Einfache Prozesse trotz komplexen Geschäfts – wie ist das möglich?
o Je einfacher ein Prozess treffend dargestellt ist, umso besser.
o Prozessdefinitionen sind etwas für den Regelfall, nicht Ausnahmen.
o Vereinfachen hilft beim Verbessern.
„Bei uns ist jeder Kundenauftrag anders, wir können keinen Standard festlegen!“ In vielen unserer Initiativen zur Prozessarbeit kommt dieser Einwand, aber auch im hochgradig individuellen Projektgeschäft gelingt es, geeignete Prozesse zu definieren. In diesem Artikel geht es nicht darum, Vorgehensweisen zu vereinfachen, sondern darum, das komplexe Geschäft verständlich zu machen und zu systematisieren. Das hat mehrere Nutzenaspekte: Erstens helfen verständlich formulierte Standards dabei, Verantwortung wirksam zu übertragen. Zweitens sind definierte Prozesse Wissen des Unternehmens, also nicht bloß im Kopf Einzelner. Und drittens zeigt das Gespräch darüber, wie der Ablauf denn eigentlich sei, häufig Ursachen für Reibungsverluste in der Zusammenarbeit auf. Drei Punkte lohnt es sich bei der Dokumentation komplizierter und komplexer Prozesse zu berücksichtigen:
o Pragmatismus: Die in Rede stehenden Strukturen dienen dazu, den Mitarbeitern Orientierung zu geben – nicht sie zu entmündigen. Demnach sollten Prozessbeschreibungen das grundsätzliche Vorgehen regeln, an wichtigen Punkten auch die Details, aber das eigenständige Denken der Mitarbeiter ermöglichen und erfordern.
o Abstraktion: Während das Produkt gewiss auf den einzelnen Kunden zugeschnitten ist, sind für dessen Erstellung häufig die gleichen grundsätzlichen Schritte nötig. Prüfen Sie dafür, was vermeintlich unterschiedliche Aufträge gemein haben. In einem Klientenunternehmen beispielsweise können unterschiedliche Wertschöpfungsstufen relevant für einen Auftrag sein: Herstellung und Abfüllung. Natürlich sind die exakten Schritte vor der Herstellung andere als vor der Abfüllung – doch in beiden Fällen wird Material bereitgestellt. Stark vereinfacht könnte hier also der Ablauf bestehen aus „Materialbereitstellung -> Produktion“. Erfahrungsgemäß gibt es für diese allgemein gehaltenen Prozesse dann doch nur 2, 3 Varianten, die separat definiert werden können.
o Modularisierung: Achten Sie auf eine geeignete Hierarchie der Prozesse und arbeiten Sie top down. Beginnen Sie also bei der Definition der Hauptprozesse (meist an einer Hand abzählbar, im obigen Beispielunternehmen Vertrieb, Entwicklung, Produktion) und untergliedern diese wiederum in einzelne Bestandteile. Dabei ist deren logische Verknüpfung auf jeder Ebene entscheidend: Die Detailprozesse müssen in Gänze zum gleichen Ergebnis führen wie die ihnen übergeordneten Hauptprozesse. Die Individualität der Aufträge ergibt sich dann daraus, welche (Teil-)Prozesse im einzelnen Auftrag verknüpft sind – ähnlich wie mit wenigen grundlegenden Lego-Steinen unzählbar viele Figuren gebaut werden können. Im beschriebenen Unternehmen haben wir dies erreicht, indem wir die Schnittstellen zwischen den Prozessen sauber geklärt haben: Die Ergebnisse des Prozesses „Materialbereitstellung“ waren so gestaltet, dass damit alle Varianten des Produktionsprozesses (Herstellung/Abfüllung) durchgeführt werden konnten.
Verständliche Prozesse zu erarbeiten ist nicht trivial, aber lohnt sich. Bitten Sie doch mal Ihre Führungskräfte, die Abläufe in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen in 2-3 Sätzen zu beschreiben. Sie werden sehen, das Gespräch lohnt sich.