Ein Plädoyer für den Cold Call

Ein Plädoyer für den Cold Call

Die Kaltakquise sei unhöflich und übergriffig, so eine weitverbreitete Meinung. Ich sehe das etwas anders und breche eine Lanze für die Verkaufstechnik.

Nachfolgender Kommentar wurde beim t3n Magazin als Replik eines früheren Artikels "Ruf mich nicht an" von Andreas Weck publiziert.

Wie viele Stunden verbringt ein Mensch heute am Smartphone? Ich kann es nicht pauschal sagen, aber es sind mit Sicherheit sehr viele. Dabei geht es oft nur darum, Social Media zu checken, ich schreibe aber auch Nachrichten, google nach Informationen, und ja, ich telefoniere auch damit. Zum Beispiel rufe ich einen Freund an, weil ich gerne etwas von ihm wissen will. Der steht zu diesem Zeitpunkt vielleicht in der Umkleidekabine eines Warenhauses und probiert den neuesten Hoodie an. Er nimmt trotzdem ab, obwohl es sicherlich ungünstig ist und sagt halt: „Ich rufe zu einem späteren Zeitpunkt zurück!“. Oder eben: „Tut mir leid, ich kann dir gerade nicht helfen.“ Gut ist’s!

Kürzlich las ich einen t3n-Kommentar von Andreas Weck. Darin beschreibt er, dass er jene Anrufe ziemlich "uncool" findet. Es geht jedoch nicht um Freunde, die ihn anrufen. Es geht um Cold Caller, die anrufen. Also um Vertreter, die ihm ein Thema „pitchen“, das im beruflichen Kontext weiterhelfen könnte. Er bezeichnet sie als „unhöflich“ und „übergriffig“. Er sagt das, weil sie sich ohne Voranmeldung per E-Mail an ihn wenden. Er vergleicht Cold Caller mit Menschen, die unangemeldet am Schreibtisch stehen, eine Tröte in der Hand halten und krampfhaft Geräusche abgeben, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich.

„Der Cold Call ist besser als sein Ruf!“     

Ein guter Cold Call ist besser als das. In einem Cold Call geht es nicht darum, Produkte oder Dienstleistungen zu pitchen. Es geht immer darum, Vertrauen aufzubauen, mit dem Angerufenen ins Gespräch zu kommen, ihn über seine Interessen zu befragen und im besten Fall einen nächsten Termin zu vereinbaren. Das gelingt tatsächlich auch sehr oft und hat ausschliesslich mit einer guten Vorbereitung zu tun. Es geht nie um ein wahlloses Herumtelefonieren. Jeder, der Cold Calls im B2B-Umfeld einsetzt, will genau eine Sache: wissen, ob sie oder er bei seiner Zielgruppe mit dem Produkt oder der Dienstleistung helfen kann – und nicht alles blind verhökern.

Zugegeben: Es gibt diese Menschen, die sich nicht vorbereiten. Sie haben eine Telefonliste bekommen und wählen die Nummern von oben nach unten durch. Sie verkaufen alles Mögliche. Oft wissen diese Menschen selber wenig bis gar nichts über das Produkt ausser ein paar Eckdaten. Einige agieren sogar illegal, sie rufen Privatpersonen mit unterdrückter Nummer an. Schwarze Schafe gibt es in jeder Branche. Für sie breche ich keine Lanze, sondern für diejenigen Profis, die ihr Handwerk verstehen. Für die Personen, die im Unternehmensumfeld den Kontakt suchen, nicht am Abendbrottisch mit Kind und Kegel im Feierabend auf privatem Anschluss. Sowas war schon immer unseriös.

Zu dem Thema: „Cold Calls am Arbeitsplatz: Ruft mich nicht an!“

Ein guter Cold Caller ist vorbereitet und versucht, ein gutes Gefühl zu vermitteln und zu unterstützen. Die Person hat kein Interesse an Lärm mit einer Tröte, vielmehr will sie ein Lied von Ed Sheeran, Beyoncé oder meinetwegen auch Helene Fischer anstimmen – je nachdem welcher Interpret zu dem Angerufenen passt. Ein guter Cold Caller weiß, was passt. Und wenn wir doch mal nicht ins Schwarze treffen oder gerade keine Zeit ist, dann kann die Person – wie eingangs beschrieben – auch einfach höflich dankend auflegen oder ein späteres Gespräch vereinbaren. Das ist ihr gutes Recht. Nur eines sollte sie nicht: Pauschale Verurteilungen in die Welt setzen, wie Andreas Weck es tat.

Das persönliche Gespräch gewinnt immer!

Zu guter Letzt noch eine Anmerkung. Stellt euch doch bitte folgende Frage: Wie werden die Aufträge in dem Unternehmen, von dem ihr euren Lohn bezieht, eigentlich generiert? Allein mit Social Media und E-Mails? Na dann viel Glück, denn die Schliessung steht wohl kurz bevor – ausser ihr arbeitet bei der öffentlichen Verwaltung. Das Szenario „schickt mir eine Linkedin-Nachricht oder eine E-Mail, ich gebe dir dann einen Termin“ ist gut gemeint, hat aber noch nie funktioniert – sehr oft gibt es nicht einmal eine Rückmeldung. Vor allem bei komplexen Themen ist es auch schwierig, so etwas aufzusetzen, sodass das Gegenüber den Kontext versteht. Das persönliche Gespräch gewinnt immer!

Für alle die nun das Gefühl erhalten haben, dass ich ausschliesslich auf der Cold Call Spur unterwegs wäre, weit gefehlt, ich probiere zur richtigen Zeit den richtigen Kanal zu adressieren. .🤞

Besten Dank an Andreas Weck für die tatkräftige Unterstützung für "Text einmal schön". Den Originaltext findet man hier.


Susanne H. Keller

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1 Jahr

Es kommt immer auf die genauen Umstände und auf die Art und Weise an, wie ein Cold Call gemacht wird. Ich habe jahrelang sehr erfolgreich im Auftrag der ETH Zürich und der ETH Zürich Foundation deren Stakeholder cold gecalled. Aber da bestand schon eine Beziehung, die nur noch reaktiviert werden musste. Es sind nationale und internationale Flaggschiffe, das ist eine völlig andere Situation als bei einem Verkaufsunternehmen. Es ist ein bisschen so, wie wenn Buckingham Palace anrufen würde: Als Anruferi:n ist man automatisch willkommen

Jost Tödtli

Digitalisierung von medizinischen Fachprozessen und eHealth | Consulting - Projektmanagement - Implementierung - Leiter ICT - KIS-Support | Business Development für Healthcare-IT Firmen | 🇨🇭 🇩🇪 🇦🇹 🇱🇺

3 Jahre

Niemand hat es gerne, durch einen externen, unangekündigten, uninteressanten und unpersönlichen Anruf seine Arbeit unterbrechen zu müssen. Ein IT-Leiter erhält pro Tag ca. 20 Anrufe und eMails von unbekannten Verkäufern.

Bin mit dir einig Arno Meister. Ein cold call funktioniert in jenen Branchen am besten, wo sich Technologien rasant schnell weiter entwickeln. Wie eben in der IT. Aber das wichtigste ist und bleibt immer noch die Sympathie die das gegenüber empfinden muss, auch am Telefon!

Carl Christian Hauser

Piloting Service Integrations and Digital Adaption

3 Jahre

cold call doesn't suite the old all

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