Drohender Rückfall in ein prä-antibiotisches Zeitalter

Drohender Rückfall in ein prä-antibiotisches Zeitalter

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt eindringlich vor der Zunahme multiresistenter Erreger, gegen die auch Reserve-Antibiotika nicht mehr wirken. Laut aktuellem Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hat sich die Zahl der Infektionen mit resistenten Keimen in der EU von 2007 bis 2015 fast verdoppelt. Über 33.000 Todesfälle sind auf Infektionen mit multiresistenten Keimen zurückzuführen. In Deutschland erlitten laut der Studie im Jahr 2015 knapp 55000 Menschen eine Infektion mit antibiotikaresistenten Keimen, fast 2400 starben.

Die Antwort der Bundesregierung auf meine kleine Anfrage zum Thema zeigt ebenfalls mehrere besorgniserregende Umstände. Die Gefahr besteht, dass die globale Gesundheitsversorgung in ein prä-antibiotisches Zeitalter zurückfällt. Die Auswirkungen wären katastrophal. Zwar ist es erfreulich, dass die Zahl der Infektionen mit dem Krankenhaus-Killerkeim MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zurückgeht, aber leider steigt dafür die Entwicklung von resistenten Darmkeimen, Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Positiv zu verzeichnen ist, dass der Einsatz von Antibiotika bei Nutz- und Haustieren generell abnimmt, aber leider steigt der Verbrauch von so genannten Panzerschrank- oder Reserveantibiotika gerade im Bereich der Masthühner an. In diesem Bereich ist auch eine besorgniserregende Vermehrung von multiresistentenE. coli-Bakterien in der Lebensmittelkette von Putenfleisch nachzuweisen.

Für mich ist ganz klar, dass wir den One-Health-Ansatz viel mehr in den Vordergrund rücken müssen. Zudem muss die Fachkompetenz in den Krankenhäusern gesteigert werden. Dort braucht es festangestellte Hygienefachkräfte - und zwar flächendeckend. Zudem brauchen wir endlich bundesweit den Facharzt für Infektiologie. Hier ist nicht nur die Bundesregierung gefragt, sondern auch und vor allem die Bundesärztekammer.

Schlicht bedauerlich ist, dass die Bundesregierung keinerlei Kenntnis über den Behandlungsaufwand für Menschen mit Besiedlung von multiresistenten Bakterien hat. Hier stellt sich für mich die Frage, auf welcher Grundlage die Entscheidungen bei solch einem gravierenden Problem getroffen werden und ob es im Bundesministerium für Gesundheit keinen interessiert, wie hoch der Aufwand und die Kosten sind. Auf diese Weise wird der Kostendruck im Gesundheitswesen weiter verstärkt und die Versorgung der Menschen weiter verschlechtert. Aus meiner Sicht kann nur ein gemeinsamer und verbesserter Ansatz zur Bekämpfung von Multiresistenz der richtige Weg sein, unsere Gesellschaft nicht in ein prä-antibiotisches Zeitalter zurückfallen zu lassen.



Frank Brunkhorst

International Trial Steering Committee (ITSC) Member at REMAP-CAP

5 Jahre

Ich stimme Prof. Ullmann hier zu. Die ganze MRSA-Hysterie hat den Fokus auf die klinisch bedeutend wichtigeren. weil mit tödlichen Konsequenzen verbundenen Resistenzen bei den „Darmbakterien“ (ESBL, KPC) in den letzten 15 Jahren in den Hintergrund gerückt. MRSA ist gut behandelbar, die anderen aus Mangel an neuen Antibiotika  nicht. Das ist ein Defizit, was in Deutschland zu wenig  wahrgenommen wird.

Nele Herrmann Valente, MBA

Impact Leader / Business Enabler / Networker & Dot Connector / Solutions Driver / Agriculture and Health

5 Jahre

Dazu gibt es bald eine Sondersitzung GESUNDHEIT!

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