Eine ganz besondere Freundschaft
Als ich diesen Herrn links auf dem Foto zum ersten Mal traf, war es der Sommer 1981.
Nach den Sommerferien begann mein erster Schultag in der Klasse 7g2 der Gesamtschule in Sulzbach am Taunus.
Alle neuen Schüler wurden im Pausenhof und in der Pausenhalle in ihre neuen Klassen eingeteilt und warteten auf ihre neuen Klassenlehrer.
Während ich wartete, fiel mir ein südländisch aussehender Mann auf, den ich nicht zuordnen konnte. Ich wusste nicht, ob er der Vater eines Mitschülers war, oder vielleicht der Hausmeister.
Das klärte sich aber schnell, als er uns als unser neuer Klassenlehrer vorgestellt wurde.
Amor Zitouni, gebürtiger Tunesier, sollte uns von diesem Tag an vier Jahre lang als Klassenlehrer durch unser Schulleben und diverse Klassenfahrten begleiten.
"Nebenbei" brachte er uns auch noch die französische Sprache bei.
Es waren prägende Jahre, für ihn wie für uns. Wir haben viel gelacht, und manchmal mussten wir seine Launen ertragen. Denn wir sind alle nur Menschen und auch private Sorgen wirken sich immer auf den ganzen Menschen aus. Das sollte ich in meinem eigenen Berufsleben später auch noch erfahren.
Unsere Klasse wurde eine tolle Truppe. Wir haben viel miteinander erlebt und ich erinnere mich gerne an diese Zeit zurück, auch wenn mir leider nicht mehr viele Kontakte geblieben sind. Vielleicht liest das hier ja zufällig jemand aus dieser Klasse.
In dem Fotoalbum, das wir ihm damals zum Abschied geschenkt hatten, ist so mancher freche Spruch festgehalten.
Nach der 10. Klasse gingen wir alle verschiedene Wege. Ich machte mein Abitur an der gymnasialen Oberstufe in Schwalbach am Taunus. Danach leistete ich meinen Zivildienst als Rettungssanitäter beim DRK Main-Taunus in Hofheim und Kelkheim und begann anschließend mein Maschinenbau Studium an der TH-Darmstadt.
1991 hatte ich mit ein paar ehemaligen Klassenkameraden eine Idee. Wir erkundigten uns im Sekretariat der Schule, wann Amor die nächste Sportstunde halten würde. Als seine Schüler aus der Umkleide in die Halle liefen, reihten wir uns einfach mit ein. Den Ausdruck in seinen Augen und auch den Spaß seiner Schüler werde ich nie vergessen. Wir haben die ganze Sportstunde mitgemacht und Amor hat uns "hart rangenommen".
1996 war Amor dann auch noch Gast bei unserem Polterabend. Auch meine heutige Ex-Frau hatte ich in seiner Klasse kennengelernt,
!997 zog ich mit meiner noch kleinen Familie nach Ludwigsburg.
Vor einigen Jahren besuchte ich meinen alten Lehrer, Herrn Zitouni, nach langer Zeit mal wieder in Kronberg im Taunus. Es war ein unglaublich herzliches Wiedersehen, bei dem er mir sofort das Du anbot. Nach einem lebhaften Nachmittag, bei dem wir alte Erinnerungen ausgetauscht und herzlich gelacht hatten, umarmte er mich zum Abschied und meinte, ich sei für ihn fast so etwas wie ein Sohn geworden. Das hat mich sehr berührt, und ich hoffe sehr, dass Dich das nicht eifersüchtig macht, lieber Mounir Zitouni .
Vor kurzem war ich für ein Interview in Berlin, und am Tag danach schlenderte ich über den Alexanderplatz. Dabei kam ich dort an dem Springbrunnen vorbei und musste an unsere Abschlussfahrt denken.
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Amor hatte sich auf den Rand dieses Brunnens gesetzt, seine Mütze vor sich auf den Boden gelegt und trällerte aus voller Brust "Oh sole mio..."
Wir Schüler nahmen unsere Alumünzen, die wir nicht sinnvoll ausgeben konnten, und warfen sie ihm unter großem Gelächter in seine Mütze.
Die Stimmung kippte schlagartig, als plötzlich zwei Volkspolizisten aufkreuzten und vollkommen humorlos fragten, ob er eine Genehmigung für dieses Gewerbe habe.
Erst nachdem wir Schüler mehrfach beteuert hatten, dass er unser Lehrer war und wir nur einen Spaß machten, ließen sie mit finsterer Miene wieder von ihm ab.
Bin ich froh, dass dieses Kapitel seit 1989 Vergangenheit ist.
Warum schreibe ich diesen Artikel?
In erster Linie um mich bei einem tollen Lehrer und inzwischen guten Freund dafür zu bedanken, dass wir einen Teil unseres Lebenswegs miteinander gehen konnten, und dass er mir dabei sehr viel gegeben hat. Er ist inzwischen 79 Jahre alt, und ich 56.
Danke für alles. lieber Amor!
Aber auch um zu erzählen, dass wir uns nicht vom ersten Eindruck und unseren Prägungen und Erwartungen gefangen halten lassen sollten.
Wir alle können uns gegenseitig so viel geben und einander bedeuten, ganz egal woher wir stammen oder was wir erlebt haben.
Bitte vergesst das nie!
Und gerade heute, wo wieder Hass und Missgunst Auftrieb bekommen, möchte ich auch mit dieser Geschichte ausrufen:
Nie wieder ist jetzt!
Cher Amor
Merci beaucoup pour tout ce que tu nous as donné en tant que classe, mais aussi individuellement pour notre vie. Cela n'a certes pas toujours été facile, et toi aussi tu as dû surmonter des moments difficiles à l'époque. Malgré tout, tu as tout donné pour nous. Si aujourd'hui je maîtrise encore un peu la langue française, c'est parce que j'y ai pris du plaisir à l'époque et que je l'avais même choisie comme cours de spécialité au baccalauréat, c'est grâce à toi.
Je me réjouis de notre amitié intergénérationnelle et inter-nationale et je te souhaite tout le meilleur et que tu restes encore longtemps en bonne santé et heureux.
(Alle Fotos von Karsten vom Bruch)
Die Welt bewegen, ohne abzuheben
1 MonatWie schööön!
Entwickler bei ZA Ventilatoren
1 MonatEine tolle Geschichte wie es zu wünschen wäre . Nie wieder ist jetzt! Geben macht glücklich
Projektmanager - Global Procurement Electronics
1 Monat.......Wir alle können uns gegenseitig so viel geben und einander bedeuten, ganz egal woher wir stammen oder was wir erlebt haben.....
Gute Chefs essen zuletzt 🍝- Simon Sinek #StandWithUkraine 🇺🇦
1 MonatEine wunderbare Geschichte. Ich denke, wir alle erinnern uns ein Leben lang gerne an diese schönen und aufregenden Zeiten zurück. Und wir alle benötigen dabei Vorbilder um uns herum. Menschen wie Herrn Zitouni.
Gemeinsam statt einsam: #ZukunftsSchwärmer Gebäudeenergieberater (HWK)
1 MonatJochen Sties, Alexander Wiedekind-Klein, Theophil des Combes, Stephan Scheiner,Tatjana Schurian