Einflüsse der §§ 15 III Nr.2, 15 III Nr.1, 18 I Nr.4 EStG auf Private Equity und Venture Capital Fondsstrukturen
A. Einleitung
Fondsgestaltung und Fondsstrukturierung setzen nicht nur hervorragende handels- und
gesellschaftsrechtliche Kenntnisse voraus. Auch das Steuerrecht spielt eine zentrale
Rolle. Dabei geht es nicht allein darum, steuereffiziente Fondsstrukturen zu
entwickeln. Ebenso gilt es, steuerrechtliche Vorteile und Risiken schon vor der
Herausgabe des Verkaufsprospektes oder des Private Placement Memorandum zu
identifizieren, auszuschöpfen bzw. zu umgehen. Lassen sich die identifizierten Risiken
weder eliminieren noch umgehen, sollten sie in den jeweiligen Verkaufs- und
Vertriebsunterlagen unbedingt potentiellen Investoren mitgeteilt werden, ganz gleich
ob es sich um private, professionelle oder semi-professionelle Anleger handelt.
Vor allem bei Private Equity und Venture Capital Fonds, die normalerweise als
geschlossene Spezial-AIF gestaltet sind, wird die Reichweite dieser Hinweispflicht
intensiv diskutiert. Erörtert werden insbesondere die Anwendbarkeit der §§15 III Nr.2
und 15 III Nr.1 EStG und, die Aufstellung einer Carry-LP für eine steuerrechtlich
effiziente Behandlung des sog. Carried-Interest. Dieser Beitrag widmet sich den
entsprechenden Fragen.
B. § 15 III Nr.2 EStG und die Einkünfteerzielungsabsicht
Gemäß § 15 III Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb auch eine nicht originär gewerbliche
Tätigkeit einer Personengesellschaft, die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommen
wird, wenn ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter
sind und nur diese oder Nichtgesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind
(Blümich/Bode 1 EStG § 15 Rn. 272-286).
Um sich dieser Einordnung zu entziehen, kann die Fondsgesellschaft eine
Kommanditistin zur Geschäftsführung berufen. Dabei stellt sich die Frage, in welcher
Rechtsform diese geschäftsführende Kommanditistin organisiert sein soll. Es bietet
sich an, sie als Kapitalgesellschaft zu konzipieren, also zum Beispiel als GmbH. Wenn
somit eine als Kapitalgesellschaft organisierte Kommanditistin die Geschäftsführung
innehat und gerade keine persönlich haftende Komplementärin oder
Nichtgesellschafterin, sollte § 15 III Nr.2 EStG die Fondsgesellschaft nicht erfassen.
Diese Rechtsauffassung vertreten sowohl die Finanzverwaltung in den
Einkommensteuer- Richtlinien (R 15.8 Abs.6 EStR 2012) als auch der BFH (Urteil vom
11. 10. 2012 – IV R 32/10).
Seit das KAGB zum 22.07.2013 in Kraft getreten ist, verlangen jedoch dessen §§ 17ff.,
dass eine interne oder externe Kapitalverwaltungsgesellschaft, KVG,
Portfolioverwaltung und Risikomanagement übernimmt (§§ 17 ff. KAGB). Mithin
begrenzt die Stellung der KVG die Geschäftsführungsbefugnis der geschäftsführenden
Kommanditistin. Indes müssen bestimmte Geschäftsführungsaufgaben bei der
geschäftsführenden Kommanditistin verbleiben, damit die Fondsgesellschaft auch
weiterhin nicht § 15 III Nr.2 EStG unterfällt.
Hierzu kann alternativ in Betracht gezogen werden, die geschäftsführende
Kommanditistin und die KVG zu vereinigen. Zwar vertritt das Bundesministerium der
Finanzen die Auffassung, dass die Einführung des KAGB und die darauf beruhenden
Anpassungen im InvStG nichts daran geändert haben, ab wann § 15 III Nr. 2 EStG
einen Gewerbebetrieb annimmt (BMF v. 04.06.2014, IV C 1 - S 1980-1/13/10007).
Es verspricht jedoch zusätzliche Rechtssicherheit, die geschäftsführende
Kommanditistin als KVG zu organisieren, damit keine personenverschiedene KVG
vermöge ihrer obligatorischen Kompetenzen aus §§ 17ff. KAGB die Befugnisse des
geschäftsführenden Kommanditisten derart einschränkt, dass dies dem Grundsatz seiner
Selbstorganschaft zuwiderläuft. Dies sollte sicherstellen, dass die Fondsgesellschaft
keinesfalls als Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 III Nr. 2 EStG gilt.
C. § 15 III Nr.1 EStG und die gewerbliche Infizierung
Als vollumfänglichen Gewerbebetrieb versteht § 15 III Nr. 1 EStG ferner die Tätigkeit
einer Kommanditgesellschaft, die sie mit Einkünfteerzielungsabsicht unternimmt,
wenn sie zumindest teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder gewerbliche
Einkünfte bezieht. Für Fondsgesellschaften ergibt sich daraus folgendes Problem:
Sollte eine vermögensverwaltende Fondsgesellschaft über die Beteiligung an einer
anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft Einkünfte erzielen, würde dies den
restlichen Fondsbetrieb „infizieren“ und dazu führen, dass die Tätigkeit der
Fondsgesellschaft insgesamt als Gewerbebetrieb gilt. Das wiederrum würde höhere
oder zusätzliche steuerlichen Belastungen der Fondsgesellschaft und der Anleger nach
sich ziehen.
