfehlung deshalb stets prüfen und anpassen, um sicherzustellen, dass sie korrekt und rechtlich angemessen ist.
6. Fazit: Werden wir von KI überholt? Und was bedeutet das urheberrechtlich?
Antwort auf die Ausgangsfrage:
Nein, KI überholt uns nicht in der Generierung von neuem Wissen. Sie ist ein mächtiges Werkzeug, das es ermöglicht, bestehendes Wissen schneller und präziser zu verarbeiten, aber sie erschafft kein wirklich neues Wissen. Der Mensch bleibt der zentrale Akteur in der kreativen Schöpfung und Interpretation von Wissen, besonders in Bereichen, in denen Kontext, Emotionen und Intuition eine entscheidende Rolle spielen.
Urheberrechtliche Implikationen:
Der entscheidende Punkt, wenn es um die urheberrechtliche Relevanz von KI-Output geht, ist die Frage: Ist KI-Output urheberrechtlich geschützt?
Das wäre nur dann der Fall, wenn der KI-Output eine "persönliche" geistige Schöpfung wäre. Da KI kein Mensch ist, fehlt es an dem Merkmal der Persönlichkeit bei dem Schöpfungsprozess des Outputs, warum in Juristenkreisen die Meinung vertreten wird, KI-Output sei urheberrechtlich nicht geschützt. Die Konsequenz ist für diejenigen, die KI einsetzen, natürlich fatal, weil sie den Wissensvorsprung, den sie - zum Teil mit hohem finanziellen Aufwand - mit KI generiert haben, rechtlich nur schwer vor zustimmungsfreier Wiederverwendung durch Dritte schützen können.
Kritiker der These des fehlenden Urheberrechtschutzes argumentieren deshalb, dass der Output der KI zumindest dann eine persönlich geistige Schöpfung und somit urheberrechtsfähig ist, wenn der menschliche Einfluss – durch die richtigen Prompts und Nachjustierungen – den Output einer KI wesentlich beeinflusst hat. Dabei muss der Einfluss auf den Output aber eine bestimmte geistige Schöpfungshöhe haben und nicht trivial sein, weil ansonsten auch dann kein Urheberrechtsschutz besteht, wenn das Ergebnis durch menschliche Prompts generiert wurde.
Dies wirft allerdings die entscheidende Frage auf, wann haben Prompts eine solche geistige Individualität und Schöpfungshöhe, dass man den Output einer KI auf Basis von Prompts als urheberrechtsfähig einstufen kann und darf? Diese Frage wird uns Juristen und die IT-Sachverständigen in Zukunft näher beschäftigen, spätestens dann, wenn durch die Wiederverwendung eines mit KI generierten Arbeitsergebnisses ein Rechtsstreit darüber entsteht, ob die Wiederverwendung die Urheber- und Verwertungsrechte desjenigen verletzt, der das Arbeitsergebnis mittels KI erstellt hat.
Ausblick:
KI beschert uns wohl noch einige Zeit neue Sach- und Rechtsfragen, deren Beantwortung erst dann rechtssicher erfolgen kann, wenn wir die Funktionsweise von KI besser verstehen, und entweder Gerichtsentscheidungen des Bundesgerichtshofs oder des Europäischen Gerichtshofs vorliegen oder der Gesetzgeber neue gesetzliche Regelungen geschaffen hat, die den rechtlichen Schutz von KI-generierten Arbeitsergebnissen gesetzlich festlegen. Das Abwarten auf letztinstanzliche, rechtskräftige Urteile dürfte noch einige Jahre auf sich warten lassen. Deshalb bleibt im Hinblick auf die Investitionssicherheit in KI zu hoffen, dass der Gesetzgeber das Problem schnell erkennt und handelt. Rechtsunsicherheit am Output von KI ist im Rahmen der Digitalisierungsbemühungen sicherlich kein Digitalisierungsbeschleuniger.
Aktuelle Diskussionen auf EU-Ebene:
In der EU wird diskutiert, ob ein spezielles, neues Schutzrecht (sui generis) für KI-generierte Arbeitsergebenisse eingeführt werden sollte, ähnlich dem sui generis Schutzrecht für Datenbanken. Das sui generis Datenbankrecht wurde zu Beginn des Internetzeitalters geschaffen, um das massenhafte Auslesen und die Weiterverwendung von Daten, beispielsweise auf Webseiten, zu verhindern. Es schützt nicht die Daten oder deren Inhalte an sich, sondern den erheblichen Aufwand, der in die Sammlung, Aufbereitung und Darstellung der Daten investiert wurde. Ein ähnliches Recht könnte für KI-generierte Werke entwickelt werden, um die bestehende Lücke im Urheberrecht zu schließen und den Aufwand für KI gernerierte Arbeitsergebnisse abzusichern. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie diese Diskussionen ausgehen und bis wann ein mögliches sui generis Schutzrecht beschlossen wird.
7. Konsequenzen für Unternehmen
Unternehmen, die Künstliche Intelligenz in ihren Geschäftsprozessen nutzen, sollten sich über die rechtlichen Herausforderungen und Implikationen im Klaren sein und über alternative Schutzmöglichkeiten des KI-Outputs intensiv nachdenken. Folgende Ansätze kommen in Betracht:
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