Ein fataler Fehler: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt stellt Facebook-Präsenz des Landes ein
Das Land Sachsen-Anhalt hat sich als erstes Bundesland entschlossen, seine Präsenz bei Facebook zu löschen. Als Begründung wird das Urteil des EuGH von 2018 (Link zur Pressemitteilung) angeführt, dass eine Mitverantwortung und damit -haftung des Betreibers einer Facebookseite für Verfehlungen beim Datenschutz durch die Facebook Ireland Ltd. grundsätzlich bejaht.
Auf Anraten des Landesdatenschutzbeauftragten habe sich die Staatskanzlei des Landes als Betreiberin der Facebook-Seite nun – da Facebook keinerlei Bereitschaft zu Verbesserung erkennen ließe – zu diesem Schritt der Abschaltung der Seite mit etwa 12.000 Fans entschlossen.
Eine falsche Entscheidung, ein fatales Signal
Wir bei KNO halten das ganz klar für falsch. Auf Facebook bietet sich für das Land Sachsen-Anhalt die beste Möglichkeit, mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Trotz der starken Veränderungen, denen Facebook unterliegt, finden sich hier immer noch die meisten Nutzer verglichen mit anderen Netzwerken. Die anderen Accounts des Landes etwa auf Twitter oder auf YouTube haben entweder nicht die Reichweite oder bieten nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Interaktion. Eine Diskussion auf Twitter ist beispielsweise deutlich unübersichtlicher als etwa eine Diskussion auf Facebook.
Gerade ist es zwei Wochen her, dass sich die Politik auch in Sachsen-Anhalt angesichts der Wahlergebnisse vorgenommen hat, stärker mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Dialog, zumal mit jungen Menschen, findet aber heutzutage in sozialen Netzwerken statt. Insofern ist es ein fatales Signal, genau diesen wichtigen Kanal zu den BürgerInnen abzuschalten. Denn nun laufen Politik und Verwaltung Gefahr, wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen und über die Presse zu monologisieren, anstatt in den Dialog zu treten.
Dazu kommt, dass die Reaktion auf den „weiterhin nicht rechtskonformen“ Umgang von Facebook mit Nutzerdaten inkonsequent ist. So nutzt die Staatskanzlei etwa weiterhin Kanäle auf Instagram. Auf dieser Plattform beginnt die Datenschutzrichtlinie mit den Worten „Diese Richtlinie beschreibt die Informationen, die wir zur Unterstützung von Facebook, Instagram, Messenger und anderen von Facebook angebotenen Produkten und Funktionen (Facebook-Produkte oder Produkte) verarbeiten.“ Es mag sein, dass Instagram andere Daten erfasst als Facebook selbst, allerdings gilt auch dort, dass einerseits viele Nutzer ihren Facebook-Account verknüpfen und dort Informationen intransparent verarbeitet werden. Zwei Plattformen, ein Betreiber, zwei Reaktionen.
Facebook handelt rechtswidrig, ein Abschalten ist aber keine Lösung
Es steht auch für uns außer Frage, dass sich Facebook nicht an geltendes Recht hält, wenn nach wie vor Daten eines jeden Besuchers einer Facebook-Fanpage erfasst werden, ohne dass dieser die Möglichkeit hat, der Nutzung und Verarbeitung dieser Daten effektiv zu widersprechen. Es stellt sich aber in diesem besonderen Fall die Frage, warum das Land Sachsen-Anhalt und sein Datenschutzbeauftragter diesen Umstand weiterhin hinnehmen und als einzige Konsequenz das Abschalten der eigenen Präsenz verkünden. Hier wäre es wünschenswert, dass das Land sich um eine Lösung der zugrunde liegenden Problematik bemüht, statt Facebook ein „weiter so” zu ermöglichen und schlicht von der Plattform zu verschwinden.
Interessant übrigens auch, dass die Staatskanzlei als Betreiber des Landesauftritts „keine Anweisung oder Empfehlung” an andere Stellen des Landes geben will, was den Umgang mit Facebook angeht, zumindest zitiert die Mitteldeutsche Zeitung (Paywall) den Regierungssprecher so. Es ist also zu erwarten, dass etwa Umweltministerin Claudia Dalbert ihren Auftritt weiter beibehalten wird – und womöglich wird auch das eine oder andere Ministerium über einen eigenen Auftritt nachdenken. Auch das lässt die Entscheidung der Staatskanzlei als nicht endgültig durchdacht und konsequent erscheinen.