Um dies zu vermeiden, können die Fondsgesellschaft und die KVG ihre Beteiligungen
an solchen gewerblich tätigen Personengesellschaften über eine zwischengeschaltete
inländische oder aber auch ausländische Kapitalgesellschaft halten. Dabei ist aber zu
beachten, dass über intermediäre Gesellschaften gehaltene Beteiligungen der
Fondsgesellschaft für Bewertungszwecke nur dann unmittelbar zugerechnet werden,
wenn sie von der Fondsgesellschaft zu 100 % gehalten und kontrolliert werden.
Es muss insofern berücksichtigt werden, dass diese Ausführungen bestenfalls die
heutige Auffassung der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung spiegeln. Dass
sie ihre Ansichten in der Zukunft aufpassen, sollte aus dargelegten Gründen nicht
vernachlässigt werden. Da dieser Umstand ein immenses steuerrechtliches Risiko
birgt, ist er prospekthaftungsrechtlich äußerst relevant. Es muss daher im
Angebotsprospekt eines Fonds erwähnt und potenziellen Investoren offengelegt
werden, dass die günstige steuerliche Behandlung der Kapitalanlage damit steht
und fällt, dass Fondsstrukturen weiterhin nicht als Gewerbebetrieb eingeordnet
werden.
D. § 18 I Nr.4 i.V. m. § 3 Nr. 40a EStG und die Carry-LP
Die Finanzverwaltung hat mit dem so genannten Private-Equity-Erlass von 2003
geklärt, wie der Carried Interest steuerrechtlich zu behandeln ist (BMF v. 16. 12. 2003,
IV A 6 - S 2240 - 153/03). Zuvor herrschte diesbezüglich in Deutschland
Rechtsunsicherheit: Denn während ein Teil der Literatur den Carried Interest als eine
Tätigkeitsvergütung ansah und die volle Besteuerung desselben verlangte, wurde
überwiegend die Auffassung vertreten, dass es sich dabei um einen disproportionalen
Gewinnanteil handelt, der wie sonstige Gewinne zu behandeln ist. Diesem
Meinungsstreit begegnete der Gesetzgeber 2004 mit der Einführung des § 18 I Nr.4
EStG (Früchtl: Der sog. Carried Interest im internationalen Steuerrecht – die deutsche
Perspektive (IStR 2009, 604).
Nach dieser Vorschrift zählt der Carried Interest zu den Einkünften aus selbstständiger
Arbeit, ist aber nach dem Teileinkünfteverfahren zu 40 % steuerfrei
(Schnittker/Steinbiß: Steuerliche Qualifikation des Carried Interest und deren Folgen für
die grenzüberschreitende Besteuerung von Initiatoren von Private Equity Fonds, IStR
2015, 760).
§ 18 I Nr.4 besagt Folgendes:
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
1. …
2. …
3. …
4. Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft
oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung
von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur
Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der
Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist,
dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital
vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.
Die Voraussetzungen für Anwendung des § 18 I Nr.4 EStG sind daher wie folgt:
I. Vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft
Die Fondsgesellschaft muss einer vermögensverwaltenden Tätigkeit nachgehen; diese
darf nicht gewerblich sein.
II. Erwerb, Halten und Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Anteile an der zu finanzierenden Kapitalgesellschaft müssen mit Eigenmitteln
erworben werden. Wie lange die Anteile verpflichtend gehalten werden müssen, wird
vertraglich fixiert, wobei üblicherweise drei bis fünf Jahre festgelegt werden. Eine
Tätigkeit, die darauf abzielt, Beteiligungen zum baldmöglichen Wiederverkauf zu
erwerben, würde dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen und wäre als gewerblich
einzustufen. Ein zwischenzeitlicher Wertzuwachs darf erst nach Ablauf der
vereinbarten Haltedauer realisiert werden (Blümich/Hutter EStG § 18 Rn. 203-206).
III. Rückgewähr des eingesetzten Kapitals
Wurde ein Rückgewährsvorbehalt zwar vereinbart, kann das eingezahlte Kapital aber
nicht an die Anleger zurückgewährt werden, weil es nicht mehr vorhanden ist, wird
kein erhöhter Gewinnanteil gezahlt. Das ergibt sich aus dem Wesen des Gewinnvorzugs
als erfolgsabhängige Tätigkeitsvergütung (Blümich/Hutter EStG § 18 Rn. 207-208).
IV. Besteuerung
Da der erhöhte Gewinnanteil eine Tätigkeitsvergütung darstellt und nicht zu etwaigen
steuerfreien Veräußerungsgewinnen zählt, führt er stets zu steuerpflichtigen
Einkünften des Initiators aus selbstständiger Arbeit. Nach dem ebenfalls durch das
Gesetz zur Förderung von Wagniskapital v. 30.7.2004 neu eingeführten § 3 Nr. 40a ist
allerdings nur die Hälfte der Vergütungen zu versteuern (Blümich/Hutter EStG § 18 Rn.
209-219).
Mehdi Farahbakhsh